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Think AG

Also wir haben das gemacht, weil wir Spaß dran hatten...dabei ist ein Internetcafé rausgekommen, das hat sich dann ziemlich weit ausgeweitet.

Von Jacqueline Boysen |
    Jacqueline Lübke erinnert sich noch gut an die Begeisterung, mit der sie und ihre Mitschüler vor drei Jahren eine Schülerfirma aufbauten, die den Namen Think AG bekam. Die 19-Jährige Jacqueline hat die Lina-Morgenstern-Gesamtschule inzwischen abgeschlossen und macht nun eine Ausbildung. In das von Schülern in Eigenregie betriebene Internetcafé auf dem Gelände der Schule in Berlin Kreuzberg aber kommt sie auch heute noch:

    Wir waren so zehn Schüler, ich war das einzige Mädchen, wir haben Computer angeschafft, Tische zusammengebaut, Computerkurse...Benutzernamen verteilt..., geholfen hat es schon.

    Die Schule stellt der Think AG drei Räume zur Verfügung, aber in die Geschäfte der Schüler mischt sie sich nicht ein. Ulrich Mahnke, der das sich selbst finanzierende Projekt als Sozialarbeiter begleitet, will Schülern hier jenseits des Schulunterrichts Erfahrungen vermitteln:

    Dahinter verbirgt sich die Idee, nicht Schulen, sondern Schülerinnen und Schüler ans Netz zu bringen. Sie sind hier selbst aktiv, nicht nur konsumieren... und erlernen hier, auch mit Kunden sprechen. Es ist ein Ernsthaftigkeitscharakter.

    Die Think AG hat auch schon älteren Menschen aus der Nachbarschaft Computerkurse angeboten. Zum Schuljahresbeginn aber, wenn Achtklässler wie Markus Mai die Geschäftsführung neu übernehmen, betreibt sie zunächst einmal das Café und einen Süßigkeitenverkauf in der Pause – kostendeckend und nicht etwa gewinnorientiert. Allein dabei aber würden sie wichtige Erfahrungen sammeln, sagen die Schüler

    Man arbeitet eben auch richtig, ich denke, das ist ne Sache, die man lernen muss, es ist einfach so, dass man zuverlässig sein muss bei der Arbeit, in der Schule kann man ja noch sagen... Kopfschmerzen und man kann gehen.

    Die Arbeit in der Think AG ist freiwillig – und reich können die Nachwuchsunternehmer in ihrer Firma nicht werden. Aber die Jugendlichen spüren, dass sie hier etwas lernen können

    Buchhaltung sind so Sachen, die braucht jeder, wenn jetzt `n Elektriker eine Firma aufmacht..... das gehört eigentlich in allgemeinen Unterricht. Es ist auch brauchbar, wenn man keine Arbeit hat. Mein Vater steht auf der Kippe, er muss ganz haarscharf berechnen, ein Brot kostet 3 Euro... das heißt, da wär´s auch brauchbar.

    Der Schulleiter der Lina-Morgenstern-Schule, Manfred Claudi, beklagt, dass der Fächerkanon zuwenig Luft lässt, um die Schüler im Unterricht stärker auf die Anforderungen in der freien Wirtschaft vorzubereiten

    Deshalb ist es gut, dass ein freier Träger die Schüler mit Arbeitsformen vertraut macht. Wir haben einen Ort gefunden, wo Schüler aktuell lernen... Berufsleben. Wir hatten eine zeitlang eine Standleitung, da musste auch das Geld reinkommen, mit Spielgeld war da nichts. Sie lernen projekthaft in ihrer frei gewählten Zeit und in Eigenregie Wirtschaftsabläufe kennen - nicht aus Büchern: eine Schülerfirma ist viel dichter am wirklichen Leben und nichts lehrt so wie das wirkliche Leben.

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