Sieben tibetische Mönche – unter ihnen ein Mitglied der Leibgarde seiner Heiligkeit, des Dalai Lama, hat Amanda Miller für ihren Tanzabend "Debates for Ganden" eingeladen. Zwei von ihnen, ein Übersetzer und ein Wissenschaftler, haben das Projekt beratend begleitet. Vier Mönche sind unter der Leitung ihres obersten Lama Lobsang Palden auf der Bühne zu erleben: Ein Meister im Gesang, ein Musiklehrer, ein Mandala-Meister und ein Ritualtänzer. Es sind tibetische Buddhisten, die in dem im indischen Exil neugegründeten Kloster Ganden leben.
Der Titel "Debates for Ganden" bezieht sich auf die buddhistische Tradition der ritualisierten Debatten über Fragen des Glaubens. Auf der Bühne sieht das so aus: Vier Mönche scharen sich um den fünften und werfen ihm Fragen zu, wobei sie sich wie von Choreographenhand arrangiert – mit Ausfallschritten auf ihn zu bewegen. Am Ende des Vortrags ihrer jeweiligen These klatschen sie energisch in die Hände.
Wer erwartet hatte, vom Auftritt der Mönche in eine esoterische Stimmung versetzt zu werden, sah sich eines Besseren belehrt: In den energischen Gesten und lebhaften Mienen der Mönche spiegelt sich das Vergnügen an der mit Witz und Schärfe geführten geistigen Auseinandersetzung. Antwortet der Fünfte falsch, so umkreist der gewitzte Fragesteller dreimal mit der Hand dessen leuchtend gelben, hörnchenförmigen Hut. Tänzerische Bewegungen werden hier zum Bestandteil einer intellektuellen Debatte, die an die sokratischen Dialoge erinnert.
In der Antike war der Tanz Bestandteil religiöser Rituale. Ob die Tanzkunst der Gegenwart von solchen jahrtausendealten Bezügen frei sein sollte, und wo die Grenzen zum Schauspiel, zum reinen Spiel, zum Zirkus, oder eben zum Ritual verlaufen, diese Fragen schwingen in den Choreographien Amanda Millers stets mit.
Ist der Tanz eine Sprache, in der sich eindeutige Botschaften übermitteln lassen? Wohl kaum, aber ist nicht Thema vieler zeitgenössischer Theaterstücke die Unfähigkeit der Protagonisten, sich mit Worten über ihre Welt zu einigen? Tibetische Buddhisten im indischen Exil mögen dem Publikum fremd sein, aber eigentlich nicht fremder als es vielen ihre Nachbarn sind. Ist nicht eine These zeitgenössischer Bühnenkünste, daß wir alle einsame Spezialisten sind, Spezialisten für das eigene Leben allerdings nur? Die Diskussion der Mönche ist nicht wörtlich zu verstehen, aber die Debates for Ganden dokumentieren die wechselseitigen Reaktionen zwischen religiöser und künstlerischer Praxis. Miller führt wie stets in ihrer Arbeit auf poetische Weise in der Kunst zusammen, was nicht zusammenzupassen scheint. Bei dem Versuch, die Schönheit der Welt und ihren Sinn zu begreifen und ihm Gestalt zu verleihen, formuliert Miller ihre kunstphilosophischen und metaphysischen Fragen als ästhetisch überraschende Tableaus, als faszinierende, fragile Artefakte.
Manchem stellt sich das Ergebnis zu fragmentarisch und zu rätselhaft dar was sich in den ratlosen Kritiken zu Millers letztem Stück "Signs on Fire" deutlich niederschlug. Langeweile und Erlebnishunger meldeten die Zeitungen da an; Miller habe nichts zu erzählen, klagte man ganz traditionell und riet der Choreographin, doch etwas mehr Wut oder Häßlichkeit in ihre Arbeit einfließen zu lassen. "Debates for Ganden" versucht, den in ihren Erwartungen an zeitgenössisches Tanztheater à la Johann Kresnik oder Meg Stuart Enttäuschten noch einmal einen anderen Zugang zu Millers Ästhetik zu eröffnen. In der Mitte des Abends folgt ihre Choreographie "Butterfly Effect", in der die Compagnie Gesten der debattierenden Mönche zitiert. Darauf zeigt der Tänzer der Mönche zwei Sequenzen aus traditionellen tibetischen Ritualtänzen in wunderschönen Masken.
Der Abend endet mit einer Synthese: Die Mönche sitzen in ihren tiefroten Gewändern und safrangelben Schals am Boden und musizieren, die Tänzer verleihen den Klängen mit faszinierenden Soli und Duetten eine neue, avantgardistisch anmutende Dimension musikalischer Freiheit.
Der Titel "Debates for Ganden" bezieht sich auf die buddhistische Tradition der ritualisierten Debatten über Fragen des Glaubens. Auf der Bühne sieht das so aus: Vier Mönche scharen sich um den fünften und werfen ihm Fragen zu, wobei sie sich wie von Choreographenhand arrangiert – mit Ausfallschritten auf ihn zu bewegen. Am Ende des Vortrags ihrer jeweiligen These klatschen sie energisch in die Hände.
Wer erwartet hatte, vom Auftritt der Mönche in eine esoterische Stimmung versetzt zu werden, sah sich eines Besseren belehrt: In den energischen Gesten und lebhaften Mienen der Mönche spiegelt sich das Vergnügen an der mit Witz und Schärfe geführten geistigen Auseinandersetzung. Antwortet der Fünfte falsch, so umkreist der gewitzte Fragesteller dreimal mit der Hand dessen leuchtend gelben, hörnchenförmigen Hut. Tänzerische Bewegungen werden hier zum Bestandteil einer intellektuellen Debatte, die an die sokratischen Dialoge erinnert.
In der Antike war der Tanz Bestandteil religiöser Rituale. Ob die Tanzkunst der Gegenwart von solchen jahrtausendealten Bezügen frei sein sollte, und wo die Grenzen zum Schauspiel, zum reinen Spiel, zum Zirkus, oder eben zum Ritual verlaufen, diese Fragen schwingen in den Choreographien Amanda Millers stets mit.
Ist der Tanz eine Sprache, in der sich eindeutige Botschaften übermitteln lassen? Wohl kaum, aber ist nicht Thema vieler zeitgenössischer Theaterstücke die Unfähigkeit der Protagonisten, sich mit Worten über ihre Welt zu einigen? Tibetische Buddhisten im indischen Exil mögen dem Publikum fremd sein, aber eigentlich nicht fremder als es vielen ihre Nachbarn sind. Ist nicht eine These zeitgenössischer Bühnenkünste, daß wir alle einsame Spezialisten sind, Spezialisten für das eigene Leben allerdings nur? Die Diskussion der Mönche ist nicht wörtlich zu verstehen, aber die Debates for Ganden dokumentieren die wechselseitigen Reaktionen zwischen religiöser und künstlerischer Praxis. Miller führt wie stets in ihrer Arbeit auf poetische Weise in der Kunst zusammen, was nicht zusammenzupassen scheint. Bei dem Versuch, die Schönheit der Welt und ihren Sinn zu begreifen und ihm Gestalt zu verleihen, formuliert Miller ihre kunstphilosophischen und metaphysischen Fragen als ästhetisch überraschende Tableaus, als faszinierende, fragile Artefakte.
Manchem stellt sich das Ergebnis zu fragmentarisch und zu rätselhaft dar was sich in den ratlosen Kritiken zu Millers letztem Stück "Signs on Fire" deutlich niederschlug. Langeweile und Erlebnishunger meldeten die Zeitungen da an; Miller habe nichts zu erzählen, klagte man ganz traditionell und riet der Choreographin, doch etwas mehr Wut oder Häßlichkeit in ihre Arbeit einfließen zu lassen. "Debates for Ganden" versucht, den in ihren Erwartungen an zeitgenössisches Tanztheater à la Johann Kresnik oder Meg Stuart Enttäuschten noch einmal einen anderen Zugang zu Millers Ästhetik zu eröffnen. In der Mitte des Abends folgt ihre Choreographie "Butterfly Effect", in der die Compagnie Gesten der debattierenden Mönche zitiert. Darauf zeigt der Tänzer der Mönche zwei Sequenzen aus traditionellen tibetischen Ritualtänzen in wunderschönen Masken.
Der Abend endet mit einer Synthese: Die Mönche sitzen in ihren tiefroten Gewändern und safrangelben Schals am Boden und musizieren, die Tänzer verleihen den Klängen mit faszinierenden Soli und Duetten eine neue, avantgardistisch anmutende Dimension musikalischer Freiheit.