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Tief im Westen

Wenn man sich in den 70er Jahren Barnett Newman als Promotionsthema aussuchte, dann musste man schon eine echte Begeisterung für die Moderne haben. Die kunsthistorischen Institute der Universitäten hatten den Blick kaum auf die Zeitgenossen geweitet und verstanden sich als Walter der Geschichte der Kunst. Julian Heynen aber interessierte sich im Studium vor allem für das Aktuelle, das Neue und suchte sich ein liberales Institut an der Technischen Uni in Aachen.

Ein Beitrag von Jörg Biesler |
    Ich wollte nicht so gerne studieren mit allem was so dazu gehört, sondern wollte lieber selber studieren und da war Aachen natürlich ganz gut, da gab es die billigen Tickets der belgischen Staatsbahn und da war man schnell im Prado, im Louvre oder in der National Gallery, in so fern war das eine Ausnahme damals. Es gab ja nur Max Imdahl und sein Institut in Bochum mit der Kunst, dieser noch sehr zeitgenössischen Kunst beschäftigte in den frühen siebziger Jahren.

    Barnett Newmans Farbfeldmalerei hatte Heynen bereits als Schüler in Ausstellungen gesehen. Für seine Promotion untersuchte er die damals noch unveröffentlichten theoretischen Schriften Newmans. Man könnte darin bereits einen Wegweiser für die weitere Arbeit Heynens sehen, denn die bei Newman geradezu überwältigend vollzogene Gestaltung des Raums durch das monumentale Werk und die theoretische Reflexion dieses ästhetischen Akts bestimmen bis heute die Ausstellungen des Museumsdirektors und Kurators.

    Nach dem Volontariat am Museum Ludwig in Köln hatte Heynen als Kurator für zeitgenössische Kunst in seiner Heimatstadt Krefeld ausgiebig Gelegenheit zum Spiel mit Raum und Kunst. Denn Heynen lud dort Künstler ein in die Häuser Esters und Lange, die Ludwig Mies van der Rohe in den 20er Jahren für Krefelder Industrielle als Wohnhäuser entworfen hatte. In diesen unmusealen Räumen inszenierte Heynen von 1981 bis 2001 Ausstellungen gemeinsam mit zeitgenössischen Künstlern

    Und das heißt, dass man natürlich auch mit den Künstlern sehr viel enger in ein Gespräch kommt über das was nachher zu sehen ist. Er oder sie bringt sozusagen den Anteil der jeweiligen künstlerischen Werke, der Ideen ein und der Kurator bringt eine spezifische Verbundenheit nicht nur eine Kenntnis, sondern eine Verbundenheit mit den konkreten Räumlichkeiten ein und ihrer Gerschichte und ihrer eigenen Theorie, klassische Moderne, Mies und so weiter. das ist eigentlich ein Idealzustande weil ich auch glaube, dass die Kunst im 20. Jahrhundert ein, ja man kann das ansatzweise negativ formulieren, eine raumabhängige geworden ist.

    In Krefeld gehörten Bruce Nauman, Thomas Schütte, Katharina Fritsch, Luc Tuymans und Gregor Schneider zu den ausgestellten Künstlern und stets entstanden intime Situationen, Räume außerhalb der Welt, fein austarierte Begegnungen, zuletzt Thomas Ruffs von Heynen angestoßene fotografische Beschäftigung mit Mies van der Rohe mit dem Titel ”l.m.v.d.r.”. Seit 2001 nun ist Julian Heynen Direktor von "K21”, der Düsseldorfer Kunstsammlung im Ständehaus. Auch dort sucht er mit Daniel Richter und Rodney Graham die Situation, stellt die Kunst weniger aus, als dass er den Betrachter einbindet und abermals hat er es im ehemaligen nordrheinwestfälischen Landtag mit einer schwierigen museumfremden Architektur zu tun, aber Heynen interessieren solche Situationen, auch in Venedig.

    Jetzt aktuell ist es ja in Venedig, weil es auch besonders schwierig ist, aufgrund dieser sehr hell ausgeleuchteten Bühen und alle wollen ja schon alles wissen. Auch da beginnt es für mich völlig intutitiv, indem plötzlich Werke und Namen auftauchen aber die tauchen nicht theoretisch auf, die tauchen für mich in einem inneren Bild auf. Ich seh den Raum ich geh‘ da durch und plötzlich sind da Werke von x oder y oder jene Werke und diese Werke nicht. Ich glaube das ist auch der Anteil, der mit Wissenschaftverdammt wenig zu tun hat, sondern der mit Intuition zu tun hat oder mit Poesie, also in dem man selber etwas macht. das man das nicht alleine machen kann, weil die Worte von andern gemacht werden, die ganzen Sätze werden von andern gemacht, aber man versucht sie schpon mal im Kopf in einen bestimmten räumlichen Zusammenhang zu bringen. Und Raum bedeutet mehr als Grundriss oder Aufriss, es bedeutet auch die Institution, der Kontext und was wir dazu alles zählen heutzutage.

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