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Tiefdruckgebiet zu verkaufen

Seit über 50 Jahren benennt das Meteorologische Institut der Freien Universität Berlin die Hoch- und Tiefdruckgebiete. Wer seinen eigenen Namen auf der Wetterkarte sehen möchte, kann dafür eine Patenschaft kaufen. Der Erlös kommt den Studierenden der FU-Wetterstation zugute.

Von Verena Kemna |
    Nieselregen vernebelt die Sicht, die grauen Wolken unter dem Himmel hängen tief. In der Ferne ist die Spitze des Berliner Fernsehturms gut zu erkennen. Ein guter Orientierungspunkt bei den stündlichen Wetterbeobachtungen, erklärt Sebastian Wölk. Er studiert im fünften Semester Meteorologie an der Freien Universität Berlin. In der Kuppel des Wetterturms ermöglichen große Fenster einen Rundumblick, außerdem hat die Wetterstation einen kleinen Balkon. Sebastian Wölk öffnet die Tür, hält die Hand in den Nieselregen:

    "Wir haben jetzt hier acht Achtel Bedeckung, das bedeutet, der Himmel ist komplett bedeckt, hauptsächlich Stratus nebulosus und fractus , ziemlich tief, soweit ich das sehe und dann schaut man noch nach der Sichtweite. Die ist in diesem Fall nicht sehr weit, fünf, sechs Kilometer und das trägt man dann ein. "

    Zusammen mit anderen Angaben wie Windstärke und Temperatur speichert der Meteorologiestudent die Daten im Computer. Ein Mausklick und alle Angaben landen beim Deutschen Wetterdienst. Bereits vor elf Jahren haben die Studierenden in Eigenregie die Spät- und die Nachtschicht bei der stündlichen Wetterbeobachtung übernommen. Finanziert wird die Initiative durch das Projekt "Wetterpate". Neben dem US-Wetterdienst ist die Wetterstation der FU Berlin weltweit schon seit über fünfzig Jahren die einzige Stelle, die Namen für Hoch- und Tiefdruckgebiete vergibt. Ein Tief kostet 199, ein Hoch 299 Euro, sagt Julia Sieland vom Team der Wetterpaten.

    "Wir haben in den zehn Jahren aus 15 europäischen Ländern Namen bekommen, aber auch aus USA, Brasilien und sogar aus Japan hatten wir schon diverse Paten, die unbedingt einen Namen haben wollten und bei uns Pate waren. "

    Seit Mitternacht läuft die Patensuche für das nächste Jahr. Gesucht werden männliche Namen für etwa 60 Hochs und weibliche für ungefähr 150 Tiefs. Das wechselt jährlich, aus Gründen der Gleichberechtigung. Dabei ist von Nandor bis Jill, fast alles möglich. Einzige Voraussetzung, der Name muss standesamtlich anerkannt sein. Die Meteorologiestudentin Julia Sieland hält die Berliner Wetterkarte von heute in der Hand. Ein klarer Fall, Tief Uli, eingekeilt zwischen den beiden Hochs Jette und Karin. Julia Sieland nennt ihre diesjährigen Favoriten, allen voran, ein asiatischer Name.

    "Ippei zum Beispiel, in diesem Jahr hatten wir auch Beibhinn, das ist irisch-gälisch, oder Polycarb hatten wir letztens oder Utz, das war auch sehr schön. Und dann sind meine Favoriten immer noch Jolle und Pille."

    Ein schriftlicher Antrag, heruntergeladen von der Internetseite der Wetterpaten genügt. Wenn der Buchstabe frei ist, das Geschlecht stimmt, der Name ordentlich beim Standesamt eingetragen ist, dann steht dem besonderen Geschenk nichts mehr im Wege. Die meisten Hochs und Tiefs werden verschenkt. Das Geld aus dem Topf der Wetterpaten erhalten die Studierenden, die derzeit 16 Stunden lang das Wetter beobachten. Für eine Schicht gibt es bis zu 50 Euro. Der Obolus für das nächste Jahr scheint gesichert. Die ersten fünfzig Käufer für die Hochs und Tiefs in 2014 haben sich bereits bei der FU Berlin gemeldet. Auf der Liste der Exoten entdeckt Julia Sieland den Namen Kaat. Ein weiblicher Name, also wird's im nächsten Jahr irgendwo in Mitteleuropa ein Tief namens Kaat geben.

    "Ein Hochdruckgebiet, das kann schon mal fünf bis sieben Tage dauern, ein Tief dann drei bis fünf Tage. Es ist so, dass wir bei den Hochs zweimal durchs Alphabet kommen und bei den Tiefs fünfmal. So kann man sich das von der Mengenanzahl vorstellen."