Jochen Spengler: Die Bundesregierung möchte die LKW-Maut ab 01. Januar 2009 erhöhen: für große LKW, für große Luftverschmutzer mehr, für relativ saubere Lastwagen weniger stark. Das würde die Mauteinnahmen um etwa 1,5 auf rund 5 Milliarden Euro jährlich erhöhen. Ein Großteil der Mehreinnahmen soll in den Ausbau der Verkehrswege investiert werden. Doch die Bundesländer müssten im September der Mauterhöhung zustimmen und das wollen einige nicht mehr.
Vor allem Unionsländer lehnen die geplante Mauterhöhung ab. Heute ist Sondersitzung der Länderverkehrsminister mit dem Bundesverkehrsminister und Sozialdemokraten Wolfgang Tiefensee. Ihn begrüße ich jetzt am Telefon. Guten Morgen, Herr Tiefensee.
Wolfgang Tiefensee: Guten Morgen, Herr Spengler.
Spengler: Sie wollen die Bedenken der Bundesländer ausräumen. Wie?
Tiefensee: Indem ich Argumente sprechen lasse. Wir erhöhen die LKW-Maut auf einer ganz soliden Grundlage. Wir haben Berechnungen vorliegen, mit unserem Koalitionspartner abgestimmt und mit den Experten gründlich besprochen, die darauf abzielen, dass die Kosten, die die schweren LKW auf den Autobahnen verursachen, momentan nicht eins zu eins umgelegt werden. Das ist ein Argument. Die Europäische Union hält uns dazu an, das zu tun.
Das zweite wichtige ist, dass wir, wie Sie bereits angesprochen haben, die Maut so staffeln wollen, dass wir den umweltfreundlichen LKW weniger Belastung zumuten und den so genannten "Stinkern" etwas mehr.
Schließlich sollte das Argument zählen, was die Länder wohl, glaube ich, am meisten interessiert, die Frage nämlich: was machen wir mit diesem Geld? - Das Geld geht eins zu eins, zu 100 Prozent in den Ausbau und den Erhalt unserer Verkehrsträger. Das meint die Straße, die Bundesstraße genauso wie die Schiene und die Binnenwasserstraße. Und da die Länder sehr daran interessiert sind, hoffe ich, dass ich im Laufe der Zeit überzeugen kann.
Spengler: Bleiben wir bei diesem letzten Argument: Straßenbau, Verkehrswegeausbau. Jetzt kassiert der Staat allein wegen der hohen Spritpreise in diesem Jahr durch Mineralöl- und Mehrwertsteuer über 50 Milliarden Euro mehr als im Vorjahr. Warum reicht das nicht für den Ausbau der Infrastruktur?
Tiefensee: Es ist ein Trugschluss, dass wir im Bundeshaushalt dadurch Mehreinnahmen hätten, dass die Spritpreise ansteigen. Das stimmt in zweifacher Hinsicht nicht. Das eine ist, dass durch den höheren Preis weniger Sprit gekauft wird. Zum anderen ist es auch so, dass wir das Geld in Deutschland nur einmal ausgeben können. Das, was möglicherweise beim Sprit draufkommt, das fehlt an anderer Stelle.
Spengler: Aber Sie haben doch Mehreinnahmen. Sie haben doch deutliche Mehreinnahmen.
Tiefensee: Nein. Wir haben nicht Mehreinnahmen, Steuereinnahmen, die auf der Erhöhung der Spritpreise gründen, sondern Mehreinnahmen aus anderen Quellen. - Nein! Sie wissen ja vielleicht, dass die Anteile an der Mineralölsteuer - nehmen wir mal die Umsatzsteuer und die Mehrwertsteuer weg - stabile Einnahmen sind, in Absolutbeträgen und nicht relativ gerechneten Beträgen eingenommen werden. - Nein, da gibt es keinen Anstieg. Im Übrigen wird das Geld, was wir durch die Maut einnehmen, zu 100 Prozent auf die Verkehrsträger wieder umgelegt. Deshalb ist das ein ganz starkes und gewichtiges Argument, das auch die Länder überzeugen sollte.
Spengler: Herr Minister, mir ist jetzt nicht ganz so klar geworden, warum der Staat dort nicht die 50 Milliarden Mehreinnahmen hat. Aber lassen wir es so stehen. - Wenden wir uns dem Argument der Spediteure zu. Die sagen, das ist für uns alles viel zu teuer. Das kostet pro LKW zwischen 5.000 und 10.000 Euro mehr im Jahr. Damit droht eine Pleitewelle, der Verlust von 40.000 Arbeitsplätzen. Warum gefährden Sie die Wettbewerbsfähigkeit der mittelständischen Speditionen?
Tiefensee: Diese Argumente ziehen nicht. Wenn man das genau beleuchtet, stellt man fest, dass ein anderer Fakt zum tragen kommt. Zunächst einmal: die Maut ist auf der Basis der Gesetzlichkeiten, die ich angesprochen habe, eine notwendige Abgabe, die die Spediteure für ihre schweren LKW leisten müssen. Zum zweiten: Diese Abgabe wird nicht etwa bei den Spediteuren den Niederschlag finden, sondern sie wird an die Verlader weitergegeben und kommt in Minibeträgen, in Mini-Cent-Beträgen irgendwann beim Kunden an.
Spengler: Das heißt wir zahlen das alle?
Tiefensee: Das heißt, letztlich bezahlt in der langen Kette der Verbraucher beziehungsweise der Unternehmer, der mit Zwischenprodukten oder Endprodukten handelt, diesen Preis in Promillebeträgen Steigerung auf die Produkte. Wir wissen ja, dass die Transportkosten im Produkt sich nur zu einem ganz, ganz geringen Teil unter fünf Prozent abbilden, und wir wissen eben auch, wenn man sich lange darauf einstellt im Jahre 2007 - und die Möglichkeit hatte das Speditionsgewerbe -, dass man in Verträgen mit den Verladern diese Kosten weitergeben kann. Das heißt dieses Argument zieht nicht. Umgekehrt wird ein Schuh daraus.
Spengler: Herr Tiefensee, darf ich trotzdem mal kurz unterbrechen. Ist das denn das richtige Signal? Sie sagen zwar Promillebeiträge, aber wir leben in Zeiten steigender Preise. Man kommt kaum noch aus mit dem, was man an Einkommen hat. Ist das dann das richtige Signal, dass sozusagen der Staat, der profitiert - ich sage es noch mal - durch Steuererhöhungen, Mehrwertsteuer etc., abkassiert und die Verbraucher wieder zahlen?
Tiefensee: Der entscheidende Punkt ist, dass Kosten verursacht werden, die umgelegt werden und die wieder dem Verbraucher indirekt zugute kommen, indem er beispielsweise als Autofahrer über bessere Autobahnen, über bessere Bundesstraßen verfügt. Wir wollen dieses Geld - ich betone das noch einmal - ja zu 100 Prozent in die Infrastruktur stecken und das kommt letztlich dem Kunden, das kommt auch dem Spediteur wieder zugute, denn der braucht ja die funktionierende staufreie baustellenfreie Autobahn, um seine Leistung erbringen zu können. Das heißt das ist ein Kreislauf, der sich sehr gut eingespielt hat, und das entzündet sich jetzt eigentlich nur an der Frage, ob man die neuen Berechnungen zum Anlass nimmt, um die Maut zu erhöhen, oder ob man das streckt. Die Streckung, die ja wie Sie wissen auch ganz unterschiedlich betrieben ist - der eine sagt ein halbes Jahr, der nächste ein Jahr, der dritte sagt überhaupt nicht erhöhen -, ist meiner Ansicht nach nicht diesen Argumenten geschuldet, sondern hat auch einen Ursprung im Wahlkampf von Bayern. Deshalb sollten wir zu einer guten Lösung kommen können, wenn wir uns austauschen über die Argumente.
Spengler: Lassen Sie uns, eh wir auf die Streckung zu sprechen kommen - das ist ja ein möglicher Kompromiss mit den unionsregierten Ländern -, noch ein bisschen bei dem Speditionsgewerbe bleiben. Sie sagen, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Speditionen steht nicht zur Debatte?
Tiefensee: Nein, absolut nicht.
Spengler: Sie glauben denen nicht, wenn die das sagen?
Tiefensee: Richtig. Wir haben andere Berechnungen und wir wissen auch, dass bei der Einführung der LKW-Maut - Sie müssen mal überlegen, dass wir jetzt eine Erhöhung auf 16,3 von ungefähr 12,5 Cent haben oder von 15 Cent im Durchschnitt auf 16,3 -, also bei der Einnahme von 15 Cent ein Sprung von null auf 15 das Speditionsgewerbe auch nicht etwa unbotmäßig belastet worden ist oder das nicht verkraften konnte. Nein! Wenn man sich darauf einstellt, wenn man die entsprechenden Verträge mit den Verladern abschließt, wenn sich das Gewerbe einig ist, dass es nicht mit Dumpingangeboten gegenseitig Konkurrenz macht, dann ist es möglich, diese Erhöhung zu verkraften, die uns letztlich am Ende allen zugute kommt, weil es bessere Straßen, bessere Schienen, bessere Binnenwasserstraßen gibt.
Spengler: Aber stehen sie nicht in einer heftigen Konkurrenz zu ausländischen Speditionen, die deutlich weniger Kosten haben?
Tiefensee: Genau das ist ein weiterer wichtiger Punkt, den wir im Zusammenhang mit der LKW-Mauterhöhung einführen wollen. Es handelt sich um das so genannte Harmonisierungsverfahren. Das ist wahrscheinlich jetzt ein bisschen schwer zu erklären. Es läuft im Kern darauf hinaus, dass wir mit drei ganz wesentlichen Maßnahmen das deutsche Speditionsgewerbe entlasten wollen. Die addieren sich auf 600 Millionen Euro pro Jahr.
Spengler: Aber das versprechen Sie schon seit Jahren und die Spediteure sagen, bislang sind von den 600 Millionen nur 250 Millionen bei ihnen angekommen.
Tiefensee: Die 250 Millionen sind richtig, aber Speditionsgewerbe und Verkehrsminister sitzen da in einem Boot. Wir haben gemeinsam in Brüssel verhandelt. Wir haben gemeinsam auch mit dem Finanzminister nach Lösungen gesucht und wir haben sie gemeinsam jetzt gefunden. Da muss nicht einer dem anderen etwas vorwerfen. Wir haben einmal die KFZ-Steuer für die LKW, für die schweren LKW gesenkt. Das macht immerhin einen Betrag von 150 Millionen Entlastung pro Jahr aus. Dann haben wir noch mal 100 Millionen genommen - das ist jetzt ganz wichtig -, dass die Spediteure ihre LKW umrüsten können, damit die "Stinker" von der Straße kommen und die "Besseren" auf der Straße fahren. Und schließlich haben wir jetzt ein Maßnahmenpaket noch mal von 350 Millionen aufgelegt. Das soll zum Beispiel dazu führen, dass die LKW sicherer werden, dass es entsprechende Bremsassistenzsysteme und höhere Sicherheit für die LKW auf der Straße gibt. Also 600 Millionen Euro Entlastung. Das ist ein großer Brocken und das sollte anerkannt werden.
Spengler: Die LKW, die nun für viel Geld umgerüstet werden sollen, die sind gerade mal erst vor zum Teil zwei Jahren angeschafft worden. Wie soll man sich auf einen Staat verlassen können, der vor zwei Jahren noch LKW zugelassen hat und der jetzt die Nachrüstung verlangt, es sei denn die Maut wird wie gehört zum Teil auf über 10.000 Euro im Jahr erhöht?
Tiefensee: Hinter Ihrer Frage steckt folgendes Argument, nämlich: wie kann es sein, dass jetzt auch diejenigen, die etwas bessere Umweltwerte haben - seit zwei, drei Jahren -, schon wieder mit einer gewissen Mauterhöhung konfrontiert werden. Das liegt einfach daran, dass wir zum Glück auf unseren Straßen immer mehr umweltfreundliche LKW haben. Auf der anderen Seite sind die Kosten, die verursacht werden, die direkten Kosten (zum Beispiel die Abnutzung der Autobahnen), ja nicht geringer geworden. Im Gegenteil: unser Verkehrsaufkommen auf den Autobahnen ist sprunghaft angestiegen. Diese Kosten müssen wir umlegen und es ist eine einfache mathematische Rechnung, die überzeugen sollte, dass natürlich, wenn mehr umweltfreundliche LKW fahren, auch diejenigen zu einem gewissen Maße herangezogen werden müssen, wenn es um die Mauterhöhung geht. Aber das ist weitaus weniger als der, der einen "Stinker" fährt. Ich will es an einem Beispiel deutlich machen. Gute Schadstoffklasse, einen richtig guten Rußpartikelfilter; dann zahle ich eben nur 12 Cent pro Kilometer. Habe ich eine schlechte Euronormklasse und keinen Rußpartikelfilter, dann zahle ich eben 24 Cent. So weit ist die Spreizung und das ist ein gutes umweltpolitisches Argument.
Spengler: Der Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee möchte die LKW-Maut ab 01. Januar 2009 erhöhen und er wirbt dafür gegenüber den dem widerstrebenden Unionsbundesländern. Danke, Herr Tiefensee, für das Gespräch.
Tiefensee: Bitte schön.
Vor allem Unionsländer lehnen die geplante Mauterhöhung ab. Heute ist Sondersitzung der Länderverkehrsminister mit dem Bundesverkehrsminister und Sozialdemokraten Wolfgang Tiefensee. Ihn begrüße ich jetzt am Telefon. Guten Morgen, Herr Tiefensee.
Wolfgang Tiefensee: Guten Morgen, Herr Spengler.
Spengler: Sie wollen die Bedenken der Bundesländer ausräumen. Wie?
Tiefensee: Indem ich Argumente sprechen lasse. Wir erhöhen die LKW-Maut auf einer ganz soliden Grundlage. Wir haben Berechnungen vorliegen, mit unserem Koalitionspartner abgestimmt und mit den Experten gründlich besprochen, die darauf abzielen, dass die Kosten, die die schweren LKW auf den Autobahnen verursachen, momentan nicht eins zu eins umgelegt werden. Das ist ein Argument. Die Europäische Union hält uns dazu an, das zu tun.
Das zweite wichtige ist, dass wir, wie Sie bereits angesprochen haben, die Maut so staffeln wollen, dass wir den umweltfreundlichen LKW weniger Belastung zumuten und den so genannten "Stinkern" etwas mehr.
Schließlich sollte das Argument zählen, was die Länder wohl, glaube ich, am meisten interessiert, die Frage nämlich: was machen wir mit diesem Geld? - Das Geld geht eins zu eins, zu 100 Prozent in den Ausbau und den Erhalt unserer Verkehrsträger. Das meint die Straße, die Bundesstraße genauso wie die Schiene und die Binnenwasserstraße. Und da die Länder sehr daran interessiert sind, hoffe ich, dass ich im Laufe der Zeit überzeugen kann.
Spengler: Bleiben wir bei diesem letzten Argument: Straßenbau, Verkehrswegeausbau. Jetzt kassiert der Staat allein wegen der hohen Spritpreise in diesem Jahr durch Mineralöl- und Mehrwertsteuer über 50 Milliarden Euro mehr als im Vorjahr. Warum reicht das nicht für den Ausbau der Infrastruktur?
Tiefensee: Es ist ein Trugschluss, dass wir im Bundeshaushalt dadurch Mehreinnahmen hätten, dass die Spritpreise ansteigen. Das stimmt in zweifacher Hinsicht nicht. Das eine ist, dass durch den höheren Preis weniger Sprit gekauft wird. Zum anderen ist es auch so, dass wir das Geld in Deutschland nur einmal ausgeben können. Das, was möglicherweise beim Sprit draufkommt, das fehlt an anderer Stelle.
Spengler: Aber Sie haben doch Mehreinnahmen. Sie haben doch deutliche Mehreinnahmen.
Tiefensee: Nein. Wir haben nicht Mehreinnahmen, Steuereinnahmen, die auf der Erhöhung der Spritpreise gründen, sondern Mehreinnahmen aus anderen Quellen. - Nein! Sie wissen ja vielleicht, dass die Anteile an der Mineralölsteuer - nehmen wir mal die Umsatzsteuer und die Mehrwertsteuer weg - stabile Einnahmen sind, in Absolutbeträgen und nicht relativ gerechneten Beträgen eingenommen werden. - Nein, da gibt es keinen Anstieg. Im Übrigen wird das Geld, was wir durch die Maut einnehmen, zu 100 Prozent auf die Verkehrsträger wieder umgelegt. Deshalb ist das ein ganz starkes und gewichtiges Argument, das auch die Länder überzeugen sollte.
Spengler: Herr Minister, mir ist jetzt nicht ganz so klar geworden, warum der Staat dort nicht die 50 Milliarden Mehreinnahmen hat. Aber lassen wir es so stehen. - Wenden wir uns dem Argument der Spediteure zu. Die sagen, das ist für uns alles viel zu teuer. Das kostet pro LKW zwischen 5.000 und 10.000 Euro mehr im Jahr. Damit droht eine Pleitewelle, der Verlust von 40.000 Arbeitsplätzen. Warum gefährden Sie die Wettbewerbsfähigkeit der mittelständischen Speditionen?
Tiefensee: Diese Argumente ziehen nicht. Wenn man das genau beleuchtet, stellt man fest, dass ein anderer Fakt zum tragen kommt. Zunächst einmal: die Maut ist auf der Basis der Gesetzlichkeiten, die ich angesprochen habe, eine notwendige Abgabe, die die Spediteure für ihre schweren LKW leisten müssen. Zum zweiten: Diese Abgabe wird nicht etwa bei den Spediteuren den Niederschlag finden, sondern sie wird an die Verlader weitergegeben und kommt in Minibeträgen, in Mini-Cent-Beträgen irgendwann beim Kunden an.
Spengler: Das heißt wir zahlen das alle?
Tiefensee: Das heißt, letztlich bezahlt in der langen Kette der Verbraucher beziehungsweise der Unternehmer, der mit Zwischenprodukten oder Endprodukten handelt, diesen Preis in Promillebeträgen Steigerung auf die Produkte. Wir wissen ja, dass die Transportkosten im Produkt sich nur zu einem ganz, ganz geringen Teil unter fünf Prozent abbilden, und wir wissen eben auch, wenn man sich lange darauf einstellt im Jahre 2007 - und die Möglichkeit hatte das Speditionsgewerbe -, dass man in Verträgen mit den Verladern diese Kosten weitergeben kann. Das heißt dieses Argument zieht nicht. Umgekehrt wird ein Schuh daraus.
Spengler: Herr Tiefensee, darf ich trotzdem mal kurz unterbrechen. Ist das denn das richtige Signal? Sie sagen zwar Promillebeiträge, aber wir leben in Zeiten steigender Preise. Man kommt kaum noch aus mit dem, was man an Einkommen hat. Ist das dann das richtige Signal, dass sozusagen der Staat, der profitiert - ich sage es noch mal - durch Steuererhöhungen, Mehrwertsteuer etc., abkassiert und die Verbraucher wieder zahlen?
Tiefensee: Der entscheidende Punkt ist, dass Kosten verursacht werden, die umgelegt werden und die wieder dem Verbraucher indirekt zugute kommen, indem er beispielsweise als Autofahrer über bessere Autobahnen, über bessere Bundesstraßen verfügt. Wir wollen dieses Geld - ich betone das noch einmal - ja zu 100 Prozent in die Infrastruktur stecken und das kommt letztlich dem Kunden, das kommt auch dem Spediteur wieder zugute, denn der braucht ja die funktionierende staufreie baustellenfreie Autobahn, um seine Leistung erbringen zu können. Das heißt das ist ein Kreislauf, der sich sehr gut eingespielt hat, und das entzündet sich jetzt eigentlich nur an der Frage, ob man die neuen Berechnungen zum Anlass nimmt, um die Maut zu erhöhen, oder ob man das streckt. Die Streckung, die ja wie Sie wissen auch ganz unterschiedlich betrieben ist - der eine sagt ein halbes Jahr, der nächste ein Jahr, der dritte sagt überhaupt nicht erhöhen -, ist meiner Ansicht nach nicht diesen Argumenten geschuldet, sondern hat auch einen Ursprung im Wahlkampf von Bayern. Deshalb sollten wir zu einer guten Lösung kommen können, wenn wir uns austauschen über die Argumente.
Spengler: Lassen Sie uns, eh wir auf die Streckung zu sprechen kommen - das ist ja ein möglicher Kompromiss mit den unionsregierten Ländern -, noch ein bisschen bei dem Speditionsgewerbe bleiben. Sie sagen, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Speditionen steht nicht zur Debatte?
Tiefensee: Nein, absolut nicht.
Spengler: Sie glauben denen nicht, wenn die das sagen?
Tiefensee: Richtig. Wir haben andere Berechnungen und wir wissen auch, dass bei der Einführung der LKW-Maut - Sie müssen mal überlegen, dass wir jetzt eine Erhöhung auf 16,3 von ungefähr 12,5 Cent haben oder von 15 Cent im Durchschnitt auf 16,3 -, also bei der Einnahme von 15 Cent ein Sprung von null auf 15 das Speditionsgewerbe auch nicht etwa unbotmäßig belastet worden ist oder das nicht verkraften konnte. Nein! Wenn man sich darauf einstellt, wenn man die entsprechenden Verträge mit den Verladern abschließt, wenn sich das Gewerbe einig ist, dass es nicht mit Dumpingangeboten gegenseitig Konkurrenz macht, dann ist es möglich, diese Erhöhung zu verkraften, die uns letztlich am Ende allen zugute kommt, weil es bessere Straßen, bessere Schienen, bessere Binnenwasserstraßen gibt.
Spengler: Aber stehen sie nicht in einer heftigen Konkurrenz zu ausländischen Speditionen, die deutlich weniger Kosten haben?
Tiefensee: Genau das ist ein weiterer wichtiger Punkt, den wir im Zusammenhang mit der LKW-Mauterhöhung einführen wollen. Es handelt sich um das so genannte Harmonisierungsverfahren. Das ist wahrscheinlich jetzt ein bisschen schwer zu erklären. Es läuft im Kern darauf hinaus, dass wir mit drei ganz wesentlichen Maßnahmen das deutsche Speditionsgewerbe entlasten wollen. Die addieren sich auf 600 Millionen Euro pro Jahr.
Spengler: Aber das versprechen Sie schon seit Jahren und die Spediteure sagen, bislang sind von den 600 Millionen nur 250 Millionen bei ihnen angekommen.
Tiefensee: Die 250 Millionen sind richtig, aber Speditionsgewerbe und Verkehrsminister sitzen da in einem Boot. Wir haben gemeinsam in Brüssel verhandelt. Wir haben gemeinsam auch mit dem Finanzminister nach Lösungen gesucht und wir haben sie gemeinsam jetzt gefunden. Da muss nicht einer dem anderen etwas vorwerfen. Wir haben einmal die KFZ-Steuer für die LKW, für die schweren LKW gesenkt. Das macht immerhin einen Betrag von 150 Millionen Entlastung pro Jahr aus. Dann haben wir noch mal 100 Millionen genommen - das ist jetzt ganz wichtig -, dass die Spediteure ihre LKW umrüsten können, damit die "Stinker" von der Straße kommen und die "Besseren" auf der Straße fahren. Und schließlich haben wir jetzt ein Maßnahmenpaket noch mal von 350 Millionen aufgelegt. Das soll zum Beispiel dazu führen, dass die LKW sicherer werden, dass es entsprechende Bremsassistenzsysteme und höhere Sicherheit für die LKW auf der Straße gibt. Also 600 Millionen Euro Entlastung. Das ist ein großer Brocken und das sollte anerkannt werden.
Spengler: Die LKW, die nun für viel Geld umgerüstet werden sollen, die sind gerade mal erst vor zum Teil zwei Jahren angeschafft worden. Wie soll man sich auf einen Staat verlassen können, der vor zwei Jahren noch LKW zugelassen hat und der jetzt die Nachrüstung verlangt, es sei denn die Maut wird wie gehört zum Teil auf über 10.000 Euro im Jahr erhöht?
Tiefensee: Hinter Ihrer Frage steckt folgendes Argument, nämlich: wie kann es sein, dass jetzt auch diejenigen, die etwas bessere Umweltwerte haben - seit zwei, drei Jahren -, schon wieder mit einer gewissen Mauterhöhung konfrontiert werden. Das liegt einfach daran, dass wir zum Glück auf unseren Straßen immer mehr umweltfreundliche LKW haben. Auf der anderen Seite sind die Kosten, die verursacht werden, die direkten Kosten (zum Beispiel die Abnutzung der Autobahnen), ja nicht geringer geworden. Im Gegenteil: unser Verkehrsaufkommen auf den Autobahnen ist sprunghaft angestiegen. Diese Kosten müssen wir umlegen und es ist eine einfache mathematische Rechnung, die überzeugen sollte, dass natürlich, wenn mehr umweltfreundliche LKW fahren, auch diejenigen zu einem gewissen Maße herangezogen werden müssen, wenn es um die Mauterhöhung geht. Aber das ist weitaus weniger als der, der einen "Stinker" fährt. Ich will es an einem Beispiel deutlich machen. Gute Schadstoffklasse, einen richtig guten Rußpartikelfilter; dann zahle ich eben nur 12 Cent pro Kilometer. Habe ich eine schlechte Euronormklasse und keinen Rußpartikelfilter, dann zahle ich eben 24 Cent. So weit ist die Spreizung und das ist ein gutes umweltpolitisches Argument.
Spengler: Der Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee möchte die LKW-Maut ab 01. Januar 2009 erhöhen und er wirbt dafür gegenüber den dem widerstrebenden Unionsbundesländern. Danke, Herr Tiefensee, für das Gespräch.
Tiefensee: Bitte schön.