"Das hier ist eine Manganknolle, ungefähr zwölf Zentimeter im Durchmesser. Hier ist der Wachstumskeim, da hat sie begonnen, zu wachsen, vor vielleicht so sechs bis zehn Millionen Jahren."
Die sogenannten Manganknollen liegen an der Oberfläche des Meeresbodens. Carsten Rühlemann, Projektleiter an der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) in Hannover, bringt sie aus der Tiefsee ans Tageslicht. Die begehrten Rohstoffe haben Rühlemann und seine Forscherkollegen unlängst auf einer Expedition ins deutsche Lizenzgebiet im Zentralpazifik ins Visier genommen.
"Üblicherweise sieht das so aus, dass man erst einmal einen Videoschlitten einsetzt, guckt, wie sieht das da unten aus, wo kann man gezielt Proben dann nehmen, mit einem so genannten Kastengreifer, ein Gerät, das man mit einem Draht herunterlässt. Wir beobachten, wie ist die Knollengröße entlang eines circa zehn Kilometer langen Profils. Jede einzelne Knolle wird vermessen, in mühevoller Arbeit, Tag und Nacht."
Mühen, die sich offenbar lohnen: Auf ihrer Forschungsfahrt hätten die Wissenschaftler ein Vorkommen von 30 Millionen Tonnen der Manganknollen entdeckt, berichtet der Expeditionsleiter. Gerätschaften, mit denen die Rohstoffe einmal großflächig am Meeresboden in rund 4.000 Metern Tiefe abgebaut werden könnten, müssen noch entwickelt werden. Ferngesteuerte Kollektorsysteme, kilometerlange Förderstränge: Erste Prototypen zeigen die gewaltigen technischen Probleme auf. An Bord des US-Forschungsschiffes "Kilo Moana" waren auch Biologen aus Wilhelmshaven. Sie berechneten Tiefenströmung und Wellengang, untersuchten, welche Tiere am Meeresboden leben und wie weit sie verbreitet sind.
"Ein möglicher zukünftiger Abbau würde natürlich dort bedeuten, dass der Boden umgepflügt wird. Dadurch wird so eine Art Suspensionswolke erzeugt, die dann durchaus einige Kilometer abdriften kann. Das wird Auswirkungen haben auf die Tiere, die dort unten leben - keine Frage."
Stephan Lutter, Meeresschutzexperte des WWF, warnt eindringlich vor dem Vorstoß in die Tiefe, solange die sensiblen und bislang noch kaum berührten Lebensräume dort noch kaum erforscht sind.
"Es könnte passieren, dass durch Entnahme und Trübung des Wasser Naturschätze und biologische Vielfalt verloren gehen, bevor wir sie überhaupt richtig erfasst haben. Lebensgemeinschaften, die sich sehr langsam von Eingriffen erholen."
Lutter sieht Tiefseefische in Gefahr, aber auch Lebewesen, die etwa rund um Hydrothermalquellen oder an Korallenriffen am Meeresgrund siedeln. Die Industrie fahndet nämlich nicht nur nach Manganknollen, wegen der anziehenden Rohstoffpreise könnte künftig auch die Förderung von Sulfiderzen und kobaltreichen Mangankrusten vom Meeresboden zum lohenden Geschäft werden.
"Wenn man einen Seeberg von seinen kobalthaltigen Ablagerungen befreit, zerstört man auch automatisch die in Hunderten von Jahren gewachsenen Strukturen dieser Riffe und ihrer Bewohner. Den größten Konflikt sehe ich dort, wo das zu schützende Naturgut – zum Beispiel ein heißes Tiefseequellengebiet oder ein Seeberg – unmittelbar das Objekt der Begierde des Tiefseebergbaus sind."
Der WWF fordert ein Moratorium für den Tiefseebergbau, solange international keine geeigneten Kriterien zur Ausweisung von Meeresschutzgebieten auf hoher See vereinbart sind. Unterdessen werden im deutschen Lizenzgebiet für die Erkundung von Manganknollen weiter Fakten geschaffen. Bereits im Vorjahr waren die Wissenschaftler dort auf weit ausgedehnte Knollenfelder gestoßen. In weiteren Expeditionen sollen die Funde nun detailliert kartiert werden, sagt BGR-Projektleiter Rühlemann, Voraussetzung für einen Abbautest, mit dem der Experte bereits in den nächsten fünf Jahren rechnet.
"Beide Gebiete enthalten ungefähr 30 Millionen Tonnen Knollen, das heißt, rund eine Million Tonnen Wertstoffe, Nickel, Kobalt, Kupfer, die darin enthalten sind, in jedem dieser Gebiete. Und das reicht eben für einige Jahrzehnte Meeresbergbau dann schon."