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Tiermedizin
Impfung für Bienen

Werden Bienen von Krankheiten befallen - wie zum Beispiel von der aggressiven Amerikanischen Faulbrut - gibt es kaum Behandlungsmöglichkeiten. Sie dagegen zu impfen, galt eigentlich als unmöglich. Doch neue Erkenntnisse haben diese Lehrmeinung in den letzten Monaten erschüttert - zum Nutzen der Bienen.

Von Joachim Budde | 15.09.2015
    Eine Honigwabe mit Arbeitsbienen
    Die Amerikanische Faulbrut ist so aggressiv, dass er alle befallenen Bienenvölker umbringt. (picture-alliance/ ZB)
    Insekten impfen - das hielten Wissenschaftler lange für unmöglich. Vielleicht gibt es aber doch einen Weg. Denn vor Kurzem wurde bekannt, dass die Königin eines Bienenvolkes ihre Nachkommen auf Krankheiten vorbereiten kann. Jetzt haben Forscher den Mechanismus verstanden, der hinter dieser generationsübergreifenden Immunisierung steckt.
    Die Schlüsselrolle dabei spielt Vitellogenin, ein Protein, das bei der Produktion der Eier wichtig ist. Es kommt im Blut sowie in der Nahrung der Bienen vor.
    Der Schutzmechanismus funktioniert folgendermaßen: Die Bienen, die draußen Nektar und Pollen sammeln, bringen damit auch Krankheitserreger in den Stock. Die Ammenbienen, die die Larven und die Königin versorgen, verdauen die angelieferte Nahrung vor. Sie bilden einen Puffer gegen Krankheiten, sagt Gro Amdam von der School of Life Sciences an der Arizona State University in Tempe.
    "Essen die Insekten Krankheitserreger, werden auch einige der Bakterien verdaut und dabei zerstückelt. Diese Stücke gelangen über den Darm ins Blut, und dort treffen sie auf das Vitellogenin. Sie binden an das Vitellogenin, und das Protein transportiert sie durch den Körper."
    Auch der Futtersaft der Ammenbienen enthält Vitellogenin und damit Bakterienbruchstücke - eine Art Schluckimpfung für die Königin.
    "Die Königin nimmt die Bakterienfragmente mit der Nahrung auf, in ihrem Körper binden sie wieder an das Vitellogenin und gelangen mit dem Protein in die Eier. Dort geben sie den wachsenden Embryos ein Signal, auf welche Krankheiten in ihrer Umwelt sie sich vorbereiten müssen."
    Ein harmloser Impfstoff, den die Bienen fressen können
    Manche Krankheiten wirken für den natürlichen Mechanismus allerdings zu schnell, zum Beispiel die Amerikanische Faulbrut. Deren Erreger Paenibacillus larvae ist so aggressiv, dass er alle befallenen Bienenvölker umbringt. Ein Medikament dagegen fehlt bislang. Imker müssen die Kolonien komplett verbrennen, um die Ausbreitung der Seuche zu verhindern.
    Biologen aus Graz haben allerdings vor ein paar Monaten gezeigt, dass viele Larven überlebten, wenn die Forscher der Königin lange genug vor der Infektion abgetötete Bakterien spritzten. Wolfgang Schühly vom Zoologischen Institut der Universität Graz:
    "Die Ergebnisse von der Gruppe Amdam sind eine gute Ergänzung zu unseren Ergebnissen, zumal wir durch die Impfung der Königin haben zeigen können, dass die entsprechend entstehende Brut resistenter ist gegen den Keim, und nun wurde zum ersten Mal ein plausibler Weg aufgezeigt, wie das sozusagen molekular funktioniert. Hierbei ist zu sagen, dass Vitellogenin ein Eidotterprotein ist, was also mehr oder weniger ubiquitär vorkommt, was aber noch nicht erkannt wurde, dass es also diese spezielle Rolle spielen kann."
    Wie lange hält der Impfschutz vor?
    Ihren Königinnen zum Impfen abgetötete Bakterien spritzen - das können Imker in der Praxis allerdings nicht leisten. Deshalb arbeiten Gro Amdam und Kollegen von der Universität Helsinki an einer Impfung, die auf natürlichem Weg vor der Amerikanischen Faulbrut schützt.
    "Über Zusammensetzung und Herstellung der Impfung kann ich nichts sagen, weil wir gerade das Patent dafür beantragen. Aber ich kann verraten, dass es ein Lebensmittel sein wird, ein harmloser Impfstoff, den die Bienen fressen können."
    Eine entscheidende Frage ist allerdings, wie lange ein solcher Impfschutz vorhält. Noch einmal Wolfgang Schühly von der Universität Graz.
    "Von unseren Experimenten her nehmen wir an, dass der Zeithorizont nach einer Impfung, nachdem also die Nachkommen einen höheren Schutz gegen ein entsprechendes Pathogen besitzen, dass diese Zeitspanne nicht allzu lang ist. Also wir können uns das nicht vorstellen wie beim Menschen, wo eine Impfung im Idealfall zehn Jahre oder vielleicht das ganze Leben anhält. Bei der Königin, die ein Alter von etwa vier, fünf Jahren erreichen kann, wären aber schon Impfschutzspannen von einem Jahr sicherlich ein Durchbruch. Ich hoffe, dass man dahin eines Tages gelangen wird."
    Dann könnte auch die Amerikanische Faulbrut ihren Schrecken für die Imker verlieren.