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Tierschützer kritisieren Verhältnisse in der Pelztierzucht

Sie leben unter Bedingungen, die denen in der intensiven Tiermast ähnlich sind: Nerze, Chinchillas und Füchse dienen als Pelztiere. Für die einen ist das eine ganz normale Form der Nutztierhaltung, für die anderen sinnlose Tierquälerei. Das Bundeslandwirtschaftsministerium will die Zustände in der Pelztierhaltung verbessern. Die Tierschutzorganisation "Vier Pfoten" möchte die Pelztierhaltung jedoch ganz verbieten lassen.

Von Dieter Nürnberger |
    Mit der geplanten Verordnung der rot-grünen Bundesregierung wird die Lebens- und Haltungssituation in den Pelztierfarmen hierzulande deutlich verbessert. Die Käfige werden deutlich größer, es werden auch Schwimm- und Klettermöglichkeiten für die Nerze vorgeschrieben. Und dennoch gibt es Kritik daran, dass das Ganze eben nicht gänzlich verboten werde. Die Tierschutzorganisation "Vier Pfoten" übergibt deshalb ein juristisches Gutachten an Renate Künast. Ein Gutachten, welches aufzeigen soll, dass auch mehr möglich gewesen wäre. Thomas Pietsch leitet diese Kampagne bei den Tierschützern:

    "Vier Pfoten vertritt die Ansicht, dass ein generelles Verbot der Pelztierhaltung in Deutschland angemessen und auch möglich ist. Wir glauben, dass die nicht artgerechte Haltung von Pelztieren zur Herstellung von Mode kein vernünftiger Grund im Sinne des Grundgesetzes darstellt. Aber das verlangt ja das Gesetz für die Tiernutzung. "

    Pelztiere sind nach Ansicht der Organisation keine landwirtschaftlichen Nutztiere, sondern eben Wildtiere. Und in der kommerziellen Tierhaltung oder Züchtung würden die Tiere auch verkümmern, das sei Tierquälerei. Es gibt wissenschaftliche Erhebungen über eine artgerechte Haltung – und diese artgerechte Haltung würde eben in der Pelztierzüchtung nicht vorliegen. Marlene Wartenberg ist die Geschäftsführerin von "Vier Pfoten":

    "Die Tiere zeigen ganz klare Verhaltensstörungen. Daran kann man ablesen, dass sie nicht annähernd artgerecht gehalten werden. Nerze sind beispielsweise Ufertiere, sie müssen schwimmen, sie wollen scharen, sie haben einen Aktionsradius, der in der freien Wildbahn um ein millionenfaches größer ist. Die Nerze verstümmeln sich unter anderen in der Käfighaltung auch selbst, dann gibt es andere Verhaltungsweisen – sie machen dauernd die gleichen untypischen Bewegungen. Also ethnologisch kann man ganz klar sagen und auch definieren, welche Verhaltensstörungen bei den Tieren vorliegen. "

    Allerdings ist die Branche in Deutschland relativ klein. So gibt es nur noch rund 30 Pelztierfarmen hierzulande, die laut Angaben der Tierschützer, zirka 300.000 Nerzfälle im Jahr produzieren lassen.

    Aber nach ein paar Jahren, in denen das Tragen von Nerzen gesellschaftlich durchaus verpönt war, erleben diese Modeartikel nun auch wieder eine Renaissance – viele Modedesigner haben Nerze wieder in den Katalogen. Die Verordnung, die viele Verbesserungen für die Tiere bringt, geht in die richtige Richtung sagen die Tierschützer, aber wenn schon kein Verbot komme, dann hätte man zumindest einiges verschärfen können. Thomas Pietsch:

    "Und wenn man eine Verordnung hat, die die Tierhaltung regelt, dann hätte man schon auch noch weiter gehen können. Es gibt ja auch verschiedene Erlasse in den Bundesländern, die haben deutlich strengere Anforderungen. Und die hätten wir in dieser Frage lieber als gesetzliche Grundlage gesehen. Nichts desto trotz: Die auf den Weg gebrachten Anorderungen in der Verordnung werden wohl die Pelztierhaltung in Deutschland unrentabel machen. Dieser Betriebszweig wird wohl über kurz oder lang aussterben. Wir machen uns aber innerhalb des aktuellen Verfahrens für eine Verkürzung der Übergangsfristen stark. Die betragen bis zu zehn Jahren – aus unserer Sicht viel zu lang. "

    Kritik also daran, dass Deutschland hier keine Vorreiter-Rolle, beispielsweise auf europäischer Ebene, spielen will. Und Geschäftsführerin Marlene Wartenberg nennt positive Beispiele aus anderen Ländern:

    "Wir haben in Österreich seit Januar ein neues Bundesgesetz – es ist ein klares Verbot. Da haben wir sehr neidisch in die Nachbarschaft geschaut. Ebenso gibt es in Großbritannien ein Verbot. Wir haben auch etwas weichere Verbote, aber wirtschaftlich wirksame Verbote, in Italien und in der Schweiz. "

    Die Verordnung für einen besseren Pelztierschutz muss auch noch durch den Bundesrat. Allerdings sieht es hier so aus, dass dort die CDU/CSU als Mehrheit wohl lieber eine Vertagung bei der Verabschiedung sehen würde. In den September hinein – und das heißt dann wohl, dass in dieser Legislaturperiode wohl kein Fortschritt mehr erreicht würde.