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Tintenfisch-Enzym baut Giftgas ab

Chemie. - Die Abwehr von chemischen Kampfstoffen ist ein schwieriges Geschäft. Die Bundeswehr setzt zur Entgiftung von Fahrzeugen, Ausrüstungen und Einrichtungen Chlorverbindungen ein, die aber ebenfalls nicht unschädlich sind. Forscher der Universität Frankfurt haben jetzt ein Tintenfisch-Enzym isoliert, das eine ganze Reihe chemischer Kampfstoffe abbaut.

    Beim Giftgasanschlag auf die Tokioter U-Bahn kam 1995 das Nervengas Sarin zum Einsatz. Außer einfache Vorkehrungen zu treffen, die das Einatmen des Giftes verhindern sollten, konnten die Behörden wenig gegen den Stoff unternehmen. Sarin gehört zu Gruppe der Phosphorsäure-Ester, ebenso wie die Substanzen DFP, Soman, Cyclosarin oder Tabun. Ein Enzym des Tintenfischs könnte eine wirksame Befreiung sicherstellen. "Tintenfische können etwa die dreißigfache Dosis aushalten, ohne dass sie eingehen, und das hat uns auf die Idee gebracht, dass diese Tintenfische die Gifte mit einem entsprechenden Protein oder Enzym entsorgen", erklärt Professor Heinz Rüterjans vom Institut für Biophysikalische Chemie.

    Die Wissenschaftler tauften das Enzym DFPase, es kann aus den Kopfganglien des Kopffüßers gewonnen werden. Sein eigentlicher Zweck im Stoffwechsel des Tintenfischs ist unklar, sind Sarin und seine Verwandten doch keine in der Natur vorkommenden Stoffe. Immerhin wissen die Forscher mittlerweile, dass die DFPase wie ein winziger Propeller aussieht. Zwei Calcium-Atome bilden die Achse, um die sich Aminosäuren in Schlangenlinien wie die Rotorblätter anordnen. Diese ungewöhnliche Struktur sorgt dafür, dass die Kampfstoff-Moleküle abgebaut werden. "Die Seitengruppen können die polaren Bindungen dieser Gifte verstärken. Das Enzym spaltet also einen Teil des Giftes ab und bindet ihn an Wasser", erklärt Rüterjans. Inzwischen haben die Forscher das Gen für das Enzym isoliert und in Hefezellen eingeschleust.

    Das so produzierte Protein könnte zum Beispiel in einem Schaum eingesetzt werden, der auf Giftpfützen aufgesprüht wird. Wenn das Gift verdampft, muss es den Schaum passieren und wird durch das Enzym abgebaut. Sogar in Autolack oder in Filter für Trinkwasser könnte das Enzym eingebaut werden.

    [Quelle: Andrea Vogel]