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Bewerbungsgespräch via Video

Bei Bewerbungsgesprächen gibt es Standardfragen, auf die man sich gut vorbereiten kann. Doch worauf sollte man achten, wenn ein Unternehmen zu einem Videointerview einlädt?

Von Afanasia Zwick | 23.11.2015
    "Test your microphone!- Ok, ich sehe den Pegel- Can you see yourself?- Ja. Ich bin in der Mitte des Bildes. Also: start recording, 3,2,1."
    Ich stehe in meinem Schlafzimmer vor einer weißen Wand. Hinter mir, etwa hüfthoch, steht eine Kommode. Auf ihr habe ich alle Adidas-Schuhboxen aufeinandergestapelt, die ich habe. Drei Stück, knallig blau, mit je drei Streifen drauf. Vor mir steht ein aufgeklappter Laptop. Die Webcam ist an und eine Personalerin der Firma Adidas erklärt mir, wie das Videointerview gleich abläuft:
    "Man kann keine Frage wiederholen. Sei einfach Du selbst!"
    Im Videointerview, das pro Semester circa 1.000 Bewerber für ein duales Studium bei Adidas durchlaufen, geht es vor allem um eins: persönliche Geschichten, sagt Kristina Schulte. Sie wertet die aufgezeichneten Videointerviews aus:
    "Die Motivation ist für uns einfach ausschlaggebend, und da haben wir schon die schönsten Geschichten gehört: über den ersten Schuh, den man im Kindesalter bekommen hatte, der einen dann zu Erfolgen getragen hat in seinem Sport, den man aktuell macht. Da gibt's sehr viel persönliche Noten, die es für uns dann auch spannend machen, den Leuten zuzuhören."
    Standardantworten vermeiden
    Also: Auf Standardfragen bloß keine Standardantworten geben. Am besten in jede Antwort eine kleine persönliche Anekdote einflechten.
    "Mit welchen drei Eigenschaften würden deine Freunde Dich beschreiben?"
    "Engagiert. Zum Beispiel letztens kam ein Freund und hat mir gesagt, ich arbeite in einer Bäckerei, und was für einen Umsatz die eigentlich machen ..."
    "What's your favourite Adidas-product anf why?"
    Ups! Da hab ich in meinem Redefluss die Zeit vergessen. Maximal drei Minuten hat man pro Frage. Wie viele Sekunden noch bleiben, sieht der Bewerber in einem Extrakästchen eingeblendet auf dem Bildschirm. Bewerbungstrainer Jürgen Hesse von der bundesweiten Karriereagentur Hesse/Schrader erklärt, wie man mit der Videobewerbung überzeugt:
    "Wenn Sie wissen wollen, wie Leute das vor allen Dingen gut machen, dann brauchen Sie ja nur die Tagesthemen anzuschauen, wenn da Politiker im Studio zugeschaltet werden, dann sehen Sie, ob so ein Politiker glaubwürdig ist oder ob er anfängt, wirr umherzuschauen, zu stottern."
    Wichtig also: Immer gezielt in die Kamera schauen. Die Augen nicht suchend hin- und herbewegen - das wirke unsicher, sagt Jürgen Hesse. Bewirbt man sich per Skype, das heißt der Chef oder Personaler ist einem direkt zugeschaltet, gelte außerdem: Small Talk nicht vergessen!
    "Wenn wir hier ein Gespräch zwischen Berlin und Frankfurt haben, dann kann ich Sie auch mal fragen, schneit es bei Ihnen? Fakt ist: Sie werden ja neben dem, was Sie sagen auch dahingehend beurteilt, welchen Eindruck vermitteln Sie? Das heißt das, was das Foto bei der schriftlichen Bewerbung ist, ist jetzt hier Ihr Auftritt."
    Kompetenz und Vertrauen ausstrahlen
    Entscheidend also bei jeder Bewerbung: Kompetenz und Vertrauen ausstrahlen. Ob man diese Fähigkeiten nun per Skype oder im persönlichen Gespräch zeigt, spielt für viele Studierende der Frankfurter Goethe-Universität keine Rolle. Sie sehen im Videointerview mehr Vor- als Nachteile:
    "Man bewirbt sich ja mittlerweile überall in der Welt, deswegen ist es praktisch. Bei der großen Anzahl an Studenten, und diesem gewaltigen Konkurrenzverhalten, kann eine Firma nicht jeden einzelnen Bewerber persönlich kennenlernen. Also, das ist effizienter. So ein Bewerbungsvideo, wo die dann auch was Kreatives von mir wollen, dann finde ich es eigentlich eine ganz schöne Idee. Wenn es dann auf der Basis ist, dass beide sich sehen können, dann ist das auch für mich eine gute Möglichkeit, wenn ich dann sehe: Den Menschen finde ich komplett unsympathisch, sodass ich dann auch sagen kann: Nee, will ich selbst nicht."
    Fazit: Wer ein bisschen technikaffin ist und auf übliche Bewerbungsfragen gut vorbereitet ist, der kann mit einem Videointerview punkten. Auch ich wäre bei Adidas eine Runde weiter - und das trotz Patzer, sagt die Personalerin:
    "Was leider nicht ganz so gut war, war dass Sie die Frage, die in Englisch gestellt worden ist, nicht auf Englisch beantwortet haben, sondern auf deutsch."
    Abschließender Tipp: Pannen wie schlechte Beleuchtung schiefe Bilder an der Wand vermeiden. Passiert so etwas im Bewerbungsvideo trotzdem - einfach charmant drauf reagieren, raten die Experten.