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Titan aus Xinjian

Paläontologie. - China gilt derzeit als Eldorado für Paläontologen. Dies ist auch der Grund, weshalb die deutsche Paläontologische Gesellschaft ihre Jahrestagung 2013 gemeinsam mit der Palaeontologial Society of China veranstaltet. Die chinesischen Forscher erfüllten auch sogleich die an sie gerichteten Erwartungen und präsentierten in Göttingen unter anderem einen spektakulären Fund.

Von Michael Stang | 27.09.2013
    "It's the largest one ever found in Middle Jurassic of Asia."

    Es sei der größte Dinosaurier aus dem Mittleren Jura, der je in Asien entdeckt wurde, sagt Wu Wenhao mit nüchterner Gelassenheit, obgleich der chinesische Paläontologe um die Einzigartigkeit dieses Fundes im Wüstengebiet der nordwestlichen Provinz Xinjiang weiß.

    "Dabei handelt es sich um einen riesigen Dinosaurier. Der Oberschenkelknochen allein misst mehr als anderthalb Meter. Wir vermuten, dass das Tier zu Lebzeiten rund 30 Meter lang war. Seine Überreste befinden sich noch vor Ort im Felsen und die Ausgrabungen dort sind noch nicht abgeschlossen."

    Der Fels, in dem die Knochen erhalten sind, ragt wie eine Kuppe aus dem Sand. Obwohl schon 2008 Paläontologen in den rund 170 Millionen Jahre alten Schichten auf diese versteinerten Überreste stießen, konnte der Forscher von der Jilin Universität erst vergangenes Jahr die Knochen mit seinem Team freilegen.

    "Bislang haben wir einige Rippen entdeckt, die zum Teil zwei Meter lang sind, das ist wirklich enorm. Dann haben wir zahlreiche Wirbel aus dem oberen und unteren Rückenbereich herauspräpariert; aber das ist mühsam und es wird uns noch viel Zeit kosten, wirklich alles freizulegen. Freigelegt haben wir neben dem linken Oberschenkelknochen noch das linke Schienbein, zudem aus dem Beckenbereich beide Schambeine und das linke Sitzbein."

    Bislang konnten Wu und seine Kollegen nur den Rumpf des Tieres herauspräparieren. Ob sich in dem Felsen auch noch Vorderbeine, Schwanz und Schädel befinden, sollen die Ausgrabungen zeigen, die in vier Wochen beginnen.

    "Wir sind uns ziemlich sicher, dass der Schwanz noch vorhanden ist, denn die Felsformation verläuft vertikal, geht also direkt nach unten in den Boden. Daher hoffen wir, dass der Schwanz dort noch vollständig im Gestein erhalten ist. Schwieriger wird es beim Hals und Schädel. Diese Seite ist stark erodiert. Daher sind wir uns nicht sicher, was davon noch erhalten ist. Nichtsdestotrotz ist das ein sehr seltener Fund und vom diesem Skelett haben wie mehr Knochen gefunden, als von jedem anderen dieser Dinosaurier."

    Obwohl dieser Dinosaurier noch nicht vollständig freigelegt ist, reichen die bisherigen Erkenntnisse, um ihn als neue Art zu klassifizieren: Xinjiangtitan shashaensis so der Name der Riesenechse, die den bisherigen asiatischen Rekordhalter Mamenchisaurus mit seinen maximal 22 Metern Körperlänge um einiges übertrifft. Zwar gebe es viele Ähnlichkeiten mit diesem Dinosaurier, die Unterschiede rechtfertigen es jedoch, die Knochen einer neuen Art zuzuordnen, versichert Wu. Bei der wissenschaftliche Beschreibung, die diese Woche in dem chinesischen Fachblatt "Global Geology" veröffentlicht wurde, habe es Druck seitens der lokalen Behörden gegeben, mit der Publikation nicht lange zu warten. Denn nur mit der Veröffentlichung hat der Fund einen Namen und lässt sich vermarkten, auch wenn die wissenschaftlichen Arbeiten noch nicht abgeschlossen, die freigelegten Knochen der Erosion freigesetzt und noch nicht fachgerecht gesichert sind.
    "Wir haben das Skelett dort vor Ort im Felsen belassen, denn die lokale Regierung möchte dort einen Dinosaurierpark bauen. Die Fossilien sollen an Ort und Stelle bleiben, damit Touristen dorthin kommen und sich das alle anschauen können. Vielleicht kurbelt das ja dort die Wirtschaft an."

    Für die internationale Fachwelt soll es in einigen Wochen auch eine englische Übersetzung des Artikels geben. Doch dies scheint die lokalen Behörden weniger zu interessieren. Wichtig ist das Geschäft – und dies könnte tatsächlich bald gut laufen. Denn direkt hinter dem Saurier haben die Forscher auch Zähne entdeckt. Ob sie zum selben Individuum gehören sei noch nicht klar. Ebenso haben sie einige Kilometer von der Fundstelle entfernt die Überreste eines zweiten riesigen Dinosauriers entdeckt, der möglicherweise zur selben Spezies gehört. Es dürfte also nicht überraschen, wenn es dort bald noch weitere Funde gibt.