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Titanic Belfast

Der Untergang der Titanic jährt sich zum hundertsten Mal, und überall auf der Welt wird der Katastrophe gedacht – aber auch Kapital aus ihr geschlagen. Das gigantischste Projekt kann das nordirische Belfast vorweisen. Hier wurde die Titanic vor 101 Jahren gebaut.

Von Antje Deistler |
    "Das Gebäude von außen, das Design ist schon ein Wow-Effekt, bevor man überhaupt drin ist. Es wird mit Sicherheit dieselbe Wirkung haben wie das Guggenheim Museum in Bilbao: Es verändert das Gesicht von Belfast."

    Tim Husbands ist der Geschäftsführer von Titanic Belfast und er ist selbst begeistert. Das Gebäude steht an genau der Stelle, an der das damals größte Schiff der Welt gebaut wurde, auf der Werft Harland and Wolff im Belfaster Hafen. Es sieht aus wie vier auseinanderstrebende Schiffsrümpfe und ist mit exakt 38,5 Metern genauso hoch wie der Bug der Titanic vom Kiel bis zum Oberdeck. Eingekleidet in eine blendend silbern schimmernde Aluminiumhülle erinnert die Architektur von Eric Kuhne auch an den Eisberg, der dem Dampfer bereits am fünften Tag seiner Jungfernfahrt zum Verhängnis wurde.

    Einer der Höhepunkte: Die Fahrt in einer Gondel am Schiffsrumpf entlang, den Hunderte von Akkordarbeitern mit glühenden Nieten zusammenfügten. Belfast war stolz auf diese Ingenieursleistung, auch das macht die Ausstellung spürbar. Bis zum Untergang des Schiffs kurze Zeit später. Tim Husbands:

    "100 Jahre - so lange hat es gedauert, bis Belfast mit sich ins Reine gekommen ist, was die Tragödie angeht. Hier herrschte so lange so viel Scham und Trauer. Wir hatten das Gefühl, irgendwie schuldig zu sein. Bis wir begriffen, dass der Untergang der Titanic eine Katastrophe war, aber die Titanic selbst war das nicht, sie war ein Meisterwerk. Das wollen wir feiern, aber gleichzeitig der Katastrophe gedenken."

    Dieser Balanceakt gelingt. Am Ende steht man auf einer fast turnhallengroßen Plexiglasfläche, um von oben auf das Wrack im Nordatlantik herunterzusehen. Eine Illusion, aus Tausenden von Einzelfotografien zusammengesetzt - modernste 3D-Technik macht sie möglich. Die ersten Besucher sind enthusiastisch.

    " Überwältigend! Eine großartige Sache für Belfast. Unglaublich gut zusammengestellt. Es hat nichts Billiges, Vordergründiges, sondern erzählt die Geschichte voller Respekt."

    "Als ich hier aufwuchs, war das hier eine Müllkippe, ein riesiger Schrottplatz, total heruntergekommen. Es ist wunderbar, die Wiederbelebung zu sehen."


    Es gibt einige Parallelen zu den Baujahren der Titanic, in der Stadt herrscht heute eine ähnliche Aufbruchstimmung. Damals kamen Tausende von Menschen, als 'ihr' Schiff zu Wasser gelassen wurde. Heute sind die Belfaster zur Eröffnung der neuen Titanic Belfast wieder dabei, quer durch alle Bevölkerungsschichten der ehemals vom Bürgerkrieg zerrissenen Stadt. Denn Titanic Belfast gibt nur den Startschuss zu einem gigantischen Städtebauprojekt. Rund um den markanten Bau entsteht das sogenannte Titanic Quarter. Ein ganzer Stadtteil mit Konzerthalle, Wissenschaftszentrum, Schulen und Ausgehmöglichkeiten. Ein nordirisches Wiedervereinigungsprojekt. Es wird sich, darauf vertraut Geschäftsführer Tim Husbands, länger als die Titanic über Wasser halten.

    "Wir gewinnen das Vertrauen in uns selbst zurück, wir haben einen 15-jährigen sehr erfolgreichen Friedensprozess hinter uns, wir bauen eine Stadt wieder auf, das Titanic Quarter ist ein wichtiger Teil davon. Es ist Teil der Vision einer neuen Gemeinschaft, die in den nächsten 25 Jahren entstehen soll."

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