Dienstag, 23. April 2024

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"Titanic"-Magazin
"Dass man komplett abgeschaltet werden kann, ist etwas Neues"

Twitter hat den Account der Satirezeitschrift "Titanic" gesperrt und zwei Einträge gelöscht. Chefredakteur Tim Wolff sieht diesen Schritt als direkte Reaktion auf das Netzwerkdurchsetzungsgesetz - und als Problem über die "Titanic" hinaus.

Tim Wolff im Gespräch mit Christoph Sterz | 03.01.2018
    Tim Wolff, Chefredakteur der Satire-Zeitschrift "Titanic", sitzt am 08.01.2015 in Frankfurt am Main (Hessen) in seinem Büro in der Redaktion. Humor ist nach den Terroranschlägen in Paris nach Ansicht der "Titanic" wichtiger denn je. "Je ernster die Lage, desto wichtiger der Humor", erklärte Wolff am gleichen Tag auf der Internetseite des Magazins.
    Tim Wolff, der Chefredakteur der Satire-Zeitschrift "Titanic", will die beanstandeten Tweets nicht löschen (dpa / Frank Rumpenhorst)
    Der Kurznachrichtendienst Twitter hat den Account des Satiremagazins "Titanic" gesperrt. Nach Ansicht des "Titanic"-Chefredakteurs Tim Wolff steht dieses Vorgehen im Zusammenhang mit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz. Das Gesetz war am 1. Januar in Kraft getreten und zwingt Twitter und andere Anbieter, "offensichtlich strafbare" Inhalte innerhalb von 24 Stunden zu löschen.
    Die "Titanic"-Redaktion hatte auf Twitter die AfD-Bundestagsabgeordnete Beatrix von Storch parodiert, nachdem diese in einem Tweet über "muslimische Männerhorden" geschrieben hatte. Nachdem "Titanic" vermeintlich im Namen der Politikerin erneut über "Barbarenhorden" twitterte, reagierte das US-Unternehmen offenbar.
    "Titanic" will Nachrichten nicht löschen
    "Zwei Tweets wurden am 2. Januar 2018 von Twitter beanstandet und der Zugriff auf das Konto war gesperrt: Es sei denn, wir löschen einen unserer Tweets. Das werden wir nicht tun", sagte Wolff im Gespräch bei @mediasres. Im vergangenen Jahr habe es keine Probleme mit satirischen Tweets gegeben. Es habe keine Reaktionen und auch keine Löschungen gegeben.
    Die Tweets seiner Redaktion seien klar als Satire erkennbar gewesen, sagte Wolff. Dass Twitter eingegriffen habe, sei ein "allgemeines Problem, weil diese Plattformen natürlich eine Macht auf sich konzentrieren, die es bei Print und Funk in der Form vorher nicht gab," so Wolff. "Dass man komplett abgeschaltet werden kann, ist etwas Neues."
    Twitter habe nach der Sperrung keine direkten Kontakt mit "Titanic" gesucht. Das sei ärgerlich, da die Redaktion so an ihrer Arbeit gehindert werde.
    "Dass es nur zwei Tage gedauert hat, bis so was Simples wie Parodie mit Ernstgemeintem verwechselt wird, das überrascht uns auch ein wenig", sagte Wolff.