Man braucht es gar nicht so genau zu wissen. Viel interessanter als Frau Doktors verwickelte Familienbande, als falsche Alibis und richtige Lügen sind nämlich Fragen wie: Zu was für romantischen Tiefsinnigkeiten wird die Nacht mit Hedwig im gemeinsamen Elsässer Wochenendhaus Hunkeler diesmal verführen? Wie lange wird der klapprige Stuhl noch friedlich vor sich hin quietschen, den Hunkeler von zuhause ins verhasst neue Büro geschleppt hat? Und welche Farbe wird Staatsanwalt Suters Gesicht annehemen, wenn Hunkeler wieder mal eine halbe Stunde zu spät zum Rapport erscheint und sich mit Würstchen und Kartoffelsalat entschuldigt, die er zwecks Anregung der Denktätigkeit haben verspeisen müssen? Was zählt, ist Hunkelers "So muss man¹s machen, aber anders geht¹s auch³-Methode, es sind seine stillen Alltagsaufstände und die Details. Sie schaffen Atmosphäre, auf Äckschen verzichtet man gern. Ihretwegen verzeiht man dem Autor den reichlich konstruierten Plot. Ihretwegen verlangt man nicht nach plausiblen Erklärungen, sondern glaubt blind an Hunkelers phänomenalen Instinkt. Und beinahe würde man ihretwegen auch stilistische Patzer übersehen nur beinahe, weil holprige Dialoge und die auffällig häufige, meistens so unnötige wie unpassende Verwendung des Terminus "Arschloch³, weil Wiederholungen von Blasen-Sätzen wie "Da klingelte das Telefon, er hob ab³ auf Dauer halt doch etwas stören.
Tod einer Ärztin ist kein Krimi, den man lesen muss. Aber einer den, man lesen kann, ohne es zu bereuen, zumal sich Stärken und Schwächen darin ungefähr die Waage halten. Man erfährt eine Menge über Gartenwirtschaften in Basel und Sonnenuntergänge im Elsass. Doch vor allem: Eine Figur wie Kommissär Hunkeler erinnert einen daran, wie befriedigend und unspektakulär subversives Benehmen manchmal ist. In den Rhein zu hüpften, anstatt mit einem Vorgesetzten herumzustreiten beispielsweise. Oder Löcher in die Luft zu gucken, anstatt Computersysteme zu studieren. Rebellionen finden nur noch in privatem Rahmen in Kriminalromanen statt. Sie verdienen Unterstützung.