Dabei fanden sie heraus, dass in den vergangenen zehn Jahren 238 behinderte Kinder in der Obhut des Staates qualvoll gestorben sind: Verhungert, misshandelt, vernachlässigt.
Nun ist endlich auch die Staatsanwaltschaft aktiv geworden. 180 Ermittlungsverfahren wurden mittlerweile eröffnet. Und die Justiz will mit den Menschenrechtsorganisationen eng zusammenarbeiten. Darum trifft sich die stellvertretende Generalstaatsanwältin Galina Toneva nun regelmäßig mit dem Helsinki-Komitee. Doch die Staatsanwältin weiß, dass die Aufarbeitung dieses Skandals nicht nur eine juristische Seite hat:
"Es geht auch darum, die Einstellung gegenüber behinderten Kindern zu ändern. Es sind doch die schwächsten, schutzlosesten Mitglieder der Gesellschaft! Dafür müssen wir alle - Staat und Zivilgesellschaft vor allem - zusammenarbeiten."
Erstmals reagieren die Behörden damit auf die doch eigentlich lange bekannten Zustände in den Behinderteneinrichtungen. Als Margarita Eliva nach einer Stunde den Justizpalast wieder verlässt, zeigt sie sich dennoch zuversichtlich:
"Die Täter in diesen Heimen konnten sich bislang ihrer Straffreiheit sicher sein. Aber jetzt zeigt die Staatsanwaltschaft ihre Entschlossenheit, dass sie es nicht länger hinnehmen will, wenn Kinder allein deshalb zu Opfern werden, weil sie behindert sind."
Das Kinderheim Hoffnung im Dorf Tarnava, 150 Kilometer nordöstlich von Sofia. Weit ab von der nächsten Kreisstadt werden hier 20 geistig behinderte Kinder betreut. Einige von ihnen können die Dorfschule besuchen. Ansonsten müssen sich auch die Älteren unter ihnen mit wenig zufriedengeben. Ein 14-jähriger Autist sitzt teilnahmslos vor ein paar Bauklötzen. Dabei gehört dieses Heim noch zu besseren.
Die Mädchen und Jungen wurden gleich nach ihrer Geburt von den Eltern weggegeben. Das war bereits im Kommunismus so, sagt Heimleiter Krassimir Petkov. Auch sonst habe sich seit dem Beitritt seines Landes zur EU nicht viel geändert, beklagt der Direktor mit vorsichtigen Worten:
"Wir sind eines der kleinsten Heime in Bulgarien. Andere müssen 150 Kinder betreuen - bei gleichem Platz und kaum mehr Geld. Wer kann da den einzelnen Kindern noch gerecht werden? Ich wünsche mir, dass die Heime aufgelöst werden und die Kinder in kleine, betreute Wohngemeinschaften kommen."
Die Kinder haben ihre nachmittägliche Freistunde im Garten des Heims. Beschäftigen können sie sich dort mit ein paar Bällen und einem rostigen Karussell. Heimleiter Petkov hofft, dass sich das Ausland nun, nach dem Skandal, mehr für das Schicksal der bulgarischen Heimkinder interessieren wird:
"Eine Verbesserung unserer finanziellen Lage kann nur mit Hilfe von privaten Sozialorganisationen und Stiftungen vor allem aus dem Ausland gelingen. Auf den bulgarischen Staat setze ich wenig Hoffnung."
Zurück nach Sofia, in das Hinterhofbüro des Helsinki-Komitees. Wochenlang haben die Aktivisten versucht Kontakt zu den leiblichen Eltern der getöteten Kinder aufzunehmen. Vergeblich. Auch Ärzte und Pfleger hätten dem Sterben der Kinder zugeschaut. Margarita Elieva ist über die Gleichgültigkeit schockiert:
"In diesem Augenblick drohen 103 behinderte Kinder, deren Namen und Aufenthaltsorte wir kennen, an Unterernährung zu sterben - vielleicht schon heute, oder morgen oder übermorgen. Das muss aufhören - und zwar sofort."
Nun ist endlich auch die Staatsanwaltschaft aktiv geworden. 180 Ermittlungsverfahren wurden mittlerweile eröffnet. Und die Justiz will mit den Menschenrechtsorganisationen eng zusammenarbeiten. Darum trifft sich die stellvertretende Generalstaatsanwältin Galina Toneva nun regelmäßig mit dem Helsinki-Komitee. Doch die Staatsanwältin weiß, dass die Aufarbeitung dieses Skandals nicht nur eine juristische Seite hat:
"Es geht auch darum, die Einstellung gegenüber behinderten Kindern zu ändern. Es sind doch die schwächsten, schutzlosesten Mitglieder der Gesellschaft! Dafür müssen wir alle - Staat und Zivilgesellschaft vor allem - zusammenarbeiten."
Erstmals reagieren die Behörden damit auf die doch eigentlich lange bekannten Zustände in den Behinderteneinrichtungen. Als Margarita Eliva nach einer Stunde den Justizpalast wieder verlässt, zeigt sie sich dennoch zuversichtlich:
"Die Täter in diesen Heimen konnten sich bislang ihrer Straffreiheit sicher sein. Aber jetzt zeigt die Staatsanwaltschaft ihre Entschlossenheit, dass sie es nicht länger hinnehmen will, wenn Kinder allein deshalb zu Opfern werden, weil sie behindert sind."
Das Kinderheim Hoffnung im Dorf Tarnava, 150 Kilometer nordöstlich von Sofia. Weit ab von der nächsten Kreisstadt werden hier 20 geistig behinderte Kinder betreut. Einige von ihnen können die Dorfschule besuchen. Ansonsten müssen sich auch die Älteren unter ihnen mit wenig zufriedengeben. Ein 14-jähriger Autist sitzt teilnahmslos vor ein paar Bauklötzen. Dabei gehört dieses Heim noch zu besseren.
Die Mädchen und Jungen wurden gleich nach ihrer Geburt von den Eltern weggegeben. Das war bereits im Kommunismus so, sagt Heimleiter Krassimir Petkov. Auch sonst habe sich seit dem Beitritt seines Landes zur EU nicht viel geändert, beklagt der Direktor mit vorsichtigen Worten:
"Wir sind eines der kleinsten Heime in Bulgarien. Andere müssen 150 Kinder betreuen - bei gleichem Platz und kaum mehr Geld. Wer kann da den einzelnen Kindern noch gerecht werden? Ich wünsche mir, dass die Heime aufgelöst werden und die Kinder in kleine, betreute Wohngemeinschaften kommen."
Die Kinder haben ihre nachmittägliche Freistunde im Garten des Heims. Beschäftigen können sie sich dort mit ein paar Bällen und einem rostigen Karussell. Heimleiter Petkov hofft, dass sich das Ausland nun, nach dem Skandal, mehr für das Schicksal der bulgarischen Heimkinder interessieren wird:
"Eine Verbesserung unserer finanziellen Lage kann nur mit Hilfe von privaten Sozialorganisationen und Stiftungen vor allem aus dem Ausland gelingen. Auf den bulgarischen Staat setze ich wenig Hoffnung."
Zurück nach Sofia, in das Hinterhofbüro des Helsinki-Komitees. Wochenlang haben die Aktivisten versucht Kontakt zu den leiblichen Eltern der getöteten Kinder aufzunehmen. Vergeblich. Auch Ärzte und Pfleger hätten dem Sterben der Kinder zugeschaut. Margarita Elieva ist über die Gleichgültigkeit schockiert:
"In diesem Augenblick drohen 103 behinderte Kinder, deren Namen und Aufenthaltsorte wir kennen, an Unterernährung zu sterben - vielleicht schon heute, oder morgen oder übermorgen. Das muss aufhören - und zwar sofort."