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Tod von Jürgen Dietz
Der Bote vom Bundestag kommt nicht mehr

Trauer in Mainz: Der weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannte Büttenredner Jürgen Dietz ist tot. Bekannt wurde er vor allem durch seine Figur "Der Bote vom Bundestag" in der Fernsehsendung "Mainz bleibt Mainz". Das Urgestein der Mainzer Fastnacht wurde 73 Jahre alt.

Von Ludger Fittkau | 08.02.2015
    "Holde Narrenschar, viele von ihnen sind seit vielen Jahren treue Zuschauer der Sendung 'Mainz bleibt Mainz, wie es singt und lacht'. Und wenn sie nun das Stichwort 'politische Fassnacht' hören, dann wissen sie auch, wer nun die Bühne betritt: Meine Damen und Herren, holde Narrenschar: Freuen wir uns auf den Boten vom Bundestag!"
    Nein, der Bote vom Bundestag betritt nicht mehr die Bühne der Mainzer Fastnacht. Jürgen Dietz starb gestern Nachmittag im Alter von 73 Jahren an einer schweren Tumorkrankheit. Der Schock in Mainz ist groß. "Auch wenn wir wussten, dass Jürgen Dietz sehr krank war, haben wir alle gehofft, dass er bald wieder unter uns sein kann." So etwa Malu Dreyer, die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin, heute in einer Pressemitteilung. Wie viele andere Politiker war sie vor einem Jahr dabei, als Jürgen Dietz zum letztem mal bei "Mainz bleibt Mainz" im Fernsehen auftrat.
    "Auch Seehofer kennt nur zwei Meinungen - seine und die Falsche."
    "Es sollen ja immer noch in den bayerischen Wahlkabinen die Bleistifte an so kurzen Schnüren hängen, dass man nur im oberen Kreis sein Kreuz machen kann."
    "Wollen wir uns einen schönen Abend machen oder sind sie auch in der FDP?"
    Die Fastnacht, so heißt es heute in den Reaktionen aus Mainz, verliere mit Jürgen Dietz "einen Grandseigneur" oder ein "Urgestein", das schon in jungen Jahren in der Bütt aufgetreten ist - als Freiheitsstatue, Simplicissimus und Jakob Fugger. Den "Boten aus dem Bundestag", seine bekannteste Karnevalsfigur, hat Dietz vor Jahrzehnten bei einem ganz realen Besuch im damaligen Deutschen Bundestag in Bonn entdeckt. Dort war ihm der Diener im schwarzen Frack und in weißen vornehmen Handschuhen aufgefallen. Mehr als 30 Jahre prägte Jürgen Dietz die politisch-literarische Fastnacht in Mainz. Auch in Zeiten, als es wirtschaftlich nicht so gut lief wie heute:
    "Entschuldigen sie bitte, dass ich etwas später kam, ich kam nicht rein. Der Aufschwung stand vor der Tür."
    Oder als noch Parteien ganz vorne auf der politischen Bühne agierten, die heute fast vergessen sind:
    "Wollen wir uns einen schönen Abend machen oder sind sie auch in der FDP?"
    Gerne kriegten auch die direkten Nachbarn auf der anderen Rheinseite ihr Fett weg. Vor einem Jahr etwa, als sich in Hessen die erste schwarz-grüne Koalition in einem Flächenland bildete:
    "In Hessen haben sie gewählt, wie sie Autofahren - Mitte links."
    "Komisch, in Wiesbaden hieß es doch immer: Lieber ein Haus im Grünen, als 'nen Grünen im Haus."
    Jürgen Dietz betrieb im Alltag Unternehmen für medizintechnische Geräte in Mainz und Erfurt. Vielleicht auch deshalb spießte er gerne Missstände im Gesundheitssystem auf:
    "Denn Krankenhäuser sind pleite. Müssen aber auch mehr werben! Drei Blinddarm-OPs zum Preis von einer."
    Der Medizinbetrieb konnte dem prominenten Mainzer Fastnachter am Ende nicht mehr helfen. Jürgen Dietz ist tot und die Mainzer Narren sind kurz vor dem Höhepunkt des Saalkarnevals nicht fröhlich, sondern tief traurig.