Donnerstag, 25. April 2024

Archiv

Tod von Mullah Omar
Auswirkung auf Friedensprozess unklar

Nach der Bekanntgabe des Tods von Talibanführer Mullah Omar herrscht vor allem eines: Ungewissheit. Experten befürchten, dass sich die Islamisten nun in mehrere Fraktionen spalten. Einen Friedensprozess in Afghanistan würde das noch schwerer machen, als er ohnehin schon ist.

Von Marcus Pindur | 30.07.2015
    Die Reaktion des Weißen Hauses ist verhalten. Die Berichte über den Tod von Mullah Omar seien der US-Regierung bekannt, man wolle keine Einzelheiten kommentieren, aber man halte sie für glaubwürdig, erklärte der stellvertretende Sprecher von Präsident Obama, Eric Schultz, in Washington. Die US-Geheimdienste würden den Informationen derzeit nachgehen.
    Experten halten es nicht für ausgeschlossen, dass diese Nachricht zu erneuten Reibungen zwischen der amerikanischen und der pakistanischen Regierung führen könnte. Der Taliban-Kenner und Buchautor Achmed Raschid meint, Mullah Omars Aufenthaltsort müsse den pakistanischen Behörden bekannt gewesen sein. "Es ist völlig ausgeschlossen, dass Anführer der Taliban in Pakistan gelebt haben, ohne dass das Militär oder der Militärgeheimdienst dies gewusst haben. Dass Mullah Omar insgeheim ein Krankenhaus in Karachi aufgesucht haben soll und dann dort starb, ohne dass dies irgendjemandem aufgefallen ist, ist abwegig."
    Der Sprecher des Weißen Hauses erklärte, man hoffe, dass die Gespräche zwischen der afghanischen Regierung und den Taliban weitergeführt würden und appelliert an die Taliban, das Blutvergießen einzustellen.
    Ob und welchen Einfluss dies auf die sogenannten Versöhnungsgespräche haben werde, sei noch nicht abzusehen, meint Achmed Raschid. Für die Taliban-Kämpfer sei die Nachricht von Mullah Omars Tod - mit zwei Jahren Verzögerung - wahrscheinlich zunächst demoralisierend. "Sie werden sich von der eigenen Führung betrogen fühlen. Wer jetzt der neue Anführer der Taliban wird, und ob dies von den Kämpfern an der Basis akzeptiert wird, das kann man jetzt noch nicht sagen."
    Der Abzugsplan der Obama-Administration beruhte unter anderem darauf, dass ein Versöhnungsprozess mit den Taliban in Gang kommen könne, der die Stabilisierung Afghanistans unterstützen werde. Sollten die Taliban jetzt in mehrere Fraktionen auseinanderfallen, dann könnte dies das Ende der ohnehin fragwürdigen Gespräche bedeuten. Kritiker des Abzugs haben immer wieder eingewandt, dass Obamas Afghanistan-Strategie überstürzt sei und auf unrealistischen Annahmen beruhe.