Mordkommission und Staatsanwaltschaft sind gebannt, der Tote gilt nicht als Opfer, sondern als sanft Dahingeschiedener, und um ganz sicher zu gehen, beantragt man als Angehöriger die Feuerbestattung. Selbst mit moderner Analysetechnik lässt sich aus einem Häufchen Asche schwerlich ein Mord rekonstruieren. Aber genau das hat so manchem "perfekten Mörder" das Genick gebrochen: Er wusste nicht, dass im Krematorium eine zweite Leichenschau stattfindet - von geschulten Amtsärzten, manchmal sogar von Gerichtsmedizinern, denn dem Staat ist wohlbewusst, dass bei der Einäscherung sämtliche übersehenen Beweise der oft flüchtigen ersten Leichenschau vernichtet werden. Weil man keine spätere Exhumierung ansetzen kann, gilt ein Generalverdacht für alle Toten, und so setzt der bauernschlaue Täter auf ein falsches Pferd.
Unfreiwillig dürfte dieser Aufklärungseffekt für potentielle Verwandtenmörder sein, den die beiden Journalisten Fred Sellin und Klaus Weber in ihrem reißerischen Report "Todesursache: natürlich" am Rande einfließen lassen: Finger weg von der Feuerbestattung! Aber er deckt sich mit einem Sachverhalt, der schon seit Jahrzehnten als Anekdote kursiert: Wenn neben jedem Grab, in dem ein unentdecktes Mordopfer liegt, ein Lichtlein brennen würde, wären unsere Friedhöfe taghell erleuchtet. Das sagte dereinst ein berühmter Pathologe, und der musste es ja wissen. Der perfekte Mord also, auf dessen Spuren die Kriminalbelletristik höchste Geistesleistungen vollbringt, ist krude und banal und gar nicht geistvoll: Es geht weder um perfekte Tarnung, noch um schwer nachweisbare Gifte oder den "Mord ohne Leiche", sondern lediglich darum, am Tatort einen unmotivierten, schlecht ausgebildeten oder schlicht übermüdeten Arzt zu haben, der seine gesetzliche Leichenschau-Aufgabe mit wenig Akribie ausführt. Über den Daumen gepeilt dürften das etwa achtzig Prozent der Fälle sein - wer nähme es einem Arzt auch übel, wenn er bei einem Achtzigjährigen nicht jede Körperöffnung inspiziert, sondern sich am räumlichen Umfeld orientiert? Ist dort alles geordnet, keine Spur von Gewaltanwendung zu sehen, wird der Tod natürlich eingetreten sein. Selbst auffällige Würgemale am Hals, die ein Laie entdecken könnte, werden bei älteren Menschen häufig übersehen.
Dies zumindest legt der Report der beiden Journalisten nahe, die gut ein Dutzend exemplarischer Morde aufrollen, in denen die Tat nur durch Zufall ans Tageslicht kam. Besonders tragisch im Falle eines bayrischen Serientäters, der trotz himmelsschreiender Verdachtsmomente immer wieder von den Totenschein ausstellenden Ärzten gerettet wurde - um wenige Monate später erneut zuzuschlagen. Hierin liegt auch der Grund, warum man nicht schulterzuckend weitermachen und auf das gesellschaftliche Restrisiko verweisen kann: Ist ein unaufgeklärter Mord schon moralisch unerträglich, so birgt er vor allem die Gefahr, dass der Täter lustig weitermacht. Ob Fred Sellin und Klaus Weber mit ihrem Report allerdings der Sache dienlich sind, mag man bezweifeln. Sie finden nie den richtigen Ton zwischen engagiertem Sachbuch und betroffenheitsgetränktem Illustriertenstil und wissen ganz offensichtlich nicht, für welche Leserschaft sie schreiben. So richtig will wahrscheinlich auch niemand ihre Botschaft hören.
Unfreiwillig dürfte dieser Aufklärungseffekt für potentielle Verwandtenmörder sein, den die beiden Journalisten Fred Sellin und Klaus Weber in ihrem reißerischen Report "Todesursache: natürlich" am Rande einfließen lassen: Finger weg von der Feuerbestattung! Aber er deckt sich mit einem Sachverhalt, der schon seit Jahrzehnten als Anekdote kursiert: Wenn neben jedem Grab, in dem ein unentdecktes Mordopfer liegt, ein Lichtlein brennen würde, wären unsere Friedhöfe taghell erleuchtet. Das sagte dereinst ein berühmter Pathologe, und der musste es ja wissen. Der perfekte Mord also, auf dessen Spuren die Kriminalbelletristik höchste Geistesleistungen vollbringt, ist krude und banal und gar nicht geistvoll: Es geht weder um perfekte Tarnung, noch um schwer nachweisbare Gifte oder den "Mord ohne Leiche", sondern lediglich darum, am Tatort einen unmotivierten, schlecht ausgebildeten oder schlicht übermüdeten Arzt zu haben, der seine gesetzliche Leichenschau-Aufgabe mit wenig Akribie ausführt. Über den Daumen gepeilt dürften das etwa achtzig Prozent der Fälle sein - wer nähme es einem Arzt auch übel, wenn er bei einem Achtzigjährigen nicht jede Körperöffnung inspiziert, sondern sich am räumlichen Umfeld orientiert? Ist dort alles geordnet, keine Spur von Gewaltanwendung zu sehen, wird der Tod natürlich eingetreten sein. Selbst auffällige Würgemale am Hals, die ein Laie entdecken könnte, werden bei älteren Menschen häufig übersehen.
Dies zumindest legt der Report der beiden Journalisten nahe, die gut ein Dutzend exemplarischer Morde aufrollen, in denen die Tat nur durch Zufall ans Tageslicht kam. Besonders tragisch im Falle eines bayrischen Serientäters, der trotz himmelsschreiender Verdachtsmomente immer wieder von den Totenschein ausstellenden Ärzten gerettet wurde - um wenige Monate später erneut zuzuschlagen. Hierin liegt auch der Grund, warum man nicht schulterzuckend weitermachen und auf das gesellschaftliche Restrisiko verweisen kann: Ist ein unaufgeklärter Mord schon moralisch unerträglich, so birgt er vor allem die Gefahr, dass der Täter lustig weitermacht. Ob Fred Sellin und Klaus Weber mit ihrem Report allerdings der Sache dienlich sind, mag man bezweifeln. Sie finden nie den richtigen Ton zwischen engagiertem Sachbuch und betroffenheitsgetränktem Illustriertenstil und wissen ganz offensichtlich nicht, für welche Leserschaft sie schreiben. So richtig will wahrscheinlich auch niemand ihre Botschaft hören.