Die Choreographie der Gastronomie in der Staatsoper Hamburg ist vom Feinsten. In der "Stifter-Lounge" wird "während der Einlassphase eine große Auswahl von Vorspeisen" verabreicht. In der ersten Pause sind die warmen Speisen an der Reihe. Und in der zweiten Pause steht die Ankündigung "Süßes und Verführerisches" auf der Tagesordnung. Bei Benjamin Brittens "Tod in Venedig" gibt es allerdings keine zweite Pause. Also wurde das "Süße und Verführerische" auf die Bühne beordert – ausgiebigst und in Gestalt des 17-jährigen Gabriele Frola, der seinen Körper – meist kaum bekleidet – und auf die parfümierte Weise zeigt, wie man es von Eleven des Tanzmeisters John Neumeier gewohnt ist.
Eingebettet ins Gehopse von noch etwas jüngeren Knaben. Das grenzt zwar an Kinderpornographie, wird aber vom Hamburger Silbersee einhellig goutiert. Die Familienministerin Von der Leyen sollte da vielleicht mal nachschauen und das Bundes-Kabinett auch durchgreifen lassen. Wenn schon, denn schon!
Bei der Novelle, die der Oper von Myfanwy Piper/Benjamin Britten zugrunde liegt, handelt es sich zunächst um eine feinsinnige, abgründig ironische Erörterung der Voraussetzungen erfolgreicher Literatentätigkeit und deren Veränderung mit den Jahren. Es geht um das Bewusstsein und Selbstbewusstsein eines extrem systemkonformen Dichters, um dessen labile künstlerische Leistungsfähigkeit und um sein Verhältnis zur strapazierten Leserschaft.
Thomas Mann entwickelte, genährt von Selbstironie und sarkastisch scharfen Beobachtungen, den "Aufstieg zur Würde", der die Fallhöhe der Altersgeilheit in einer südlichen Großstadt definiert. Es geht um einige auch für die gegenwärtige Großkünstlerschaft durchaus prekäre Erscheinungsformen wie "Verwöhntheit, Überfeinerung, Müdigkeit". Der lyrische Tenor Michael Schade ist ein vorzüglicher Darsteller dieses alternden Intellektuellen. Während das Saallicht noch kaum gedimmt ist, tritt er auf die leere Bühne. Nur eine Windmaschine, die später ausgiebig bedient wird, wartet seitwärts im Hintergrund. Unvermittelt muss er von seiner Schaffenskrise berichten – die subtile Annäherung an dieses heikle Thema fiel weg.
Simone Young steuert den Abend unfallfrei an den Klippen des streckenweise spröden Alterswerks von Benjamin Britten vorbei. Die kammermusikalischen Passagen verlieren sich ein wenig im Ziselierten, ein paar Mal lässt die Generalmusikdirektorin die Hamburger Philharmoniker kräftig zupacken. Freilich hinterlässt Nmon Ford den musikalisch stärksten Eindruck: seine modulationsfähige Baritonstimme ist ein Genuss, seine Agilität als vorzüglicher Darsteller der Antipoden des deutschen Großschriftstellers – also als Reisender aus dem Süden, als jung-alter Geck, als Gondoliere ohne Lizenz, als Hotelmanager und insbesondere als Hotelfriseur – kann sich sehen lassen.
Die Inszenierung von Ramin Gray beschränkte sich aufs "Durchstellen" der Handlung bei bloß schemenhaft angedeuteten Requisiten (auf Venedig-Bilder wurde gänzlich verzichtet, die Kleider sind ohne nähere zeitliche Bestimmung von gestern und vorgestern). Die Choreographie des Chors wirkt unbeholfen (oder unerfahren). Die handelnden Personen allerdings suchen mit mehr oder minder gelungenen Gesten das anzudeuten, was sie ohnedies schon singen und sagen.
Das Problem ist und bleibt das Werk selbst: sein ironiefreier Text und die Zuspitzung der homoerotischen Komponente der Handlung, die durch allegorische Figuren ganz andere grundsätzliche Züge erhielt als die von Thomas Mann konzipierten. Und wenn dies musikdramatische Werk nun in edler Einfalt und stiller Größe vorgeführt wird, dann gerät die Sache ganz und gar besinnlich und kontemplativ zum Seniorenspielplatz. Und die Probleme werden respektvoll eingeschläfert.
Eingebettet ins Gehopse von noch etwas jüngeren Knaben. Das grenzt zwar an Kinderpornographie, wird aber vom Hamburger Silbersee einhellig goutiert. Die Familienministerin Von der Leyen sollte da vielleicht mal nachschauen und das Bundes-Kabinett auch durchgreifen lassen. Wenn schon, denn schon!
Bei der Novelle, die der Oper von Myfanwy Piper/Benjamin Britten zugrunde liegt, handelt es sich zunächst um eine feinsinnige, abgründig ironische Erörterung der Voraussetzungen erfolgreicher Literatentätigkeit und deren Veränderung mit den Jahren. Es geht um das Bewusstsein und Selbstbewusstsein eines extrem systemkonformen Dichters, um dessen labile künstlerische Leistungsfähigkeit und um sein Verhältnis zur strapazierten Leserschaft.
Thomas Mann entwickelte, genährt von Selbstironie und sarkastisch scharfen Beobachtungen, den "Aufstieg zur Würde", der die Fallhöhe der Altersgeilheit in einer südlichen Großstadt definiert. Es geht um einige auch für die gegenwärtige Großkünstlerschaft durchaus prekäre Erscheinungsformen wie "Verwöhntheit, Überfeinerung, Müdigkeit". Der lyrische Tenor Michael Schade ist ein vorzüglicher Darsteller dieses alternden Intellektuellen. Während das Saallicht noch kaum gedimmt ist, tritt er auf die leere Bühne. Nur eine Windmaschine, die später ausgiebig bedient wird, wartet seitwärts im Hintergrund. Unvermittelt muss er von seiner Schaffenskrise berichten – die subtile Annäherung an dieses heikle Thema fiel weg.
Simone Young steuert den Abend unfallfrei an den Klippen des streckenweise spröden Alterswerks von Benjamin Britten vorbei. Die kammermusikalischen Passagen verlieren sich ein wenig im Ziselierten, ein paar Mal lässt die Generalmusikdirektorin die Hamburger Philharmoniker kräftig zupacken. Freilich hinterlässt Nmon Ford den musikalisch stärksten Eindruck: seine modulationsfähige Baritonstimme ist ein Genuss, seine Agilität als vorzüglicher Darsteller der Antipoden des deutschen Großschriftstellers – also als Reisender aus dem Süden, als jung-alter Geck, als Gondoliere ohne Lizenz, als Hotelmanager und insbesondere als Hotelfriseur – kann sich sehen lassen.
Die Inszenierung von Ramin Gray beschränkte sich aufs "Durchstellen" der Handlung bei bloß schemenhaft angedeuteten Requisiten (auf Venedig-Bilder wurde gänzlich verzichtet, die Kleider sind ohne nähere zeitliche Bestimmung von gestern und vorgestern). Die Choreographie des Chors wirkt unbeholfen (oder unerfahren). Die handelnden Personen allerdings suchen mit mehr oder minder gelungenen Gesten das anzudeuten, was sie ohnedies schon singen und sagen.
Das Problem ist und bleibt das Werk selbst: sein ironiefreier Text und die Zuspitzung der homoerotischen Komponente der Handlung, die durch allegorische Figuren ganz andere grundsätzliche Züge erhielt als die von Thomas Mann konzipierten. Und wenn dies musikdramatische Werk nun in edler Einfalt und stiller Größe vorgeführt wird, dann gerät die Sache ganz und gar besinnlich und kontemplativ zum Seniorenspielplatz. Und die Probleme werden respektvoll eingeschläfert.