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Tolle Idee! - Was wurde daraus?

Technik. - Alarm auf den Nachttisch - unter diesem Motto sorgte vor einigen Jahren ein Konzept für Schlagzeilen, das Sicherheitsfachleute entwickelt hatten, um im Katastrophenfall möglichst viele Menschen in Deutschland schnell alarmieren zu können. Die Idee dahinter war simpel: Handelsübliche Funkuhren sollten das bundesweite Sirenennetz ersetzen, das Mitte der 1990er Jahre aus Kostengründen stillgelegt worden war.

Von Ralf Krauter | 02.05.2006
    Das bundesweite Sirenennetz wurde still gelegt, um Geld zu sparen. Seit dem 15. Oktober 2001 können Katastrophenschützer aber trotzdem wieder per Knopfdruck deutschlandweit Alarm schlagen. Da wurde nämlich das satellitengestützte Warnsystem SATWAS in Betrieb genommen, das Gefahrenmeldungen zeitgleich an alle Radio- und Fernsehstationen übermitteln kann. Ein wichtiges Manko aber bleibt, erklärt Christoph Unger, der Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe BBK in Bad Godesberg:

    "Wir haben aber sehr schnell auch realisiert, dass natürlich diese Meldungen, die über Radio und Fernsehen verbreitet werden, tatsächlich nur zur Kenntnis genommen werden, wenn die Menschen auch das Radio angeschaltet haben. Deshalb ist es notwendig, eine Weckfunktion zu verknüpfen mit diesem Warnsystem. Die Sirenen sind ja Anfang/Mitte der 90er Jahre abgebaut worden und wir brauchten eine Alternative."

    Seit 1999 prüfen die Experten in Bad Godesberg technische Optionen für den Sirenenersatz. Dabei wurde schnell klar, dass die Mobilfunknetze bislang nicht für flächendeckende Warnungen taugen. Mangels Netzkapazität lassen sich derzeit maximal einige Tausend Empfänger per Massen-SMS-Botschaft alarmieren. Funkuhren versprechen eine deutlich höhere Breitenwirkung. Unger:

    "Wir haben letztlich im Rahmen eines Feldversuches ein Projekt durchgeführt, mit dem über einen Langwellensender Funkuhren angesteuert werden konnten im Alarmfall. Und diese Funkuhren gaben dann eben ein Warngeräusch ab - sei es eine Handarmbanduhr oder ein Wecker - um die Menschen aufmerksam zu machen, dass sie nun jetzt Radio- oder Fernsehgeräte anschalten sollen."

    Funkuhren bekommen ihr Zeitsignal hierzulande von einem Langwellensender in Mainflingen bei Frankfurt am Main. Für den Praxistest änderten Uhrenhersteller die Software ihrer Geräte so, dass sie den flächendeckenden Weckruf empfangen konnten. Knapp 1000 der modifizierten Uhren wurden dann von Kiel bis Berchtesgaden verteilt und von Oktober bis Dezember 2003 getestet. Unger:

    "Insgesamt hatten wir ein sehr positives Ergebnis. Das System funktioniert als solches. Gerade bei den Weckern und Wanduhren hatten wir eine Erreichbarkeit von 80 Prozent - das entspricht eigentlich dem Standard, den wir damals bei den Sirenen hatten. Also 80 Prozent derjenigen, die eine solche Uhr hatten, sind alarmiert worden. Und das war ja unser Ziel."

    Seit dem Test sind gut zwei Jahre ins Land und der zuständige Fachbereichsleiter in den Ruhestand gegangen. Passiert ist wenig - dabei hat die Idee immer noch den Charme, dass sie kostengünstig umzusetzen wäre, sagt Christoph Unger. Der BBK-Präsident hat einmal überschlagen, was die Wiederinbetriebnahme des Sirenennetzes den Bund kosten würde und kam dabei auf einen dreistelligen Millionenbetrag, der seinen Etat bei weitem übersteigt. Eine alarmtaugliche Funkuhr dagegen bräuchte nur ein paar Euro mehr kosten als heute - Peanuts also. Aber weil man niemanden zum Kauf zwingen kann, müsste das System ergänzt werden. Zum Beispiel durch großräumige Durchsagen per Festnetztelefon oder durch die Integration von Rauchmeldern. Unger:

    "Zwischenzeitlich ist ergänzend zu der Idee Uhren zu nutzen eine Überlegung angestellt worden, Rauchwarnmelder in ein solches System einzubeziehen - vor allen Dingen deshalb, weil zumindest schon in einigen Ländern die Verpflichtung besteht, diese Rauchwarnmelder zu installieren."

    Um einen zusätzlichen Funkchip ergänzt, könnten die Alarmgeber an der Decke genau wie Funkwecker angesteuert werden. Vorschläge gibt es also reichlich. Aber Katastrophenschutz ist Ländersache und in Zeiten knapper Kassen, fällt denen die Entscheidung schwer. Deshalb wird der Sirenenersatz schon seit längerem als Tagesordnungspunkt von einer Innenministerkonferenz zur nächsten weiter gereicht. Mit schnellen Fortschritten ist nicht zu rechnen. Christof Unger:

    "Wir haben berichtet über den Stand unserer Ergebnisse. Die Länder haben zur Kenntnis genommen, dass es da eben Möglichkeiten gibt. Und wir werden sehen, wie das dann im politischen Ergebnis umgesetzt wird."