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Tolle Idee! - Was wurde daraus?

Technik. - 1994 machte Rolf Zinniker von der Technischen Hochschule in Zürich Schlagzeilen. Der Elektroingenieur präsentierte ein Ladegerät, mit dem sich ganz gewöhnliche Haushaltsbatterien, die so genannten Alkali-Batterien, wieder aufladen lassen. Ein millionenfach produzierter Wegwerfartikel wurde wiederverwertbar. Doch durchgesetzt hat sich Zinnikers Idee nicht.

Von Ralf Krauter | 23.05.2006
    Rolf Zinniker trägt über dem Hemd eine dieser Anglerwesten mit ihren unzähligen Taschen. Besucher, die wissen wollen, warum sein Ladegerät für Alkali-Batterien kein Kassenschlager wurde, lädt der promovierte Elektroingenieur auf einen Cappuccino in die Cafeteria ein. Ob er neben den Akkus im Haushalt auch seine Einweg-Batterien auflädt?

    "Ja, das tue ich nicht absolut regelmäßig, aber von Zeit zu Zeit, unter anderem lade ich sie auch wieder auf, richtig. Es gibt welche, die kann man besser aufladen als andere, das betrifft verschiedene Marken. Da gibt es Unterschiede. Aber im Prinzip kann man alle wieder aufladen."

    Und drei- bis fünfmal pro Batterie rechnet sich das auch, das belegen Rolf Zinnikers Experimente. Danach wird die Kapazität so gering, dass der Aufwand kaum noch lohnt. Wer seine Ladehemmung für Haushaltsbatterien überwinden möchte, sollte allerdings ein spezielles Ladegerät verwenden wie etwa den von Zinniker entwickelten Alka-Richarger. Eine simple Elektronik darin überwacht, dass eine bestimmte Ladespannung nie überschritten wird, weil sonst giftige Elektrolytlösung auslaufen könnte. Allerdings wird das Ladegerät seit Jahren nicht mehr hergestellt. Der Produzent, die badische Firma Elowi in Teningen, hat Ende der 1990er Jahre Pleite gemacht.

    "Der Hersteller hat dann schlussendlich die Möglichkeiten einfach überschätzt. Der hat gesehen, nachdem er auch noch einen Preis in Deutschland gewonnen hat, für dieses Ladegerät, hat der kistenweise Bestellungen eintreffen gesehen. Sein Spruch war immer: Das Schlimmste was einem passieren kann, ist: Man kann nicht liefern, wenn die Bestellungen kommen. Und um dem vorzubeugen, hat der eine große Produktion aufgebaut. Und dann haben sich halt die Schachteln auf den Paletten gestapelt. Es wurden immer mehr. Es wurden dauernd hergestellt, aber nicht verkauft. Und so hat der sich dann leider daran zu Tode fabriziert."

    Maximal 10.000 Stück seien verkauft worden, schätzt Rolf Zinniker. Dass es nicht mehr wurden, obwohl die Geräte problemlos funktionieren, dafür macht er zum Teil den mickrigen Werbeetat des Herstellers verantwortlich, vor allem aber eine mächtige Allianz von Gegnern, allen voran die Batteriehersteller, die in Pressekampagnen warnten, ihre Alkali-Batterien könnten beim Aufladen explodieren. Da jede Batterie ein Überdruckventil hat, ist das Risiko gleich null. Aber Angst ist ein mächtiger Konsumkiller.

    Hinzu kam, dass sich viele Kaufhäuser und Supermärkte weigerten, das Alkali-Ladegerät ins Sortiment zu nehmen - entweder aus Sorge vor sinkendem Batterieabsatz oder, wie Rolf Zinniker vermutet, weil mancher Batteriehersteller seinen Händlern schlicht untersagte, das Gerät zu vertreiben.

    "Ich möchte und kann hier keine Namen nennen, denn schlussendlich sind das vertrauliche Informationen und erhärtete Vermutungen. Solche Druckversuche von Seiten der Batterielobby, die haben tatsächlich stattgefunden."

    Hat die Industrie aus Angst um ihren Absatz eine innovative Entwicklung ausgebremst? Belegen lässt sich das nicht, aber es gibt ein weiteres Indiz.

    "Das ist auch nur eine Vermutung, aber ich habe festgestellt: Batterietypen, die ich gemessen hatte, bevor das im großen Stile publik wurde, die ließen sich plötzlich nachher kaum mehr regenerieren, kaum mehr wieder aufladen. Da gab es einige Hersteller, da war das eindeutig festzustellen. Und ich vermute, dass das effektiv durch eine leichte Veränderung der Chemie – also der Zusatzstoffe, die in den Batterien mit eingebaut werden – dass das mit Absicht zu verhindern versucht wurde."

    Nach dem Aus für Zinnikers Alka-Richarger brachten andere Hersteller ähnliche Geräte auf den Markt, die Elektronikversandhäuser bis heute vertreiben. Auch die Nachfolger sind Nischenprodukte geblieben, was nicht zuletzt an ihrem Preis liegen dürfte und an der relativ geringen Ersparnis, die sie versprechen, weil Batterien so billig sind. Rolf Zinniker hat sein Patent nach Ablauf nicht mehr erneuert. In zwei Jahren geht er in Rente. Wirklich frustriert sei er nicht sagt er, aber abgeklärter als vorher.

    "Es ist einfach nicht damit getan, ein gutes Produkt zu entwerfen, herzustellen. Es ist wesentlich mehr Aufwand, dieses nachher auch zu verkaufen, das heißt, die Leute soweit zu bringen, dass sie dieses Produkt als nützlich anerkennen und es tatsächlich auch kaufen und verwenden. Und dazu braucht es einfach Werbung, dazu braucht es Information, dazu braucht es Lobbying. Und für ein Produkt, das von fast allen kommerziellen Seiten eben nicht gewünscht ist, ist das noch doppelt, fünfmal, zehnmal schwieriger als für etwas, das nicht bekämpft wird."