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Tolle Idee! - Was wurde daraus?

Technik. - 1999 erhielt das Eberswalder Solartechnologieunternehmen UFE Solar einen Innovationspreis der Region Berlin-Brandenburg für einen neuartigen saisonalen Wärmespeicher. Mikroporöse Materialien sollten dabei Energie in warmen Zeiten aufnehmen und bei Kälte wieder bereit stellen.

Von Ralf Krauter | 30.05.2006
    Wer bei UFE Solar anruft, um etwas über den revolutionären Wärmespeicher zu erfahren, läuft ins Leere: Die Firma ist insolvent geworden. Der Nachfolger heißt zwar immer noch UFE Solar. Aber von einem Innovationspreis weiß die Dame am Telefon nichts und versichert: Von den damaligen Projektverantwortlichen sei niemand mehr dabei. Zum Glück gilt das nicht für Hans-Martin Henning vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg. Der Abteilungsleiter für thermische Anlagen und Gebäudetechnik war seinerzeit maßgeblich an der Entwicklung des Langzeitwärmespeichers beteiligt. Er arbeitet bis heute auf dem Gebiet und erinnert sich gut an das 1996 gestartete EU-Projekt.

    "Es gab dann zwei Prototypanlagen, die die Firma UFE an unterschiedlichen Standorten in Brandenburg installiert hatte. Und die hatten, wenn ich mich recht erinnere, beide Volumen im Bereich sechs bis acht Kubikmeter."

    Die Wärmespeicher im Keller der Solarhäuser bestanden aus einem luftleeren Tank mit lose aufeinander geschütteten Silikagel-Kügelchen darin. Ihre mikroporöse Struktur macht diese Kügelchen extrem wasseranziehend. Lagern sich Wassermoleküle in den Poren an – die Fachleute sprechen von Adsorption – erwärmt sich das Silikagel. Um im Winter zu heizen, genügt es deshalb, kühlen Wasserdampf in den Tank strömen zu lassen und die entstehende Hitze mit einem Wärmetauscher abzuleiten.

    Im Sommer wird der Spieß umgedreht. Überschüssige Sonnenwärme treibt den Kügelchen im Tank alle Feuchtigkeit aus: Das Wasser verdampft, das Silikagel trocknet. Der Wärmespeicher wird so wieder geladen und speichert die Energie über Monate völlig verlustfrei. Die Forscher hatten sich seinerzeit eine ehrgeizige Zielmarke gesetzt. Der Adsorptionsspeicher sollte bei gleichem Tankvolumen rund doppelt soviel Energie speichern können, wie ein herkömmlicher Warmwasserspeicher. 120 Kilowattstunden pro Kubikmeter Speichervolumen waren angestrebt. Die Pilotanlagen übertrafen diesen Wert um zehn Prozent.

    "Also insofern: Technisches Ziel erreicht. Aber, und das war dann auch die Erkenntnis für die Firma UFE, der apparative Aufwand, der notwendig ist, um so einen Speicher zu bauen, der ist schon erheblich. Man hat’s mit Vakuumtechnik zu tun, man hat eine ganze Menge an hydraulischen zusätzlichen Komponenten, die speziell für den Speicher erforderlich sind. Und es hat sich einfach erwiesen: Unter den heutigen Randbedingungen – Energiepreise, energiewirtschaftlichen Randbedingungen – ist man mit so einem Konzept nicht konkurrenzfähig."

    Für die Praxis war das Ganze schlicht zu teuer. Was aber nicht heißt, dass die Fördergelder schlecht investiert waren. Die Sorptionsspeichertechnologie ist nämlich weiter angesagt. Allerdings liegt der Forschungsschwerpunkt heute auf Systemen, die Wärme nicht über Monate, sondern bloß über Stunden speichern. Der Grund ist simpel: Je häufiger ein Speicher geladen und wieder entladen wird, desto schneller amortisieren sich die Investitionskosten.

    "Wenn man sehr kurze Zyklen hat, darf man sich eigentlich auch teurere Materialien erlauben, weil sie sozusagen viel öfter genutzt werden."

    Der Heizungshersteller Vaillant tüftelt seit Jahren an einer Adsorptionswärmepumpe. Technologische Fortschritte rücken die Marktreife nun in greifbare Nähe. Dank umfassender Modellierung der Wasserdampfadsorption in mikroporösen Materialien lassen sich Wärmetauscher und poröse Medien heute gezielt optimieren. Statt Silikagel steht dabei längst eine andere Materialklasse im Vordergrund: Die Zeolithe – kristalline, von Hohlräumen durchsetzte Verbindungen aus Silizium- und Aluminiumoxiden.

    "Es gibt Zeolithe für unter einem Euro pro Kilogramm. Aber es gibt eben auch Spezialtypen, die dann für uns interessant sind, die 100 Euro pro Kilo kosten."

    Um den Preis zu drücken, sind Massenanwendungen gefragt. Und die sieht Fraunhofer-Forscher Henning derzeit am ehesten bei kleinen Kältemaschinen. Schließlich kann eine Adsorptionswärmepumpe bei Bedarf auch aus Abwärme Kälte erzeugen - und so etwa Gebäude kühlen oder Autos klimatisieren. Die ersten Geräte sind bereits auf dem Markt.