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Tolle Idee! - Was wurde daraus?

2001 bekam der Informatiker Dr. Volker Gengenbach den Josef-von-Fraunhofer-Preis für die Entwicklung eines videobasierten Andocksystems für Flugzeuge. Der von Fraunhofer-Forschern entwickelte elektronische Lotse versprach, Piloten von Verkehrsmaschinen nach der Landung auf einem Flughafen zügig ans vorgesehene Gate zu bringen. Mit Hilfe von Modelldaten aller gängigen Flugzeugtypen errechnet das System den optimalen Fahrweg und leitet den Piloten zentimetergenau an sein Ziel.

Von Ralf Krauter | 06.06.2006
    "Also bevor das Flugzeug eintrifft, wird schon mal von der Vorfeldkontrolle der entsprechende Flugzeugtyp und die Ankunftszeit dem System mitgeteilt. "

    Die tolle Idee von Volker Gengenbach ist eine Erfolgsgeschichte. Mehr als 500 videobasierte Andocksysteme hat seine kleine Firma Gevitec bereits an Flughäfen weltweit geliefert.

    "Dann startet automatisch im System ein Verfolgungsprozess, der auf dem Vorfeld im Kamerabild nach dem Flugzeug sucht und wenn er das Flugzeug findet, dann sofort die Position schätzt, diese Messwerte dann an die Anzeige überträgt. "
    Die Anzeige ist eine große Tafel, die für den Piloten gut sichtbar am Gate montiert ist. Wenn er in Leipzig, Dresden, Brüssel, Madrid, Peking oder Seoul gelandet ist, lotst sie ihn die letzten 100 Meter zum Ziel.

    "Dort kriegt dann der Pilot, startend bei 35 Metern Entfernung in Fünf-Meter-Schritten, später in kleineren Intervallen seinen Abstand zur Halteposition angezeigt. Durch Symbole, durch Pfeile werden etwaige Abweichungen von der Einrollleitlinie angezeigt, die den Piloten dann genau auf der Linie führen und ihn zu seiner Parkposition bringen. "
    Die Einparkhilfe besteht neben der Anzeige aus einer am Gate montierten Spezialkamera und einem Computer samt über Jahre optimierten Algorithmen für die Bildauswertung. Zehn bis 20 Mal pro Sekunde vergleicht das System die Kontur des einrollenden Fliegers mit einem dreidimensionalen Modell und lotst den Piloten zentimetergenau ans Ziel.

    "Wenn dann die Parkposition erreicht ist, leuchtet dann Stopp auf dem Display auf. Gleichzeitig wird ein entsprechendes Signal an die Datenbank vom Flughafen übertragen, dass eben die Parkzeit jetzt beginnt. "

    Durch die Automatisierung sind Verzögerungen beim Andocken selten geworden. Die Fluggäste sparen Zeit, die Flughäfen Geld und Personal.

    "Wenn man bedenkt, dass in einem größeren Flughafen dann pro Woche mehrere Tausend Andockvorgänge stattfinden und das System da mit 100 Prozent Zuverlässigkeit funktioniert, dann kann man schon sagen, dass es tut. Und wir haben auf der ganzen Welt im Prinzip Anlagen, in verschiedenen Klimazonen, einschließlich Monsunregen. Und da lernt man dann schon die zusätzlichen Probleme kennen und merzt die dann mit der Zeit aus. "
    Die Erfolgsgeschichte begann mit einer Projektstudie, die der Flughafenausrüster DASA Airport Systems beim Fraunhofer-Institut für Informations- und Datenverarbeitung in Karlsruhe in Auftrag gab. Die Experten um den promovierten Informatiker Volker Gengenbach entwickelten einen Prototyp, der 1998 in Hannover installiert wurde. Verglichen mit den bis heute an vielen Flughäfen eingesetzten laserbasierten Einparkhilfen, hat das neue System mehrere Vorteile: Es ist wartungsärmer, es sendet keine Laserstrahlen über das Flugfeld; und es funktioniert bei jedem Wetter.

    "Es gibt gewisse Tröpfchengrößen von Nebel, die eben das Laserlicht dann stark zerstreuen und zu Problemen führen. Wir haben das mit einem Kamerasystem nicht so stark. Also solange der Mensch noch was sieht und geflogen werden kann, funktioniert auch unser System. "
    Seit einigen Jahren wird das videobasierte Andocksystem vom Flughafenausrüster Honeywell verkauft. Volker Gengenbach ist seit 1999 selbstständig und passt es den Wünschen der Kunden an. Den weltweiten Marktanteil seiner Geräte schätzt er auf 30 Prozent.

    "Dadurch, dass wir eben eine Datenbank von dreidimensionalen Flugzeugtypen einsetzen, können wir eben das Verwechseln mit anderen Flugzeugen oder mit Fahrzeugen auf dem Flugfeld völlig ausschließen. Wir können auch dadurch, dass man die Umrisse des Flugzeuges vorausberechnen kann, mit Hilfe unserer CAD-Daten, können wir auch nur teilweise sichtbare Flugzeuge, verdeckte Flugzeuge verfolgen. Und das gibt halt eben die hohe Robustheit bei dem System. Wenn zum Beispiel bei Nebel oder Schlechtwetter nur ein Teil schemenhaft erkennbar ist im Kamerabild, können wir trotzdem noch sehr zuverlässig die Position bestimmen. "

    Dass kürzlich auch Siemens eine videogestützte Einparkhilfe auf den Markt gebracht hat, wertet der Informatiker als Bestätigung, technologisch aufs richtige Pferd gesetzt zu haben. Dank Honeywell im Rücken macht ihm der neue Wettbewerber keine Sorgen. Im Gegenteil: Konkurrenz belebe das Geschäft, sagt Volker Gengenbach.