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Tolle Idee! Was wurde daraus?
Kohlepapier aus Nanoröhren für leichte Batterien

Leichte Notebooks und Tablets - das wollten Forscher der kalifornischen Stanford-Universität mit neuartigen Batterieelektroden erreichen. Im Jahr 2009 schlugen sie dafür ein Verfahren vor, das Nanoröhrchen auf Büropapier aufträgt. Das dabei entstandene Hightech-Kohlepapier hat aber auch andere Anwendungsmöglichkeiten.

Von Frank Grotelüschen | 21.11.2017
    Mehrere Kollegen sitzen diskutierend auf einem Fußboden.
    Aus Büropapier könnte man mehr machen als Papierknäuel. (imago / Westend61)
    Purer Kohlenstoff in perfekter Röhrenform, und zwar mikroskopisch klein: Der Durchmesser von Kohlenstoff-Nanoröhrchen liegt im Bereich von wenigen millionstel Millimetern. Diese Nanoteilchen faszinieren die Wissenschaft seit den 1990er-Jahren. 2009 stellte Yi Cui, Materialforscher an der kalifornischen Stanford-Universität, etwas Spezielles her - eine wässrige Lösung mit Kohlenstoff-Nanoröhrchen.
    "Wir bezeichnen das als Nanoröhrchen-Tinte. Und in diese Tinte haben wir normales Druckerpapier getaucht. Das Papier hat die Tinte aufgesogen. Als wir das Papier dann trocknen ließen, blieben die Nanoröhrchen drin hängen und färbten es tiefschwarz."
    Wenn man so will eine Art Hightech-Kohlepapier, das beileibe nicht nur für Durchschläge taugt. Denn die Nanoröhrchen können sehr gut Strom leiten und auch speichern. Da sie fest in die Porenstruktur des Papiers eingebettet sind, wird damit auch das Papier elektrisch aktiv. Das brachte Yi Cui auf eine Idee: "Man kann dieses leitende Papier als Elektrodenmaterial verwenden, um eine Batterie zu konstruieren."
    Papierbatterie für leichte Akkus
    Für gewöhnlich bestehen die Elektroden eines Akkus aus Grafit oder Metall. Die könnte man, so der Plan, ersetzen durch das ultraleichte Nanoröhren-Papier. Laptops, Smartphones, Elektroautos - sie alle könnten dadurch um bis zu 20 Prozent leichter werden, so die Hoffnung. Und tatsächlich: 2009 konnte Yi Cui einen Prototyp seiner Papierbatterie präsentieren - allerdings mit einer eher mickrigen Speicherkapazität. Sie reichte gerade, um ein paar LEDs zum Leuchten zu bringen. Später konnte sein Team die Energiedichte zwar steigern, aber: "Die Kapazität ist geringer als die von normalen Batterien."
    Vereinfacht gesagt lassen sich nicht genug Nanoröhrchen im Papier unterbringen, um Elektroden für leistungsstarke Akkus zu bauen. Dennoch gelten die Kohlenstoffröhrchen weiterhin als vielversprechende Kandidaten für bessere Batterieelektroden - aber eben nicht mit Papier als Trägermaterial. Stattdessen versucht man es zum Beispiel mit Grafit als Träger. Damit konnte vor einiger Zeit ein Team der texanischen Rice Universität einen Lithiumionenakku präsentieren, der - zumindest im Labor - dreimal so viel Strom speichert wie ein handelsübliches Modell. Auch Yi Cui ist weiter an den Nanoröhrchen dran, wenn auch mit anderer Stoßrichtung:
    "Unsere neuen Elektroden lassen sich sowohl biegen als auch dehnen. Das macht sie interessant für tragbare Elektronikgeräte, die man direkt in Kleidungstücke integriert."
    Stromversorgung für elektronische Kleidungsstücke
    Solche flexiblen und dehnbaren Batterien für elektronisch aktive Kleidung könnten zum Beispiel Gesundheitssensoren speisen oder Funkchips. Dafür genügt eine relativ geringe Kapazität. Basis ist allerdings kein gewöhnliches Druckerpapier mehr. Das nämlich würde, wollte man es dehnen, schlicht reißen. Stattdessen nehmen die Experten reißfestes Spezialpapier, um es in die Nanoröhrchen-Tinte zu tunken. Marktreif aber ist die Sache noch nicht, denn:
    "Der Schlüssel ist die Verpackung, quasi die Hülle, in der so eine Batterie stecken muss. Die muss ja auch biegsam und dehnbar sein, und das ist zurzeit noch ziemlich schwierig."
    Schneller könnte das Hightech-Kohlepapier in einem völlig anderen Feld zum Einsatz kommen. Denn vor einigen Jahren entdeckten die Stanford-Forscher etwas Verblüffendes:
    "Man kann das auch als Wasserfilter nutzen. Schließlich ist das Papier elektrisch leitend. Man braucht nur eine niedrige Spannung anzulegen, und trotzdem erzeugen die Nanoröhrchen auf engstem Raum ein hohes elektrisches Feld. Dieses Feld genügt, um Bakterien und Viren den Garaus zu machen. Damit können wir Wasser desinfizieren und Keime abtöten."
    Yi Cui denkt an tragbare Desinfektionsgeräte für Rucksacktouristen, aber auch an einen Chlorersatz in Schwimmbädern. Immerhin: Die Sache scheint so weit fortgeschritten, dass sich der Stanford-Forscher nun nach Industriepartnern umsieht, die das Verfahren in ein Produkt umsetzen.