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Tolle Idee, was wurde draus?
Der Strom produzierende Wasserhahn

Im Jahr 2010 hatten Ingenieure an der Universität Karlsruhe den Prototypen eines Wasserhahns entwickelt, der mithilfe einer Miniturbine in der Armatur Strom erzeugt. Eine Firma hat heute das Produkt im Angebot. Allerdings wurden nicht alle Ideen der Entwickler eins zu eins umgesetzt.

Von Michael Stang | 27.02.2018
    Wasser fließt aus einem Wasserhahn von Grohe
    Der Trend geht zum hygienischen, berührungsfreien Bedienen von Armaturen – vor allem in öffentlichen Toiletten (picture alliance / dpa / Jan-Philipp Strobel)
    "Ich habe vor zehn Jahren ungefähr dieses Projekt PowerFluid gemacht, damals noch an der Universität Karlsruhe, heute KIT."
    Sagt Ingenieur Martin Weis. Am Institut für Produktionstechnik hatte er die Idee eines stromsparenden Wasserhahns verfolgt. Das Projekt war mit rund 1,7 Millionen Euro vom Bundesforschungsministerium gefördert worden. 2010 – am Ende des auf drei Jahre angelegten Projekts - war der Prototyp fertig. Im selben Jahr führt er ihn für Forschung aktuell vor.
    "Hier stehen wir jetzt also vor der Armatur, die wir aufgebaut haben, dieser automatische Wasserhahn. Neben dran sehen wir noch einen großen grauen Kasten mit zwei Blinkelämpchen. Dieser große, graue Kasten dient dazu, die Betriebseigenschaften dieses Wasserhahns einfach zu überwachen, das heißt, die Speicherstände zu überwachen, wie viel Spannung und Strom die Turbine liefert."
    Energy Harvesting ist heute in aller Munde
    Die Grundidee war, die für den Betrieb nötige elektrische Energie aus der Umgebung einzusammeln. Energy Harvesting sagen Fachleute dazu. Heute ist der Begriff in aller Munde, damals war er noch recht neu. Als Demonstrator wollte Martin Weis einen elektrischen Wasserhahn bauen, der mithilfe einer vom Wasserstrahl angetriebenen Mini-Turbine und mit Solarzellen Strom für seine Ventile und Steuerung gewinnt.
    "Der erste Prototyp war ein relativ großer Klotz, wild zusammengekabelt, hatte aber auch schon funktioniert. Und wir hatten ihn damals bei uns am Institut auf der Toilette installiert, ein bisschen Überwachsungstechnik nebendran, so dass wir über die Zeit auch Daten generieren konnten."
    Martin Weis wusste danach zum Beispiel, welche Kollegen sich wie oft und wie lange die Hände waschen. Spannender war aber die Frage, ob die Toilettengänger das System intuitiv bedienen können.
    "Der Wasserhahn hat so funktioniert, dass an der Oberseite ein kapazitiver Sensor angebracht war, der mit Solarzellen gespeist wurde und unterhalb der Wasserarmatur war eben diese Turbine angebracht, die Kondensatoren aufgeladen hat, mit denen dann tatsächlich das Ventil, mit dem das Wasser geschaltet wurde, geschaltet hat."
    Es gab ein Folgeprojekt
    Der Sensor war dank Solarzellen energieautark. Der Strom für die Ventile kam aus der Mini-Turbine im Zufluss der Armatur und wurde in sogenannten Supercaps zwischengespeichert. Doch früh am Morgen oder nach einem Wochenende, wenn der Wasserhahn lange nicht benutzt wurde, war der Stromspeicher leer.
    "Wenn eben nicht mehr genug Energie da war, dann musste man manuell eingreifen. Da gab es so ein kleines Hebelchen, wo man dann manuell den Wasserhahn wieder starten konnte."
    Nach seiner Promotion verließ Martin Weis das KIT in Richtung Wirtschaft. Die Idee vom energieautarken Wasserhahn verfolgte er dennoch weiter.
    "Der erste Prototyp, also das war tatsächlich das Ende von dem Projekt Powerfluid. Das ist so gut angekommen, auch beim Fördergeber, beim BMBF, dass wir aufgefordert wurden, uns doch nochmal zu überlegen, welche Anteile jetzt von diesem Projekt vertieft werden müssen, so dass man so etwas tatsächlich in Richtung Serienreife treiben könnte."
    In einem Folgeprojekt ging es darum, die Mini-Turbine, die Kabel und die Steuerungselektronik komplett in die Armatur zu integrieren und möglichst ausschließlich Bauteile zu verwenden, die industriell schnell und einfach herzustellen sind. Als Partner kam unter anderem die Firma GROHE dazu, die plante, die energieautarke Armatur in Serie zu fertigen.
    "Die Solaridee, die Solarzellen auf der Wasserarmatur, haben nicht überlebt. Ich denke, das hat viel damit zu tun, dass Benutzer von Wasserarmaturen nicht wirklich damit rechnen, dass man die Hände über eine Armatur halten muss statt davor."
    Die Grundidee wurde umgesetzt
    Die Idee, dass man den Wasserhahn an- und abschaltet, indem man die Hand über die Armatur hält und so einen Lichtsensor aktiviert, hatte sich aus praktischen Gründen nicht durchgesetzt. Um die Stromversorgung in jedem Fall sicherzustellen, wurde eine Batterie eingebaut. Nach einigen Optimierungen und Umbaumaßnahmen wurde das Projekt Anfang 2015 beendet – und zwar erfolgreich.
    "Das Projekt ist abgeschlossen worden und die Firma GROHE hat dieses Produkt im Portfolio. Das kann man sich vorstellen als kleine Kiste, die unter das Waschbecken gebaut werden kann, wo eben ein paar Schläuche rein und rausgehen fürs Wasser und auch ein Kabel rausgeht, womit der Sender, der sich an der Wasserarmatur selber befindet, versorgt wird."
    Die Armaturen mit eingebautem Mini-Kraftwerk kommen heute in öffentlichen Bereichen zum Einsatz, etwa in Flughäfen oder Hotels. Martin Weiß freut sich, dass seine tolle Idee tatsächlich Anwendung gefunden hat. Auch wenn nicht alle seine Vorschläge eins zu eins umgesetzt werden konnten.
    "Also, ich würde sagen, dass die Grundidee leider nur zum Teil umgesetzt ist, weil nach wie vor eine Batterie in diesem finalen Produkt eingesetzt wird, aber die Lebensdauer der Batterie durch den Einsatz der Turbine eben deutlich verlängert wurde."