Herzlich willkommen zu alter und zugleich höchst lebendiger Musik, und wenn Sie Lust haben, dann vergegenwärtigen Sie sich bitte doch einmal Lima im Jahre des Herrn 1701. Wie war das? Richtig, Lima, Hauptstadt des mächtigen spanischen Vizekönigreichs Groß-Peru. Dort, in der Höhenluft der Anden, führt man 1701 die wahrscheinlich erste Oper auf dem amerikanischen Kontinent auf und läßt im Prolog erst einmal den frisch gekrönten spanischen König Philipp V von Anjou und auch ein bißchen den residierenden Vizekönig, den Grafen von Monclova, hochleben: * Musikbeispiel: Tomás de Torrejón y Velasco - aus: "La púrpura de la rosa" - "Viva, viva!" Selten hat mir eine Neuerscheinung auf dem Gebiet der Alten Musik so viel Entdeckerfreude bereitet wie diese Doppel-CD der Deutschen Harmonia Mundi, die durch Bertelsmann vertrieben wird. Zum einen liegt das an den Ausführenden, dem fabelhaften Harfen-Consort des genialischen Harfenisten Andrew Lawrence-King und einem durchaus erlesenen Ensemble von Vokalisten; zum anderen an dem Werk, das da präsentiert wird, einer Oper über einen Text von Calderón de la Barca: "La púrpura de la rosa - das Blut der Rose". Da geht es vordergründig um den alten mythologischen Streit zwischen Venus und Mars, bei dem der arme schöne Adonis ins Gras beißen muß, allerdings mit der Vergünstigung, daß er den Ruhestand im Himmel verbringen darf. Doch welch’ ein Text von Calderón! Die Geschichte ist ja nun weiß Gott von allen möglichen Poeten und Dramatikern verarbeitet worden. Calderón mischt ins mythische Treiben der Griechengötter sehr realistische Figuren aus dem spanischen Volkstheater, treibt die höchst menschlichen Leidenschaften der planetarischen Gottheiten Mars und Venus in wirklich dramatische Bereiche und entwirft insgesamt ein Tableau, dessen tiefenpsychologische Dimensionen weit über das übliche barocke Spiel mit dem Mythos und der Allegorie hinausgehen. Dabei sind sozusagen sämtliche Allegorien auf einmal zugange, und man muß schon über eine gediegene humanistische Halbbildung verfügen, um alle die Chiffren eines personifizierten Kosmos auseinanderhalten zu können. Daneben herrscht ein munteres Gewimmel von Nymphen und Jägern, Soldaten und Grottenbewohnern, friedlichen Landwirten und -wirtinnen nebst den Musen höchstpersönlich, die allesamt chorisch auftreten. Das mythische Eifersuchtsdreieck zwischen Mars, Venus und Adonis mit Gott Amor mittendrin wird immer wieder durch Figuren aus der Komödie durchsetzt, und am Ende kommt ein richtig spannendes Stück Theater heraus. Dieses Theater war schon im 17. Jahrhundert in Madrid aufgeführt worden, unter anderem mit der Musik von Juan Hidalgo. 1701 kam es dann in der peruanischen Kapitale Lima auf die Bühne, und diesmal hatte der Kapellmeister der dortigen Kathedrale die Musik geschrieben, Tomás de Torrejón y Velasco, ein Schüler von Hidalgo. Andrew Lawrence-King hat das Material zusammen mit der Amerikanerin Louise Stein in der Nationalbibliothek von Lima ausgegraben. Wie unvollständig das Konvolut sein mag, muß nicht erörtert werden. Die damalige Praxis überließ vieles den Ausführenden, und da treten die Qualitäten von Lawrence-King und seinem Harfen-Consort zutage: Sie alle sind Meister der Improvisation, so wie Lawrence-King ohnehin zu den Vertretern der historischen Aufführungspraxis zählt, die vor allem auch die eigene Fantasie einbringen. Erst dadurch entsteht jene höchst lebendige Musik, die einen auf diesen beiden CDs fasziniert.
Entsprechend den Gepflogenheiten des spanischen und auch des ibero-amerikanischen Theaters der damaligen Zeit sind fast alle Rollen mit Frauen besetzt. Über die Größe des Instrumentalensembles kann man heute nur Vermutungen anstellen. Ein Orchester wie am französischen Hof wird mit Sicherheit nicht zur Verfügung gestanden haben. Lawrence-King beschränkt sich auf eine ziemlich authentisch wirkende Besetzung Violine, Gambe und Lirone, Gitarren, Theorbe, Schlagwerk, Harfe oder Cembalo oder Orgel und eine Trompete, wobei die Zusammenstellung ständig wechselt. Aus alledem entsteht ein außerordentlich farbenreicher Klang. Hinzu kommt, daß Lawrence-King das Werk schon 1997 live präsentierte und erst später ins Studio ging, sodaß das Ensemble bei der CD-Produktion über hinreichende Erfahrungen im Umgang mit dieser Musik verfügte. Der eigentlichen Oper ist eine Loa vorangestellt, ein Prolog, mit Musiken von Antonio Martín y Coll und Torrejón, sowie eine kurze Folge von Tänzen von Luca Ruiz de Ribayaz mit einer eindrucksvollen Passacaglia von Diego Fernández de Huete, woraus so eine Art Pastiche entsteht, ohne daß, bei der Geschlossenheit der musikalischen Konventionen, der Eindruck des Stilgemischs sich einstellt.
Am Ende des ersten Teils befinden wir uns im Garten der Venus, und anschließend gibt es einen bäuerlichen Tanz, in dem sich, wie in vielen Nummern dieser Oper, die Einflüsse einer damaligen populären lateinamerikanischen Musik zeigen. * Musikbeispiel: Tomás de Torrejón y Velasco - aus: "La púrpura de la rosa" - "El jardin de Venus" und "Baile del villano" Natürlich dauert dieser Tanz länger, und er könnte auch noch länger dauern als in dieser Aufnahme der peruanischen Oper "La púrpura de la rosa - Das Blut der Rose", denn bei Gelegenheit solcher Musik konnten die Musiker, ganz wie es der Harfenkonsort von Andrew Lawrence-King tut, ihre Kunst der diferencias, der Variationen, unter Beweis stellen. Im zweiten Teil kündigt sich das Unheil an, und es kommt, dem Gott Mars gemäß, mit militärischem Gepränge: * Musikbeispiel: Tomás de Torrejón y Velasco - aus: "La púrpura de la rosa" - "Los soldados" Der Todeskampf des Adonis wird in einer zwar karg besetzten, aber außerordentlich sprechenden Musik beschrieben, es setzt ein kurzer Lamento ein, und dann beendete Torrejón seine Oper erst mit der Moral von der Geschicht’ - Adonis steigt als Himmelsblume auf und darf sich neben dem Stern der Venus zeigen, weil die Liebe doch immer siegt. Anschließend folgt zum Ende der Fiesta, wie es ausdrücklich heißt, ein spanischer Bauerntanz aus dem 17. Jahrhundert, in dem vom sozialen Fortschritt die Rede ist: Dem Bauern gibt man heute, anno 1701, nicht nur die Zwiebel und das Brot, sondern auch Fleisch und Wein dazu, womit denn alles in Butter wäre. Peru war damals ein reiches Land, und die paar Millionen Inkas hatten die Spanier schon einhundertfünfzig Jahre zuvor ausgerottet. Immerhin: Daß überhaupt so etwas wie ein sozialer Aspekt in einer Fest- und Hofoper auftaucht, wirft zugleich ein bezeichnendes Licht auf eine durchaus unruhige latein-amerikanische Gesellschaft, und es bedeutet einen interessanten Aspekt der Musik des spanisch-peruanischen Komponisten Torrejón, daß er dieses Moment von Gegenwart in die mythische Apothéose einfügte. * Musikbeispiel: Tomás de Torrejón y Velasco - aus "La púrpura de la rosa" - "La música de dos orbes" und "Al villano que le dan?" Das war die neue Platte. Heute stellten wir Ihnen die Doppel-CD mit der spanisch-peruanischen Oper "La púrpura de la rosa - Das Blut der Rose" von Tomás de Torrejón y Velasco vor, die bei der Deutschen Harmonia Mundi erschienen ist.
Am Mikrofon sagt Norbert Ely Dankeschön für Ihre Aufmerksamkeit
Entsprechend den Gepflogenheiten des spanischen und auch des ibero-amerikanischen Theaters der damaligen Zeit sind fast alle Rollen mit Frauen besetzt. Über die Größe des Instrumentalensembles kann man heute nur Vermutungen anstellen. Ein Orchester wie am französischen Hof wird mit Sicherheit nicht zur Verfügung gestanden haben. Lawrence-King beschränkt sich auf eine ziemlich authentisch wirkende Besetzung Violine, Gambe und Lirone, Gitarren, Theorbe, Schlagwerk, Harfe oder Cembalo oder Orgel und eine Trompete, wobei die Zusammenstellung ständig wechselt. Aus alledem entsteht ein außerordentlich farbenreicher Klang. Hinzu kommt, daß Lawrence-King das Werk schon 1997 live präsentierte und erst später ins Studio ging, sodaß das Ensemble bei der CD-Produktion über hinreichende Erfahrungen im Umgang mit dieser Musik verfügte. Der eigentlichen Oper ist eine Loa vorangestellt, ein Prolog, mit Musiken von Antonio Martín y Coll und Torrejón, sowie eine kurze Folge von Tänzen von Luca Ruiz de Ribayaz mit einer eindrucksvollen Passacaglia von Diego Fernández de Huete, woraus so eine Art Pastiche entsteht, ohne daß, bei der Geschlossenheit der musikalischen Konventionen, der Eindruck des Stilgemischs sich einstellt.
Am Ende des ersten Teils befinden wir uns im Garten der Venus, und anschließend gibt es einen bäuerlichen Tanz, in dem sich, wie in vielen Nummern dieser Oper, die Einflüsse einer damaligen populären lateinamerikanischen Musik zeigen. * Musikbeispiel: Tomás de Torrejón y Velasco - aus: "La púrpura de la rosa" - "El jardin de Venus" und "Baile del villano" Natürlich dauert dieser Tanz länger, und er könnte auch noch länger dauern als in dieser Aufnahme der peruanischen Oper "La púrpura de la rosa - Das Blut der Rose", denn bei Gelegenheit solcher Musik konnten die Musiker, ganz wie es der Harfenkonsort von Andrew Lawrence-King tut, ihre Kunst der diferencias, der Variationen, unter Beweis stellen. Im zweiten Teil kündigt sich das Unheil an, und es kommt, dem Gott Mars gemäß, mit militärischem Gepränge: * Musikbeispiel: Tomás de Torrejón y Velasco - aus: "La púrpura de la rosa" - "Los soldados" Der Todeskampf des Adonis wird in einer zwar karg besetzten, aber außerordentlich sprechenden Musik beschrieben, es setzt ein kurzer Lamento ein, und dann beendete Torrejón seine Oper erst mit der Moral von der Geschicht’ - Adonis steigt als Himmelsblume auf und darf sich neben dem Stern der Venus zeigen, weil die Liebe doch immer siegt. Anschließend folgt zum Ende der Fiesta, wie es ausdrücklich heißt, ein spanischer Bauerntanz aus dem 17. Jahrhundert, in dem vom sozialen Fortschritt die Rede ist: Dem Bauern gibt man heute, anno 1701, nicht nur die Zwiebel und das Brot, sondern auch Fleisch und Wein dazu, womit denn alles in Butter wäre. Peru war damals ein reiches Land, und die paar Millionen Inkas hatten die Spanier schon einhundertfünfzig Jahre zuvor ausgerottet. Immerhin: Daß überhaupt so etwas wie ein sozialer Aspekt in einer Fest- und Hofoper auftaucht, wirft zugleich ein bezeichnendes Licht auf eine durchaus unruhige latein-amerikanische Gesellschaft, und es bedeutet einen interessanten Aspekt der Musik des spanisch-peruanischen Komponisten Torrejón, daß er dieses Moment von Gegenwart in die mythische Apothéose einfügte. * Musikbeispiel: Tomás de Torrejón y Velasco - aus "La púrpura de la rosa" - "La música de dos orbes" und "Al villano que le dan?" Das war die neue Platte. Heute stellten wir Ihnen die Doppel-CD mit der spanisch-peruanischen Oper "La púrpura de la rosa - Das Blut der Rose" von Tomás de Torrejón y Velasco vor, die bei der Deutschen Harmonia Mundi erschienen ist.
Am Mikrofon sagt Norbert Ely Dankeschön für Ihre Aufmerksamkeit