Leicht zu finden ist es wirklich nicht. Kurz vor Neapel muss man mit dem Wagen von der Autobahn. Und da beginnt das Problem. Wer nicht aus dieser Gegend stammt, verliert sich leicht in dem Vorstadtmoloch der Vesuvmetropole. Es geht durch Ortschaften, die nahtlos in ihrer Anonymität ineinander übergehen. Gugliano in Campania, Arzano, Afragola und wie sie alle heißen.
Namen von Orten, die der investigative Journalist Roberto Saviano in seinem Buch "Gomorrha" aufzählt. Orte, in denen die organisierte Kriminalität, die Camorra, regiert. Auch Casorna gehört zu diesen Kleinstädten. Neubauten, Fabriken, ungepflegte Straßen. Wer kann, zieht hier weg. Die die bleiben passen sich an, ordnen sich den mafiösen Gegebenheiten unter oder begehren auf.
Auf die Frage, wo man das CAM findet, das Contemporary Art Museum in Casoria, bekommt man so gut wie keine Informationen. "Kennen wir nicht", lautet die Antwort, oder aber: "Interessiert uns nicht". Omertà nennt man so ein Verhalten, bewusstes Verschweigen. Aber Museumsdirektor Antonio Manfredi lässt sich von diesem Verhalten nicht entmutigen. Im Gegenteil. Er organisiert derzeit eine neue Ausstellung zum Thema Mafia:
"Man denkt immer, dass von hier ja nichts Positives kommen kann. Das CAM beweist, dass das nicht immer zutrifft. Mit regionalen und kommunalen Geldern haben wir dieses Museum aufgebaut. Es kann natürlich nicht mit anderen Museen zur zeitgenössischen Kunst in Italien wie hier auch in Neapel verglichen werden, aber in Casoria ist zum Symbol geworden. Gegen die allgegenwärtige Mafia, denn es gehört schon Mut dazu, in so einer Gegend Kunst gegen Mafia auszustellen. Schon in den 90er-Jahren wurde dieses Museum geplant."
Aber erst 2008 wurde das CAM eröffnet. Ein einfaches und unscheinbares Gebäude, nicht attraktiver als alle anderen Bauten in Casoria. Gezeigt wird auf 3500 Quadratmetern Ausstellungsfläche zeitgenössisches Kunstschaffen aus Italien. Das Museum verfügt über die umfangreichste Sammlung von Objekten zeitgenössischer Künstler aus dem Großraum Neapel. Auch zahlreiche Werke ausländischer Künstler sind vertreten. Rund 1500 Werke, unter anderem von Renato Barisani und den deutschen Renate Christin und Manfred Mayerle. Darüber hinaus besitzt das Museum eines der in Italien größten Videokunstarchive. Antonio Manfredi:
"Ich habe auch eine Menge junger Künstler aus Neapel und Umgebung ausgewählt, die hier zum ersten Mal einen Ausstellungsort finden. Interessant ist, dass jedes Mal, wenn wir eine Ausstellung machen, Italiens wichtigste Kunstexperten und Kuratoren zu uns kommen, um sich über neue Kunsttendenzen und Künstler zu informieren. Dieser Ort hier ist fantastisch, weil das Elend draußen vor der Tür mit Kunst konfrontiert wird."
Manfredi bevorzugt Künstler, die die soziale Realität der Mafia aufgreifen. Er ist davon überzeugt, dass an einem Ort wie Casoria die künstlerische Thematisierung einer so stark das alltägliche Leben bestimmenden Realität unbedingt im Vordergrund stehen sollte. Wenn nicht hier, sagt er, wo dann?
Die von ihm ausgestellte Kunst wie auch das Museum werden nur von wenigen Bewohnern Casorias willkommen geheißen. Der Umstand, dass das Museum in ganz Italien Interesse erregt und viele Besucher von auswärts anzieht, passt den lokalen Bossen überhaupt nicht. Seit einiger Zeit kommt es zu Einschüchterungen. Das Eingangstor zum Museum wird mit schweren Schlössern unzugänglich gemacht. Anonyme Briefe und Telefonate warnen die Museumsarbeiter vor möglichen Anschlägen. Wer hinter diesen Aktionen steht, ist für Manfredi und seine Mitarbeiter sonnenklar:
"Wir müssen feststellen, dass diese Aktionen seit einiger Zeit zunehmen. Dahinter stecken natürlich jene Leute, die Roberto Saviano, der übrigens unser Museumsprojekt mit unterstützt, ausführlich beschreibt. Lokale Bosse, denen es nicht gefällt, dass wir hier zu einer Anti-Mafia-Insel geworden sind, denn wir stellen ja auch Kunst aus, die sich mit der organisierten Kriminalität beschäftigt. Und es sind immer mehr Nachwuchskünstler, die dieses Thema aufgreifen."
Eröffnet wurde das CAM mit der Ausstellung "Camorra". Werke junger Künstler aus dem Großraum Neapel. Von Lello Lopez stammte zum Beispiel ein Bild, das in ganz Italien für großes Aufsehen sorgte. Lopez reproduzierte ein Porträt von Regierungschef Silvio Berlusconi, das ihn lachend im schwarzen Zweireiher von rotem Hintergrund zeigt. Das Bild trägt den Titel "Aufklärung". Der Künstler verlangt Antworten vom Medienzaren, bezüglich der Vorwürfe dunkler Machenschaften mit der Mafia.
Eine aktuelle Ausstellung zeigt afrikanische Nachwuchskünstler. Auch das gefällt nicht. Die Folge: Am Eingang finden sich immer wieder schwarze Kinderpuppen, die mit Nadeln durchbohrt oder geköpft sind. Deutliche Hinweise auf jene Leute, denen es nicht passt, dass einige der ausgestellten Kunstwerke das Thema der Ausbeutung schwarzer Einwanderer behandeln, die in der Gegend von Casoria unter unmenschlichen Bedingungen arbeiten. In landwirtschaftlichen Betrieben, die allesamt von Mafiabossen kontrolliert werden.
Namen von Orten, die der investigative Journalist Roberto Saviano in seinem Buch "Gomorrha" aufzählt. Orte, in denen die organisierte Kriminalität, die Camorra, regiert. Auch Casorna gehört zu diesen Kleinstädten. Neubauten, Fabriken, ungepflegte Straßen. Wer kann, zieht hier weg. Die die bleiben passen sich an, ordnen sich den mafiösen Gegebenheiten unter oder begehren auf.
Auf die Frage, wo man das CAM findet, das Contemporary Art Museum in Casoria, bekommt man so gut wie keine Informationen. "Kennen wir nicht", lautet die Antwort, oder aber: "Interessiert uns nicht". Omertà nennt man so ein Verhalten, bewusstes Verschweigen. Aber Museumsdirektor Antonio Manfredi lässt sich von diesem Verhalten nicht entmutigen. Im Gegenteil. Er organisiert derzeit eine neue Ausstellung zum Thema Mafia:
"Man denkt immer, dass von hier ja nichts Positives kommen kann. Das CAM beweist, dass das nicht immer zutrifft. Mit regionalen und kommunalen Geldern haben wir dieses Museum aufgebaut. Es kann natürlich nicht mit anderen Museen zur zeitgenössischen Kunst in Italien wie hier auch in Neapel verglichen werden, aber in Casoria ist zum Symbol geworden. Gegen die allgegenwärtige Mafia, denn es gehört schon Mut dazu, in so einer Gegend Kunst gegen Mafia auszustellen. Schon in den 90er-Jahren wurde dieses Museum geplant."
Aber erst 2008 wurde das CAM eröffnet. Ein einfaches und unscheinbares Gebäude, nicht attraktiver als alle anderen Bauten in Casoria. Gezeigt wird auf 3500 Quadratmetern Ausstellungsfläche zeitgenössisches Kunstschaffen aus Italien. Das Museum verfügt über die umfangreichste Sammlung von Objekten zeitgenössischer Künstler aus dem Großraum Neapel. Auch zahlreiche Werke ausländischer Künstler sind vertreten. Rund 1500 Werke, unter anderem von Renato Barisani und den deutschen Renate Christin und Manfred Mayerle. Darüber hinaus besitzt das Museum eines der in Italien größten Videokunstarchive. Antonio Manfredi:
"Ich habe auch eine Menge junger Künstler aus Neapel und Umgebung ausgewählt, die hier zum ersten Mal einen Ausstellungsort finden. Interessant ist, dass jedes Mal, wenn wir eine Ausstellung machen, Italiens wichtigste Kunstexperten und Kuratoren zu uns kommen, um sich über neue Kunsttendenzen und Künstler zu informieren. Dieser Ort hier ist fantastisch, weil das Elend draußen vor der Tür mit Kunst konfrontiert wird."
Manfredi bevorzugt Künstler, die die soziale Realität der Mafia aufgreifen. Er ist davon überzeugt, dass an einem Ort wie Casoria die künstlerische Thematisierung einer so stark das alltägliche Leben bestimmenden Realität unbedingt im Vordergrund stehen sollte. Wenn nicht hier, sagt er, wo dann?
Die von ihm ausgestellte Kunst wie auch das Museum werden nur von wenigen Bewohnern Casorias willkommen geheißen. Der Umstand, dass das Museum in ganz Italien Interesse erregt und viele Besucher von auswärts anzieht, passt den lokalen Bossen überhaupt nicht. Seit einiger Zeit kommt es zu Einschüchterungen. Das Eingangstor zum Museum wird mit schweren Schlössern unzugänglich gemacht. Anonyme Briefe und Telefonate warnen die Museumsarbeiter vor möglichen Anschlägen. Wer hinter diesen Aktionen steht, ist für Manfredi und seine Mitarbeiter sonnenklar:
"Wir müssen feststellen, dass diese Aktionen seit einiger Zeit zunehmen. Dahinter stecken natürlich jene Leute, die Roberto Saviano, der übrigens unser Museumsprojekt mit unterstützt, ausführlich beschreibt. Lokale Bosse, denen es nicht gefällt, dass wir hier zu einer Anti-Mafia-Insel geworden sind, denn wir stellen ja auch Kunst aus, die sich mit der organisierten Kriminalität beschäftigt. Und es sind immer mehr Nachwuchskünstler, die dieses Thema aufgreifen."
Eröffnet wurde das CAM mit der Ausstellung "Camorra". Werke junger Künstler aus dem Großraum Neapel. Von Lello Lopez stammte zum Beispiel ein Bild, das in ganz Italien für großes Aufsehen sorgte. Lopez reproduzierte ein Porträt von Regierungschef Silvio Berlusconi, das ihn lachend im schwarzen Zweireiher von rotem Hintergrund zeigt. Das Bild trägt den Titel "Aufklärung". Der Künstler verlangt Antworten vom Medienzaren, bezüglich der Vorwürfe dunkler Machenschaften mit der Mafia.
Eine aktuelle Ausstellung zeigt afrikanische Nachwuchskünstler. Auch das gefällt nicht. Die Folge: Am Eingang finden sich immer wieder schwarze Kinderpuppen, die mit Nadeln durchbohrt oder geköpft sind. Deutliche Hinweise auf jene Leute, denen es nicht passt, dass einige der ausgestellten Kunstwerke das Thema der Ausbeutung schwarzer Einwanderer behandeln, die in der Gegend von Casoria unter unmenschlichen Bedingungen arbeiten. In landwirtschaftlichen Betrieben, die allesamt von Mafiabossen kontrolliert werden.