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Tourismus auf Malta

Ein Thema in einem Seminar behandeln. Gut und schön, aber doch fehlt es oft an den wirklichen Einblicken. Nachdem sich 25 Studierende ein Semester lang mit dem Tourismus auf Malta beschäftigt hatten, zog es sie mit Fragebögen bewaffnet auf die Insel.

Jörg-Christian Schillmöller |
    Hello, we are from Luneburg in Germany, I am Yvonne if it makes you feel better.

    Die Küstenstraße in der maltesischen Stadt Sliema ist nicht gerade ein friedliches Plätzchen. Pausenlos rauschen Autos vorbei - aber die Menschen auf der Uferpromenade stört das wenig. In kleinen Grüppchen flanieren Touristen auf und ab - und werden dabei angesprochen von deutschen Studenten, bewaffnet mit Zettel und Stift.

    Die Idee war, etwas für die Lüneburger Studenten zu machen, also wir sind Geographen, eingebunden in Umwelt- und Kulturwissenschaften, und wir alle interessieren uns sehr für den Tourismus und das Thema Nachhaltigkeit.

    Professor Martina Fuchs ist mit 25 Studenten für eine Woche auf Malta. Ein Semester lang hat sich die Gruppe mit dem Klima hier, mit der Geologie, der Kultur und vor allem: mit dem Tourismus befasst. Mit Fragebögen sollen die Studenten jetzt Theorie und Praxis an Ort und Stelle vergleichen. Die Hauptfrage: Wie nachhaltig ist der Tourismus hier auf Malta? Lagebesprechung im Hotel: Oliver Scheffer hat einen der Fragebögen in der Hand.

    Also hier fragen wir zum Beispiel: Glauben Sie, dass Malta ein Müllproblem hat, ja oder nein - und warum."
    Das ist doch eine Suggestivfrage, oder? Sprich: Malta HAT ein Müllproblem...
    "Na ja, von der Mimik her sollten wir neutral sein, aber ein bisschen drauf gestoßen werden die Leute schon...


    Unabhängig von ihrer Herkunft sagen viele Touristen sofort: Ja, Malta hat ein Müllproblem. Yvonne Gritschneder erzählt von einer sehr engagierten Kanadierin.

    Die wohnte also privat, bei Verwandten und hatte darum echt viel Kontakt zu Einheimischen. Und sie hat immer mit ihren Cousins diskutiert, ‚hey warum schmeißt ihr das hier weg, warum kümmert ihr euch nicht um eure Insel... Ihr interessiert Euch nur dafür, dass ihr ein schnelles Auto habt und die Mädels gut aussehen’, also genauso hat die das gesagt.

    Und damit vielen Besuchern aus der Seele gesprochen. Selbst der zuständige Tourismus-Minister, Francis Zammit Dimech, äußert sich überraschend klar:

    Ja, wir haben hier ein Müllproblem - weil die Insel so klein ist. Unser Müllberg wird aber zum 1. Mai 2004 geschlossen und wir haben schon eine neue Umweltstrategie, mit mehr Mülltrennung in den Haushalten und Hotels. Wir planen sogar die Erschaffung von neuen kleinen Inseln im Meer, und zwar mit dem Müll aus der Bauindustrie, denn der macht 80 Prozent des gesamten Mülls aus.

    Die Lüneburger Studenten arbeiten in Zweiergruppen und müssen je 15 Fragebögen vollbekommen. Ein junges Paar aus Leipzig bleibt stehen, die beiden sind gesprächig. Ja, na klar gibt es hier Probleme, erzählen sie sofort, vor allem sei die Landschaft so zugebaut. Yvonne Gritschneder und Oliver Scheffer machen fleißig Kreuzchen auf ihren Fragebögen oder schreiben die Antworten gleich mit - so wie bei Frage 24.

    Glaubt ihr, dass die Touristen hier Rücksicht nehmen auf die Insel?

    Also ich sag mal, ohne jetzt böse sein zu wollen, die Engländer, also die essen doch eh nur was sie von Zuhause kennen, vor allem beim Frühstück, die interessieren sich doch kaum für Malta, das finde ich schon rücksichtslos.

    Ich finde, den Touristen ist das Müllproblem deshalb egal, weils eben nicht ihres ist. Sie kriegen es ja auch von den Maltesern nicht anderes vorgelebt, und bis sie hier dann mal nen Mülleimer finden, vergeht viel Zeit.

    Eine Woche Exkursion auf Malta: Die Auswertung der Bögen wartet nach der Rückkehr in Lüneburg auf die Studenten. Dennoch eine erste Manöverkritik am Straßenrand. Sie habe zum Beispiel ein sehr gutes Gespräch über Umwelt und EU mit einem Einheimischen geführt, erzählt Yvonne Gritschneder - aber für die sei ja der Fragebogen gar nicht gedacht. Also, die erste Lehre für das nächste Mal:

    Mehr die Malteser einbeziehen!

    Habt ihr euch nun wohl gefühlt auf der Insel?

    Ich schon, und ich würd auch wiederkommen.

    Ich weiß nicht, das Projekt hier war interessant, sicher, das Meer ist schön - aber ich brauch nicht wiederzukommen. Ich kann mit der Mentalität der Italiener mehr anfangen...