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Touristen statt Terror

Kamelrennen, historische Ausgrabungsstätten und Wüstensafaris - all das könnte Touristen nach Algerien locken, wenn sich viele potenzielle Besucher nicht vor Terroranschlägen und anderen Gefahren fürchten würden. Algerien versucht nun, das Landesimage zu verbessern.

Von Martina Zimmermann |
    "Willkommen! Djemila ist seit 1982 Weltkulturerbe. Djemila wurde 89 gegründet, im ersten Jahrhundert nach Jesus Christus, von Kaiser Nerva Augustus. Der antike Name ist Cuicul. Djemila ist wirklich anders als die anderen archäologischen Ausgrabungsstätten in Algerien, wegen seiner geografischen Lage in der Höhe. Und wegen seiner Schönheit! Djemila heißt auf Arabisch die Schöne, die Schönheit."

    Amar Chaib führt Besucher durch die römischen Ruinen, die in einem Tal liegen, inmitten von über 1100 Meter hohen Bergen. Römische Säulen ragen neben Bäumen in den blauen Himmel, die Tempel liegen inmitten von hoch wachsendem Gras, um das antike Theater blühen Dotterblumen und Löwenzahn, in den fantastisch erhaltenen Thermen wachsen Veilchen und Mohn. Djemila hat den Charme eines etwas verwilderten Freiluftmuseums. Der deutsche Journalist Thomas Hasel ist zum ersten Mal in Algerien:

    "Wir kennen fast die ganze Welt über Fotos, über Film, über Fernsehen, über Bilder. Aber Algerien kennt man aus Deutschland kaum. Man kennt kaum Bilder außer politischen Terrorismus und so weiter. Und dann kommt man an den Ort, vollkommen unbekannt, und er ist grandios. Also ich finde den vergleichbar mit Pompeji, mit römischen Ausgrabungsstätten, ich bin sprachlos. Ich bin empört, dass ich bisher noch nichts darüber wusste, dass es das hier gibt; dass es nicht mehr Werbung dafür gibt, dass es so unbekannt ist. Auf der anderen Seite ist das natürlich die große Besonderheit, der Charme, und der Reiz, der das hier ausmacht. Man sieht fast nur algerische Touristen, was auch nicht schlecht ist. Nicht 5000 Busse mit Spaniern, Deutschen und Engländern. Das ist einer der Orte, den man gesehen haben muss einmal im Leben."

    "Wir haben also die Römer rausgeworfen. Die Vandalen kamen. Wir haben sie hinausgeworfen. Die Araber kamen. Sie haben uns hinausgeworfen. Sie haben uns drangekriegt. Da sie die gleiche Hautfarbe hatten wie wir, haben wir sie nicht kommen sehen. Sie haben sich mit uns vermischt - und bis heute wissen wir nicht, wer sie sind und wer wir sind. Einige Jahrhunderte später kamen die Portugiesen, wir haben sie rausgeworfen. Die Spanier kamen, wir haben sie rausgeworfen. Die Engländer wollten kommen. Sie sind leider nicht gekommen. Die Türken sind gekommen, wir haben sie hinausgeworfen. Die Franzosen sind gekommen, wir haben sie hinausgeworfen. Entschuldigung!"

    Mit Humor erzählt der algerische Komiker Fellag die Geschichte seines Landes, die von zahlreichen Invasionen geprägt ist. Auf ihren Spuren findet man Grabmäler der Berber und Numiden, die Geburtsstätte des Heiligen Augustinus, der im vierten Jahrhundert nach Christus Bischof des heutigen Annaba war! Seine Überreste sind in der Basilika, die Ende des 19. Jahrhunderts zu seinen Ehren in Annaba erbaut wurde. Der Philosoph studierte in Madauros, auch diese römische Ruinenstadt liegt in Ostalgerien inmitten von Feldern mit rotem Mohn und Silberdisteln; daneben weiden Schafe in unberührter Natur. Ein Großteil der Schätze liegt noch unter der Erde. Archäologen aus aller Welt kommen zu Ausgrabungen nach Algerien.

    Timgad ist die zweitgrößte römische Stadt nach Pompeji. Adel Minina zeigt das Forum, die 4000 Plätze im Amphitheater, wo jeden Sommer ein Musikfestival stattfindet. Der Triumphbogen ist das wichtigste Denkmal der Stadt, in der ab 100 nach Christus römische Legionäre im Ruhestand lebten. Der französische Archäologe Roger Hanoune erklärt:

    "Die Besonderheit von Timgad ist, dass man in dieser römischen Stadt die außergewöhnliche Regelmäßigkeit sieht, die Symmetrie. Dieser völlig künstliche Städtebau ist in gewisser Weise sehr kurios, denn da ist nichts Natürliches, wo sich eine Stadt spontan entwickelt - wie andere römische Städte. Aber nur das alte Herz der Stadt, das aus 100 nach Christus stammt, ist perfekt geometrisch. Ein paar Jahrhunderte später vergrößerte sich die Stadt natürlich und spontan. Wenn man den Plan von Timgad anschaut, kann man sagen, es ist der Triumph des geometrischen Städtebaus. Aber man kann auch sagen, das ist das perfekte Beispiel, dass dieser zum Scheitern verurteilt ist!""

    Auch die Aussicht auf das umliegende Aures Gebirge ist außergewöhnlich. Doch auch in Timgad sind nur ganz vereinzelt Touristen anzutreffen. Der Österreicher Richard Röder:

    "Es ist wirklich überwältigend. Ich war bei vielen römischen Ausgrabungen, die sehr schön waren. Aber in dieser Größenordnung und soviel noch erhalten, das habe ich noch nicht gesehen. Das ist wirklich ganz toll. Ich bin echt begeistert."

    Die meisten Besucher sind Algerier, denn die reisen gerne, auch im eigenen Land. Sie machen den Großteil der über zwei Millionen Urlauber im Jahr aus. Ein Student aus dem Norden schlendert mit seiner Freundin durch die Ruinen:

    "Wundervoll, wunderbar, außergewöhnlich! Jedes Mal, wenn du in Algerien verreist, könntest du meinen, du bist in einem anderen Land. Hier ist es nicht wie bei mir zu Hause in der Kabylei! Und im Süden könnte man glauben, woanders zu sein und nicht in Algerien. Alles ist anders, es gibt andere Berber, andere Kulturen, andere Sehenswürdigkeiten als bei uns im Norden. Ich habe als Heimat mehrere Länder in einem einzigen Land!"

    Vom Mittelmeer - 1200 Kilometer Küste mit Städten wie Algier, Oran, Annaba oder Constantine - bis in die Saharawüste erstreckt sich Algerien, fünf Mal so groß wie Frankreich. Timgad liegt zwischen Meer und Wüste, im Aures Gebirge, dessen höchster Berg 2327 Meter hoch ist.

    "Das ist unser traditioneller Kuchen. Hirsekörner, die zuerst in der Pfanne gebraten und dann mit zerdrückten Datteln vermischt werden, mit natürlicher Ziegenbutter. Aus dem Teig werden Vierecke geformt. Das soll Glück bringen, Sie müssen das probieren!"

    Smail Nouri ist Lehrer im Ruhestand. Er empfängt ausländische Besucher im Rathaus von Arris im Aures Gebirge. Smail trägt einen lila Schal und eine Baskenmütze, sieht eigentlich eher aus wie ein französischer Künstler der Nachkriegszeit. Er wurde als Franzose geboren, vor der Unabhängigkeit Algeriens. Heute führt Smail zur Schlucht Tighanimine. Hier begann der Krieg um die Freiheit, als am 1. November 1954 ein französisches Lehrerehepaar überfallen wurde: Der offizielle Beginn des Algerienkriegs, der bis 1962 dauerte. Auf diese, ihre "Revolution" sind die Algerier heute noch stolz:

    "Das Volk musste aufstehen und 'Halt' sagen zur kolonialen Unterdrückung durch die Franzosen, um frei zu leben. Es gab Krieg, die Algerier wurden damals gefoltert. Manche hatten keinerlei Rechte in ihrem eigenen Land. Sie durften arbeiten und essen, aber ihr Land gehörte ihnen nicht mehr. Sie arbeiteten für Kolonialherren."

    In Algier ist das "Museum der Märtyrer", sein Denkmal der für die Unabhängigkeit Gefallenen, weithin sichtbar. Bei Staatsempfängen werden hier Kränze niedergelegt. Unter dem eiffelturmförmigen Denkmal wird im Museum die Geschichte der algerischen Revolution dargestellt, der Widerstand gegen die Kolonialherren ab 1830 bis hin zum Befreiungskrieg ab 1954. Am 5. Juli 1962 feierte das Volk in den Straßen von Algier die Unabhängigkeit, es ist der Nationalfeiertag.

    Wenn die Morgensonne auf die Hügel von Algier scheint, bildet das Weiß der Häuser einen Kontrast zum blauen Meer. Die weitläufige Bucht der algerischen Hauptstadt wird ihrer Schönheit wegen mit der von Rio de Janeiro verglichen. Die Architektur der Stadt erinnert eher an Marseille, mit den Boulevards aus der Kolonialzeit, mit den Café-Terrassen, den kleinen Fischerhäfen mit exzellenten Restaurants.

    Die Kasbah, die Altstadt mit ihren kleinen Gassen und verborgenen Palästen, ist seit 1992 UNESCO-Weltkulturerbe. Reda Gazeli, in der Kasbah geboren, führt im Auftrag des Nationalen Tourismusbüros Besucher durch das Labyrinth aus Winkeln und Treppen.

    "Es gibt keine Building, keine Hochhäuser, nur kleine Paläste, kleine Häuser, das ist pittoresk. Wenn wir ein Haus in der Kasbah besichtigen: Es gibt einen Vorraum, einen kleinen Hof mit einem Brunnen in der Mitte, und ringsum gibt es Zimmer - und es gibt eine Terrasse, wir haben einen schönen Blick über das Meer."

    Viele Gebäude in der Kasbah müssen gestützt werden, damit sie nicht zusammenfallen. Der Palast der ottomanischen Deys aus dem 15. Jahrhundert befindet sich in Renovierung, die Zitadelle kann aber bereits besichtigt werden. Vor allem der frühere Harem beeindruckt durch die vielen kleinen Löcher in der Wand, durch die die Frauen beobachten konnten, was auf dem Hof ablief.

    Heute sieht man in den Straßen von Algier viele Frauen in westlicher Kleidung, ältere tragen das traditionelle weiße Tuch, den Haik, junge Mädchen häufig das islamische Kopftuch. In der Kasbah sind auch verschleierte Frauen. In den neunziger Jahren trauten sich nicht einmal die Bewohner von Algier in die Kasbah. Schießereien zwischen Polizei und fundamentalistischen Terroristen waren an der Tagesordnung. Doch inzwischen kommen sogar Ausländer. Die Bewohner scheinen beim Anblick der seltenen Gäste begeistert, wie diese alte Dame:

    "Wenn Sie zu mir zum Kaffee kommen wollen, wäre ich sehr glücklich; oder zu einem Couscous."

    Die Nationalhymne singend, rast Hodscha in einem Kleinbus durch Algier. Der Chauffeur schlängelt sich zentimeterknapp durch die endlosen Staus der Hauptstadt, bringt ausländische Gäste - in dem Fall aus Libyen - sicher an ihr Ziel. Ein französisches Unternehmen baut zwar nun endlich eine U-Bahn, aber noch gibt es keine Alternative zum Auto. Deshalb nimmt Hodscha freundlicherweise auch zwei ältere Damen mit, die am Straßenrand auf einen überfüllten Bus warten.

    Polizistinnen in blauer Uniform regeln den Verkehr. An jedem Kreisverkehr, an jeder Kreuzung wacht die Polizei oder die Armee. Hodscha erklärt:

    "In der ganzen Welt gibt es ein Sicherheitsaufgebot, nicht nur in Algerien, in der ganzen Welt. In Amerika haben sie am Nationalfeiertag sogar Flugzeugträger vor die Freiheitsstatue gestellt, um sie zu bewachen. Das gibt es nicht nur in Algerien."

    Wie viele Algerier ärgert es ihn, dass das Land immer nur mit Attentaten in Verbindung gebracht wird. Der ehemalige Tourismusminister Nourreddine Moussa schimpft:

    "Bestimmte Medien wollen es nicht wahrhaben, dass die Neunziger Jahre hinter uns liegen. Unser Präsident hat ein Programm für den Wiederaufbau in Höhe von 40 Milliarden Dollar! Um speziell von den Deutschen zu reden: Im letzten Jahr kamen 25.000 im Rahmen ihrer Arbeit, mit einem Visum von der algerischen Botschaft in Deutschland! Wenn es sich ums Geldverdienen dreht, kommen Unternehmen aus aller Welt! Aber wenn man von Tourismus redet, heißt es gleich El Kaida!"

    Die ONAT-Büros des Tourismusministeriums sind Ansprechpartner, die Reiseagenturen und Führer vermitteln. Mit algerischen Freunden, die sich auskennen, zu reisen, empfiehlt Radioreporter Sofiane Saouli. Sein Tipp zum Umgang mit Land und Leuten:

    "Bloß nicht mit der Limousine ankommen und sagen, ihr seid aber dreckig, ihr esst mit den Händen! Nein! Mit den Leuten gehen, mit ihnen sitzen, sie anhören. Nicht als Kolonialherr kommen und sagen, warum macht ihr es so? Das Leben in Algerien kann man nicht mit dem in Europa vergleichen. Aber Sie sind da, um unser Leben zu entdecken."

    Zum Leben gehört auch das Nachtleben, und dafür ist Oran berühmt. Die Heimatstadt der Raimusik, in der auch der weltberühmte Sänger Khaled zur Welt kam, liegt im Westen Algeriens. Es ist die zweitgrößte Stadt des Landes.

    "Ich präsentiere mich, ich bin Cheb Kader. Ich bin nur in Oran bekannt, in Algerien. Ich war noch nie in Frankreich. Man machte mir bisher nur Versprechungen. Ich würde gerne in Frankreich singen, warum nicht - wie die anderen Künstler."

    Cheb Kader singt jede Nacht im Sol Azur, einem bekannten Kabarett von Oran. Er trägt knallenge weiße Hosen und zeigt sein Bäuchlein im engen roten Hemd. Auch die Mädchen hier haben keine Komplexe wegen ihrer Pfunde. Sie zeigen ihre Rundungen in engen Röcken, bauchfreien T-Shirts. Der Whisky fließt in Strömen, oder der Champagner.

    Cheb Kader redet immer noch "100.000-Dank" und nun fangen die Musiker an zu spielen.

    Cheb Kader lobpreist die Gäste, die ihm Geldscheine zustecken. Er hält einen ganzen Packen voller Scheine in der Hand. Je mehr einer gibt, desto wichtiger ist er. Für Kader sind die Scheine sein Salär. Je besser ein Cheb, ein Raisänger, singt, desto mehr Geld verdient er.

    In einem dieser Kabaretts hat auch der berühmte Khaled angefangen. Er ist als Kind der Stadt Oran übrigens inzwischen so bekannt, dass es sogar einen Wein mit seinem Namen gibt, "Cuvée Cheb Khaled". Der Rai, dieser Blues der Algerier, besingt Alkohol und Sex, Tabus in einer vom Islam und von Geschlechtertrennung geprägten Gesellschaft. Die Sänger nennen sich Cheb, das heißt jung - und sie improvisieren in den Kabaretts manchmal recht gewagte Texte.

    "Wir liebten uns in einer Baracke" oder "Das Bier ist algerisch, der Whisky international" waren beliebte Hits aus der Anfangszeit von Khaled oder Cheb Mami. Dass Cheb Kader, der im Sol Azur auftritt, homosexuell ist, dass die Mädchen einen sogenannten "schlechten Lebenswandel" haben, dass sich gar Transvestiten unter die Tanzenden mischen, das stört hier niemanden. Hier wird gefeiert, und zwar die ganze Nacht durch.

    "Jeden Abend läuft das hier so ab, fast alle Abende. Ich arbeite im Hotel Hadaf, meine Nummer dort dauert eine Stunde, und danach bin ich hier im Sol Azur, den ganzen Abend, bis zum morgen, klar, bis sechs, sieben Uhr, das hängt von der Kundschaft ab. So sieht das Leben eines Raisängers aus. Nachts wird gesungen."

    Wenn die Beduinen tanzen, knallen Schüsse. Die Männer schwenken dabei ihre Gewehre und ballern im Rhythmus. Doch die Menschen und ihre Bräuche sind so unterschiedlich wie die Landschaften der algerischen Sahara, zwei Millionen Quadratkilometer Wüste.

    Tammanrasset liegt 2000 Kilometer vom Mittelmeer entfernt. Auf dem Platz des 1. November steht eine bizarr gebeugte Tamariske. Sie war Anfang des 20. Jahrhunderts der einzige Baum in Tamanrasset, aber damals bestand der Ort nur aus ein paar Strohhütten zwischen zwei ausgetrockneten Flussbetten am Fuß des Hoggargebirges. Abdelkader Hiri führt durch das erste Haus des Ortes, die Einsiedelei des französischen Missionars Charles de Foucauld, die 1905 gebaut wurde:

    "Vor einem Jahrhundert, als Charles de Foucauld ankam, gab es 20 Feuerstellen, wie er sagte. Wenn man drei Leute pro Feuer rechnet, gab es damals 60 Einwohner. Heute, über ein Jahrhundert später, sind es 78.000."

    Eine besondere Attraktion sind die Kamelrennen, die in Tamanrasset jeden Freitag im ausgetrockneten Flussbett Oued Sersouf stattfinden. Brahim Damerna organisiert die Rennen:

    "Es braucht Geschwindigkeit, Ausdauer und Kraft, um zu gewinnen. Und die Kamele müssen gut dressiert sein, um in einer solchen Menschenmenge auf der Bahn zu bleiben."

    Die Einwohner von Tamanrasset feuern Tiere und Reiter an, die Kamele rennen mit angelegten Ohren und schlabbernden Lippen über die Rennbahn und wirbeln Staub auf. Die Reiter sitzen mit den Füßen nach vorne auf dem Höcker, schwingen ihre Rute und wackeln im Rhythmus des Tribbelgalopps der Kamele. Das sieht graziös aus - und witzig.

    Obwohl der Jeep die Kamele als Transportmittel weitgehend ersetzt hat, haben die Tiere für die Tuareg eine große Bedeutung. Abdelkader Regagda hat eine Reiseagentur mit fünf Jeeps - und eine Kamelherde:

    "Mit den Kamelen kannst du leben, nicht aber mit einem Auto. Wenn es eine Panne hat und dir das Ersatzteil fehlt, hat es keinerlei Chance mehr. Im Winter nehme ich das Auto. Aber im Sommer reise ich auf Kamelen in die Wüste, mit meiner Familie oder meinen Freunden. Dann bleibt das Auto in der Garage. Das sind unsere Ferien."

    Auf dem alten Markt, auf dem auch Teppiche und Schmuck der Tuareg verkauft werden, geht es kosmopolitisch zu. Mohamed Solah schlendert im traditionellen blauen Gewand und mit einem grünen Tuareg-Turban zwischen den Ständen umher. Auf der Nase hat er eine Ray-Ban-Sonnenbrille, in der Tasche ein modernes Handy, mit dem er auch fotografieren kann.

    "Es gibt Internetcafés in Tamanrasset. Alles, was ihr in Europa habt an Technik, an Kommunikationsmitteln, an Fernsehsendern, haben wir auch in Tamanrasset. Ich trage normale Tuareg-Kleidung, aber die jungen Leute sind eine neue Generation. Sie tragen eine andere Kleidung, aber sie tragen die Tradition im Herzen."
    Zur Tradition gehört die Gastfreundschaft, und die ist auch für die jungen Leute, die Sportswear mit Baseballmütze tragen oder Jeans und den Tuareg-Turban, selbstverständlich. Im Theater von Tamanrasset bejubeln sie die Musik des lokalen Stars Zoukani. Am Wochenende, in dem islamischen Land sind das Donnerstag und Freitag, ist auch mitten in der Wüste etwas los.

    Tamanrasset ist auch der Ausgangspunkt für Touristen, die in die Wüste aufbrechen, mit dem Motorrad, dem Fahrrad oder zu Fuß, auf einem Kamel oder im Jeep, in eine Art prähistorisches Freiluftmuseum mit bizarren Felsen, hohen Gebirgen und riesigen Sanddünen. Abdelkader Regdada führt Touristen seit den Achtziger Jahren durch die Wüste:

    "Sie müssen essen wie wir. Wir zeigen ihnen, wie wir leben, wie wir reisen, wie wir uns orientieren, ohne Kompass und ohne GPS, nur an einem Berg, an den Farben des Sandes. Wir leben mit dem Touristen, wir zeigen ihm unsere Tradition. Wir stellen Zelte auf oder schlafen im Freien, essen eine Suppe, als Dessert gibt es Datteln, wir machen einen richtigen Tee dazu, und die Leute schauen die Sterne an, wenn wir ums Feuer sitzen."

    Fabrice Humbert aus der Normandie ist zum fünften Mal in der Sahara:

    "Wir haben uns in die Menschen dieses Landes verliebt. Wir kennen das Maghreb, waren in Marokko und Tunesien. Nirgendwo haben wir einen so herzlichen Empfang erlebt wie bei den Algeriern. Und im Süden ist der Empfang noch freundlicher. Deshalb reisen wir immer wieder dorthin, die Landschaften sind wundervoll."