Janbernd Oebecke: "Nach deutschem Recht ist der Betrieb von Banken durch die öffentliche Hand grundsätzlich zulässig. Die Probleme, die im Moment diskutiert werden, sind europarechtliche Probleme. Es geht darum, dass nach dem Europarecht der Staat - Bund, Länder oder die Gemeinden - Unternehmen, die im Wettbewerb stehen, keine Unterstützung gewähren darf, die ihnen Vorteile gegenüber ihren Konkurrenten einräumen. Die Diskussion bezieht sich auf die öffentliche Haftung. Für die Sparkassen und die Landesbanken haften die Kommunen bzw. Länder. Falls wirtschaftlich Schieflagen kommen sollten, können sich die Gläubiger dieser Banken an die Kommunen bzw. das Land halten. Diese Haftung, so sagen diejenige, die hier kritisch sind, stellt einen wirtschaftlichen Wert dar."
Das Stichwort heißt in diesem Zusammenhang: Gewährträgerhaftung. Der Anstaltsträger einer Sparkasse oder Landesbank, also die Kommune oder das Land, stehen für die Schulden einer öffentlichen Bank ein. Zwar ist diese Gewährträgerhaftung bisher nur einmal in begrenztem Maße in Anspruch genommen worden, sie wird dennoch von den privaten Banken als Vorteil gesehen. Denn dadurch hat eine Sparkasse oder Landesbank im Grunde soviel Kredit, wie eine Kommune oder Land Vermögen hat. Denn jeder Gläubiger einer öffentlichen Bank hat das Recht auf Erfüllung seiner Forderungen bei Konkurs einer Sparkasse durch den Träger, also den Staat. Da der Staat über die Steuerhoheit verfügt, kann er praktisch nicht bankrott gehen und damit auch nicht eine Sparkasse oder Landesbank.
Besonders die Landesbanken haben dadurch große Vorteile, die zum Beispiel bei der Westdeutschen Landesbank, Düsseldorf, auf 700 Millionen Mark pro Jahr geschätzt werden. Diese Vorteile liegen unter anderem darin, dass Landesbanken größere Risiken eingehen können, weil sie ja nicht nur mit ihrem, sondern dem Vermögen eines Bundeslandes haften. Dies schlägt sich auch auf die so genannten "Ratings" nieder, die Bewertungen der Kreditwürdigkeit. Sie werden von den führenden Rating-Agenturen Moody's oder Standard & Poor's in den USA veröffentlicht. Eine Bank, die sehr gute Ratings hat, kann sich günstiger re-finanzieren, sie muss also weniger Zinsen zahlen, wenn sie sich Geld besorgen möchte. Dies ist ein eindeutiger Wettbewerbsvorteil gegenüber den privaten Banken.
Allerdings ist dieser Wettbewerbsvorteil auf der Ebene der Sparkassen in den Städten nicht mehr so eindeutig, da diese nur regional tätig sind und kein Rating bekommen. Da sich Sparkassen aber über ihre Landesbanken refinanzieren, wird darin doch ein Vorteil gesehen. Michael Kranz, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse in Bonn, zieht jedoch in Zweifel, ob die Sparkassen durch ihre Gewährträger wirklich die behaupteten Vorteile genießen:
Michael Kranz: "Wenn die Gewährträgerhaftung Vorteile bieten würde, dann müsste sich dies ja in den Konditionen niederschlagen. Das heißt, wir müssten Einlagen günstiger bekommen als Privatbanken, weil eben Einlagen bei uns über die Gewährträgerhaftung sicherer sind. Das ist aber, wenn sie in die Zinstableaus, in die Vergleiche der Verbrauchervereinigungen schauen, nicht so. Jede Sparkasse muss am Markt die gleiche Kondition wie die Privatbanken bieten, sonst bekommt sie keine Einlagen mehr. Sie kann nicht mit dem Pfund der Gewährträgerhaftung auf das eine oder andere Viertelchen bei den Einlagenprozenten verzichten."
Die Kritik an den öffentlichen Bankinstituten entzündet sich daher auch weniger an den kleinen Instituten, sondern vor allem an den Landesbanken. Sie besitzen schon alleine wegen ihrer Größe einen bedeutenden Einfluss. Die Westdeutsche Landesbank, die WestLB, ist zum Beispiel die viertgrößte Bank Deutschlands. Da der Gewährträger der WestLB auch das Land ist, kann die jeweilige Landesregierung die Unternehmenspolitik beeinflussen, um etwa bestimmte wirtschaftspolitische Ziele zu erreichen. Diese wiederum können natürlich auch der Landesregierung bei Wahlen helfen, beispielsweise, wenn Arbeitsplätze erhalten bleiben. Wernhard Möschel, Professor für Wirtschaftsrecht und ehemaliger Vorsitzender der Monopolkommission, hebt hervor:
Wernhard Möschel: "Sparkassen und Landesbanken werden zu industriepolitischen Zwecken eingesetzt, da gibt es eine Fülle von Beispielen. Wenn etwa ein Maschinenbauunternehmen in Bielefeld in Schwierigkeiten gerät, dann springt die WestLB mit einer Bürgschaft ein, wenn der Fernsehsender Vox, der private, kränkelt, dann findet sich die WestLB im Gesellschafterkreis und fördert so die politische Zieldefinition, Köln zu einem Medienstandort zu machen. Wenn die Maxhütte in Bayern in Schwierigkeiten gerät, dann ist ein ganzer Kranz von öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten in Bayern mit eingesetzt. Das ist alles kein Zufall, das ist ein Phänomen, das mehr und minder unbestritten ist. Ob man das für sinnvoll hält oder nicht, ist eine schwierige Frage. Im allgemeinen sind das ordnungspolitisch unerwünschte Subventionen, die ja nur den Wettbewerb verzerren. Wenn man das für richtig hält, dann müsste man ein öffentlich-rechtliches Spezialinstitut vorhalten, das sich auf diese Zwecke beschränkt und sich von den allgemeinen Bankleistungen fern hält."
Die Kritik der privaten Banken und der Kommission in Brüssel hat nun schon dazu geführt, dass die Westdeutsche Landesbank künftig neu strukturiert werden soll. Zum Jahreswechsel hatte die viertgrößte Bank voraussichtlich eine Bilanzsumme von rund 420 Milliarden Euro. Nach der Neugliederung soll eine Landesbank mit einer Bilanzsumme von 120 Milliarden Euro entstehen, deren Tochter eine Aktiengesellschaft werden soll mit einer Bilanzsumme von 300 Milliarden Euro. Die Tochtergesellschaft könnte dann wie eine Privatbank auftreten. Und sogar an die Börse gehen. Der Verwaltungsratschef der WestLB, Karlheinz Bentele, hat dies erst am Freitag in Aussicht gestellt in einem Interview mit dem Handelsblatt. Allerdings, so heißt es in der aktuellen Berichterstattung, soll dieser Börsengang der Tochtergesellschaft noch mindestens fünf Jahre auf sich warten lassen und auch erst dann erfolgen, wenn die neue Bank tatsächlich Kapitalbedarf hat. Dieses Kriterium macht es schon deutlich, dass die privatwirtschaftliche Tochter einer öffentlich-rechtlichen Mutter sich ganz so benehmen wird wie andere Finanzinstitute auch. Allerdings soll der Umwandlungsprozess langsam verlaufen, um potenzielle Investoren nicht zu verschrecken.
Entzündet hatte sich die Kritik an der Westdeutschen Landesbank im Jahre 1992 wegen der Übertragung von Wohnungsbauvermögen des Landes - dies aber weit unter dem Marktpreis. Diese Zahlung wurde von der Europäischen Kommission als unerlaubte Beihilfe eingestuft. Noch immer fordert die EU eine Rückzahlung in Höhe von 1,6 Milliarden D-Mark. Einschließlich der Zinsen wird sich dieser Betrag derzeit auf etwa 3 Milliarden belaufen, so wird geschätzt.
Die Eingliederung des Wohnungsbauvermögens wurde ursprünglich auch unter dem Aspekt gesehen, dass die öffentlichen Banken keine Möglichkeit haben, sich Kapital über Aktienemissionen zu beschaffen. Daher sollte ihnen die Kapitalbeschaffung auch über Vermögen ihres Gewährträgers möglich sein. Die EU ist dieser Argumentation von Anfang an nicht gefolgt, und die Landesregierung in Nordrhein-Westfalen sowie die WestLB haben durch den Vorschlag einer Zweiteilung der Landesbank die Auffassung der Europäischen Kommission im Grunde bestätigt. Bei den Befürwortern des öffentlich-rechtlichen Bankensystems wird hinter vorgehaltener Hand davon gesprochen, dass die WestLB eingeknickt sei. Auf jeden Fall ist die Sparkassenseite zu Verhandlungen bereit über die öffentlichen Bestandsgarantien, wenn die grundsätzliche Rechtsform - eben öffentlich rechtlich - erhalten bleibt.
Über den derzeitigen Stand der Entwicklung gibt die WestLB keine Auskunft, wie auch die privaten Banken Interviews ablehnen, da sie der Auffassung sind, dass sich jetzt erst die Europäische Kommission äußern müsse.
Mit der Aufgliederung der WestLB ist die Zukunft der Sparkassen und Landesbanken wieder unsicher. Der Vorschlag des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes im Dezember vergangenen Jahres, die Gewährträgerhaftung nach 10 Jahren zu beenden, ist allerdings scharf kritisiert worden, besonders von der Ministerpräsidentin Heide Simonis aus Schleswig-Holstein. Sie befürchtet eine Zerschlagung des öffentlichen Bankensystems, das gegenüber den privaten Aktiengesellschaften Vorteile besitzt. Michael Kranz, Vorstandschef der Bonner Sparkasse:
Michael Kranz: "Hätten Sparkassen Aktionäre als Anteilseigner, müssten sie anders arbeiten als heute. Sie müssten Dividende zahlen und mehr als bisher Gewinnmaximierung betreiben. Nur die Tatsache, dass Sparkassen keine Aktionäre haben, sondern die Stadt als Gewährträger, versetzt die Sparkassen in die Lage, aufgabenorientiert zu arbeiten. Und insofern ist dies auch in Zukunft ein wesentlicher Vorteil für eine Region...Allgemein möchte ich das so auszudrücken. Wirtschaftliches Handeln kann nicht nur unter dem Prinzip des Shareholder Value betrieben werden... Konkret auf Bonn bezogen, heißt das, die Sparkasse hat das wesentliche Aufgabe, den Strukturwandel zu unterstützen."
Die engen Beziehungen der Sparkassen zu ihrer Region und deren Aufgaben wird auch von den Städten natürlich ähnlich gesehen wie von den Sparkassen selbst. Gerd Landsberg, Geschäftsführendes Präsidialmitglied des Städte-und Gemeindebundes:
Gerd Landsberg: "Sicherlich ist für den Kunden, für die Kommune die Gewährträgerhaftung auch ein Vorteil, weil es eine enge Bindung an den Bürger und natürlich auch der Stadt an die Sparkasse verursacht. Aber andererseits muss man auch sehen, dass die Sparkassen für diese Gewährträgerhaftung auch ein Teilsegement des Bankgeschäftes abdecken, was die großen Banken in Teilbereichen überhaupt nicht mehr abdecken. Ein klassisches Beispiel - bei den Sparkassen wird ja immer auf WestLB und die Landesbanken verwiesen. Es gibt natürlich im ländlichen Raum eine Vielzahl von kleinen Sparkassen, die Finanzdienstleistungen anbieten - um einmal ein paar Zahlen zu nennen: 75 Prozent aller Existenzgründerdarlehen laufen über Sparkassen, das ist für Großbanken uninteressant, weil damit wenig Geld zu verdienen ist; 80 Prozent der Konten von Sozialhilfeempfängern laufen über die Sparkassen. Das sind Dinge, die wir brauchen. Und wenn man mal ins Ausland schaut, in den USA haben wir die Situation, dass die Staaten teilweisen, den ja ausschließlich privaten Banken Geld zahlen müssen, damit diese Banken den Sozialhilfeempfängern Konten einrichten und insofern halte ich Sparkassen schon für einen wichtigen Bestandteil. Es ist auch wenig bekannt, dass Sparkassen in Deutschland mehr Steuern bezahlen als die Deutsche und Dresdner Bank zusammen. Das hängt an den internationalen Verflechtungen, die bei den großen größer sind."
Die Steuereinnahmen sind natürlich auch ein Argument der Kommunen für das öffentliche Bankensystem. Während die Großbanken durch geschicktes Ausnutzen der internationalen Steuergesetzgebung durch ihre globalen Verflechtungen, Steuern in Deutschland sparen können, ist das den regionalen Sparkassen nicht möglich. Sie müssen ihre Steuern - etwa die Gewerbesteuer - an die Gemeinde abführen. Darüber hinaus erhalten die Länder und Gemeinden auch über den Finanzausgleich Steuern, die sich - wenn auch sicher mit komplizierten Rechnungen - den öffentlichen Banken zurechnen lassen. Bei einer Zerschlagung des öffentlichen Bankensystems könnte das die Gemeinden empfindlich treffen.
Soweit wird es jedoch voraussichtlich nicht kommen. Der Vertrag der Europäischen Union stellt auch die Sparkassen nicht grundsätzlich in Frage. So sichert der Vertrag zum Beispiel die bestehende Eigentumsordnung, zu der auch die Sparkassen gezählt werden. Darüber hinaus wird im Artikel 16 auch die wirtschaftliche Betätigung des Staates nicht verworfen, wenn es sich um wirtschaftliche Dienste im allgemeinen Interesse handelt. Sparkassen können solche Dienste wahrnehmen.
Allerdings ist unbestritten, dass die Sparkassen in Deutschland wie auch die privaten Banken vor großen Herausforderungen stehen. Für die Sparkassen bedeutet dies, dass sie ihre Aufgaben neu definieren müssen. Dazu gehört auch, dass sie ihre Aufgaben überdenken. Thomas Hartmann-Wendels, Professor für Bankbetriebslehre an der Universität zu Köln:
Thomas Hartmann-Wendels: "Grundsätzlich gilt, dass jeder Eingriff in die freie Marktwirtschaft einen Fremdkörper darstellt. Insofern muss jeder Eingriff auch sorgfältig begründet werden. Das heißt jetzt andererseits nicht, dass man Sparkassen zerschlagen sollte, da würden wir sicherlich gewachsene Strukturen zerschlagen und würden unserer Wirtschaft großen Schaden zuführen. Andererseits besteht das Problem heute darin, dass wir einen Zustand haben, das wir einen vage formulierten öffentlichen Auftrag als Vehikel benutzen, dafür, dass das ganze Geschäft der Sparkassen unter die Obhut der Gewährträgerhaftung gestellt wird. Das ist intransparent und schafft unklare Verhältnisse. Hier brauchen wir eine Neudefinition des öffentlichen Auftrags, hier müssen wir genau sagen, worin soll dieser öffentliche Auftrag bestehen."
Schon heute fördern die Sparkassen überwiegend kleine und mittelständische Unternehmen. Sie vergeben auch Wagniskapital an Existenzgründer in der innovativen Technologiebranche, der Computerindustrie, der Medizintechnik. In Zukunft könnte die Aufgabe der Sparkassen noch verstärkt in diesem Bereichen liegen. Wichtig wäre aber, die zur Zeit hitzige Diskussion zu versachlichen. Professor Thomas Hartmann-Wendels:
Thomas Hartmann-Wendels: "Man muss schon sehen, dass in der Bankenwelt nicht primär um Gerechtigkeit gestritten wird, sondern dass hier Konkurrenten antreten, die um Marktanteile, um Renditen kämpfen, ihre eigenen Positionen vertreten. Andererseits gibt es auch in der wissenschaftlichen Diskussion diese Auseinandersetzung. Und hier geht es schon um Wettbewerb, wobei Wettbewerb kein Selbstzweck ist, sondern letztlich geht es darum, wie können die Aufgaben, die die Kreditwirtschaft wahrnimmt, möglichst effizient durchgeführt werden. Wettbewerb ist ein Element zur Steigerung der Effizienz. Insofern ist Wettbewerb schon ein Argument, das nicht vorgeschoben ist, sondern das eine Substanz hat, wenn auch die beteiligten Parteien, dieses Argument in parteiischer Weise auslegen. Das ist ganz klar."
So begründen die Sparkassen und Landesbanken ihre Existenz auch damit, dass sie für eine Wettbewerbskorrektur sorgen würden aufgrund der mächtigen Großbanken. Die privaten Banken hingegen bestreiten dieses Argument. Sie weisen darauf hin, dass die Sparkassen und Landesbanken in Deutschland rund 50 Prozent Marktanteil besitzen im Vergleich zu nur 16 Prozent der privaten Banken. Allerdings ist dieser Vergleich nicht unproblematisch, da sich die Zahlen nur auf Kundeneinlagen beziehen. Um den Markteinfluss genauer zu beziffern, müssten noch andere Kennzahlen herangezogen werden. Nimmt man die Kredite an Geschäftskunden und Privatkunden, dann sieht das Verhältnis anders aus, denn hier haben die Sparkassen nur einen Anteil von rund 37 Prozent.
Ferner stellt sich die Frage, ob nicht ein zentral gelenktes Kreditinstitut, mit einer Bilanzsumme von rund 1 Billion D-Mark, mehr Marktmacht hat als viele einzelne Sparkassen mit Bilanzsummen in zweistelliger Milliardenhöhe, was allerdings nur bei den ganz große Sparkassen der Fall ist. Wer nun also wie den Wettbewerb beschränkt, ist so einfach nicht zu beurteilen. Gewiß ist, dass die Landesbanken in der Tat aufgrund der Gewährträgerhaftung im internationalen Geschäft Vorteile in der Refinanzierung haben. Die Landesbanken werden daher auch in Zukunft in der Kritik stehen. Darüber hinaus stellt sich auch die Frage, wie das deutsche öffentlich-rechtliche Bankensystem in den gemeinsamen europäischen Markt passt. Professor Wernhard Möschel, ehemaliger Vorsitzender der Monopolkommission:
Wernhard Möschel: "Man muss sehen, dass die deutsche Bankenstruktur innerhalb der EG mittlerweile einzigartig ist. Österreich, Italien, Frankreich haben ihre öffentlichen Kreditinstitute privatisiert. Der öffentlich-rechtliche Sektor ist nur noch in Spanien bedeutsam. Dort gibt es keine Anstaltslast, keine Gewährträgerhaftung...Der Änderungsdruck wird von Brüssel her kommen, wegen der Verfahren, die dort in Gang gesetzt wurden. Kluge Politik müsste sich eigentlich rechtzeitig darauf einstellen."
Bundeskanzler Gerhard Schröder hat bei seinem Besuch am 22. November vergangenen Jahres in Brüssel den deutschen Standpunkt dargelegt. Der Bundeskanzler führte aus:
Gerhard Schröder: "Ich glaube, insbesondere auch beim Wettbewerbs-Kommissar gibt es viel Verständnis dafür, dass hier gewachsene Strukturen bei den Sparkassen, aber auch bei der Erbringung kommunaler Leistungen - über hunderte von Jahren gewachsen - aufeinandertreffen mit dem relativ neuen Beihilferecht Europas. Und dass dieses Aufeinandertreffen Sensibilität verlangt im Umgang mit beiden Bereichen; dass man diese gewachsenen Strukturen pflegen muss und dass man sehen muss, wie sie nun mit dem neuen Beihilferecht kompatibel sind."
Das Beihilferecht missbilligt die Begünstigung von Unternehmen. Da hilft auch nicht der Hinweis auf gewachsene Strukturen. Zwar stellt die europäische Kommission die deutschen Sparkassen nicht generell in Frage, sie hat allerdings in der Vergangenheit das Wettbewerbsprinzip für den gemeinsamen Markt immer hervorgehoben.Der jüngste Fall war der Credit Lyonnais. Die Kommission genehmigte die stattlichen französischen Hilfen von 13 Milliarden Mark für das Staatsunternehmen nur unter der Auflage einer späteren Privatisierung. Und so werden auch die öffentlichen Banken in Deutschland, besonders die Landesbanken, unter Beobachtung der Kommission bleiben.
Ein Ausweg wäre, die Landesbanken und später vielleicht auch einmal die Sparkassen in Aktiengesellschaften oder GmbHs umzuwandeln. Die Kommune oder das Land könnten Gesellschafter oder Aktionäre bleiben, gleichzeitig wäre die immer wieder kritisierte Gewährträgerhaftung dadurch beseitigt. - Diese oder eine andere Reform des öffentlichen Bankensystems wird unvermeidlich sein.