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Träumer, Traditionalist, Tycoon

Der große amerikanische Regisseur Sydney Pollack ist gestern im Alter von 73 Jahren in Los Angeles gestorben. Mit seinen Western und Komödien feierte er ebenso Welterfolge wie mit Leinwanddramen und gesellschaftskritischen Filmen. Sein Name ist mit denen der Besten Hollywoods verbunden. Unvergessen sind Meryl Streep und Robert Redford 1985 in "Jenseits von Afrika". Aber auch "Tootsie" mit Dustin Hoffman und "Die drei Tage des Condor" mit Faye Dunaway schrieben Filmgeschichte.

Von Josef Schnelle |
    "Die Menschen sind das großartigste aller Schauspiele." Mit diesem programmatischen Satz Sydney Pollacks beginnt der Trailer zu "Nur Pferden gibt man den Gnadenschuss". Der Film über ein Marathon-Tanzturnier in den 30er Jahren war 1969 der Durchbruch Pollacks als Filmregisseur. Er zeigte darin schon seine große Meisterschaft darin, Gesellschaftskritik in einer unterhaltsamen Show-Nummer zu verpacken. Seelisch und körperlich gebrochen nicht nur von der 100-stündigen Tanzstrapaze, sondern auch von ihrem erbärmlichen Leben in der Wirtschaftskrise bittet Jane Fonda als Hauptdarstellerin Gloria schließlich um den titelgebenden Gnadenschuss.

    Für Pollack war es bereits der 6ste Kinofilm. Und er hatte schon mit Sidney Poitier, Robert Redford und Burt Lancaster gearbeitet und galt in Hollywood als sicherer und zuverlässiger Studioregisseur, mit dem die Schauspieler gerne arbeiteten. Er selbst trat gelegentlich selbst ganz gerne als Charakterkopf in Filmen anderer Regisseure auf. Ein einziges Mal sogar in seinem eigenen Film. Mit "Tootsie" eroberte Pollack 1982 das für ihn gänzlich neue Komödiengenre und spielte den Agenten des Schauspielers Michael Dorsey, der keine Rollen mehr bekommt. Erst als Frau verkleidet hat er den verdienten Erfolg:

    Pollacks Werk als Regisseur ist mit rund 20 Filmen in 40 Jahren äußerst übersichtlich. Daneben war er aber auch als Produzent, Drehbuchautor und Ideengeber tätig und galt als einer der beliebtesten Mitspieler im Hollywood-Geschäft. Er erschuf mit "Die drei Tage des Condors" 1975 das Genre des politischen Abenteuerfilms und kritisierte mit diesem Film und Robert Redford in der Hauptrolle die amerikanische Geheimdienstpolitik. Und auch sein letzter Spielfilm "Die Dolmetscherin" war 2005 ein raffinierter Politthriller.

    Wenige Monate vor seinem Tod noch wurde er als einzig möglicher Regisseur für das US-Remake von Florian Henkel von Donnersmarks Stasifilm "Das Leben der Anderen" gehandelt. Wie man Politik in einem Film verpackt, das hat er wie kein anderer gewusst und erklärt es in einem Interview, dass 2005 entstand.

    Sydney Pollack nur auf das politische Kino zu reduzieren griffe vielleicht zu kurz, auch wenn selbst Genre-Klassiker wie der stilistisch großartige Gangsterfilm "Yakuza" - 1975 mit Robert Mitchum gedreht - nicht ganz von der Politik lassen mag und auch die Westernhelden in "Jeremiah Johnson" und in "Mit eisernen Fäusten" sich keineswegs im unpolitischen luftleeren Raum bewegen.

    Der größte Erfolg Sydney Pollacks ist allerdings ein klassischen episches Melodram. In "Jenseits von Afrika" erzählte er die Lebensgeschichte der Schriftstellerin Tania Blixen und ihre romantische Liebesgeschichte mit dem Abenteurer Denis Finch Hatton. Meryl Streep und Robert Redford wurden so 1985 zum Idealpaar der Traumfabrik. Der Mann zieht hinaus ins Abenteuer, doch er kehrt immer wieder zurück in die Arme der Frau, die ihn liebt. Das alles in der Weite Afrikas. Eine der Geschichten, die größer zu sein scheinen als das Leben selbst.

    Nach dem Ausflug ins klassische Hollywoodkino, für den er sieben Oscars bekam, beschäftigte sich Pollack mit überschaubareren, kleineren Projekten und war verstärkt als Produzent tätig. Sein allerletzter Film aber war 2005 noch einmal ein Neuanfang. Sydney Pollack versuchte sich an einem Dokumentarfilm. Er drehte in sogar selbst mit einer kleinen Handkamera. "Sketches of Frank Gehry" versucht zu ergründen, was hinter dem Mythos des Meisterarchitekten steckt.