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Transatlantische Gespräche im Haus der Kulturen der Welt

Durch den Irakkrieg hat das Ansehen Amerikas in der Welt gelitten. Vor diesem Hintergrund findet im Berliner Haus der Kulturen der Welt, das vor genau 50 Jahren mit amerikanischen Mitteln zur Förderung freiheitlicher amerikanischer Werte in Deutschland gegründet wurde, eine fünfteilige Veranstaltungsreihe statt. Die "transatlantischen Gespräche" bringen Politiker, Rechts- Religions- und Politikwissenschaftler zusammen, um Amerika und Europa einander zumindest auf intellektuellem Gebiet wieder anzunähern.

Von Frank Hessenland |
    Seit am letzten Mittwoch in Berlin die 'transatlantischen Gespräche' begonnen haben, sind zwei Dinge sehr deutlich geworden. Zum einen, dass Europäer und Amerikaner auf allen politischen Ebenen immer noch eine tiefe Kluft zu trennen scheint, wie die Probleme des 21. Jahrhunderts angegangen werden sollen. Das beschreibt nicht nur Bernd Scherer, Gastgeber und Intendant des Haus der Kulturen der Welt.

    " Ich glaube, dass wirklich in den letzten Jahren eine tiefgehende Entfremdung von unserer Gesellschaft bezogen auf die USA stattgefunden hat, dass man vieles einfach auch nicht mehr versteht, was da passiert. Der Irakkrieg, zum Beispiel, Vorfälle wie Guantanamo, Abu Graib ist sehr schwer von uns nachvollziehbar, was passiert da."

    Zum anderen aber scheint die deutsche Außenpolitik derzeit auch in Amerika eine enorm gute Figur zu machen. Haben wir etwa sogar den besten, fortschrittlichsten Außenminister der Welt? Buchautor, Regierungsberater und Referent der transatlantischen Gespräche Jeremy Rifkin ist dieser Meinung:

    " Die neuen Probleme in der Weltpolitik sind global. Euer Außenminister aber ist der erste Außenminister, den ich kenne, der versucht uns von einer geopolitischen Machtpolitik hin zu einer globalen Biosphärenpolitik zu führen."

    Tatsächlich machte Frank Walter Steinmeier am Mittwoch im Haus der Kulturen klar, wie die Bundesregierung den europäisch-amerikanischen Vertrauensverlust heilen möchte. Den Streit im westlichen Lager, ließ er durchblicken, kann man nicht klären ohne Gesichtsverlust und neuen Zwist zu provozieren. Das Beste sei daher ihn durch neue wichtigere Ziele zum Wohle aller zu überdecken.

    " Wenn wir Entfremdung verhindern wollen, dann müssen wir eine neue transatlantische Agenda entwickeln ... Energie Rohstoffe, Klima, Schutz vor Krankheiten, Armutsbekämpfung der Kampf gegen den Terrorismus, niemand, selbst der Stärkste nicht, kann das allein."

    Die deutsche Biosphärenpolitik hat den Vorteil, dass mit ihr alle europäischen Werte -friedliche Verhandlungslösungen, gegenseitiger Respekt, UNO-Konzentriertheit- implizit verwirklicht werden. Vorraussetzung ist aber, dass die Kampforientiertheit des 'Krieg gegen den Terror' zurückgenommen wird. Für Yale Professor Bruce Ackerman, Verfassungsrechtler und Referent des dritten Tages der Gespräche ist dies möglich, wenn die islamistische Terror-Bedrohung differenziert betrachtet wird:

    " Osama Bin Laden wird nie die Regierung in Amerika stellen können. Verglichen mit der kommunistischen Bedrohung oder der Nazi-Bedrohung, ist die Bedrohung durch den Terrorismus also unvergleichlich kleiner."

    Ackerman sagt, die eigentliche Bedrohung Für unsere Demokratie und unsere westlichen Werte liegt in unserer Reaktion auf den Terror. Terror-Tote, sagt er, wird es geben. Die Frage wird nur sein, wie viele unsere Gesellschaften aushalten können.

    " Die Staaten verlieren derzeit ihr Monopol auf Massenvernichtungswaffen. Es ist unvermeidbar, dass man immer mehr davon immer einfacher kaufen kann. Und da es immer irgendwo auf der Welt einige Millionen Verrückte geben wird, die bereit sind sie einzusetzen, werden wir in den nächsten zehn Jahren irgendwo zwischen 10 und 50.000 Tote bekommen. Teile von München oder Chicago werden zerstört werden. Wir brauchen Verfassungsstrukturen, die mit der darauf folgenden Panik umgehen können, sonst sind unsere Demokratien in großer Gefahr."

    Nur mit einer neuen Notstandsgesetzgebung, die garantiert, dass im Fall eines Angriffs populistische Demagogen keine Chance haben, unsere Grundrechte außer Kraft zu setzen, wird es gelingen unsere Demokratien für das nächste Jahrhundert zu bewahren. Darin sind sich die Experten auf den ersten vier Veranstaltungen der 'transatlantischen Gespräche' in Berlin weitgehend einig. Die Religionswissenschaftler unter ihnen bezweifeln übrigens, dass hierbei Amerika die Führungsrolle übernehmen kann. Zu sehr ist die Mehrheit der christlich-evangelikalen Amerikaner anfällig für die Idee, dass die großen Probleme des Planeten auf den heiligen Endkampf hinauslaufen, der in der Apokalypse beschrieben ist und durchfochten werden muss. Die Hoffnung aller Liberalen liegt daher auf dem säkularen, konsensorientierten Europa mit Deutschland in seiner Mitte, sagt Jeremy Rifkin mit durchaus amerikanischem Pathos.

    " Die EU ist die einzige Supermacht, die das vorantreiben kann. Erneuerbare Energien, Wasserstoff, intelligente dezentrale Energienetze. Das sind die Aufgaben für die nächste Generation. Erhalten wir diesen Planeten, schaffen wir eine nachhaltige Zukunft, eine neue Vision Für das Zusammenleben, ein wirtschaftliches Modell, das es uns erlaubt eine sicherere Zukunft zu schaffen. Amerika wird nachkommen und aufschließen und dann werden wir vielleicht zusammenarbeiten und gemeinsam an der Zukunft der Welt arbeiten. "