Freitag, 29. März 2024

Archiv

Transitgipfel
Ein Plan, aber kein Durchbruch

Kein wirklicher Friede auf dem Transitgipfel in Berlin: Zwar konnten sich die Parteien auf einen Zehn-Punkte-Plan einigen, doch die eingeführten Blockabfertigungen für LKW will Österreich erst stoppen, wenn ein beschlossenes Leitsystem zu einer Entlastung der Straßen führt.

Von Katharina Hamberger | 26.07.2019
Schönberg im Stubaital, Europabrücke der Brennerautobahn am 19.7.2019
Blick auf einen Abschnitt des Brenners: Allein in diesem Jahr werden ihn wohl etwa 2,5 Millionen LKW passieren (imago / Eibner Europa)
Der Transitgipfel in Berlin – er sollte eine Art Friedensgipfel zwischen Österreich und Deutschland werden.
"Mein Ziel war es, die Hitze aus der Diskussion zu nehmen." Sagte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer nach dem Treffen und verkündete außerdem:
"Sie brauchen sich also keine Sorgen um die guten nachbarschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Österreich machen."
Als wollte man das demonstrieren, wurde kurz vor der Pressekonferenz, nach dem Transitgipfel noch schnell ein Ständer mit der europäischen, der österreichischen und der deutschen Fahne aufgestellt. Harmonisch nebeneinander. Ganz so harmonisch scheint der Gipfel aber nicht verlaufen zu sein. So hat man sich zwar auf einen Zehn-Punkte-Plan geeinigt, der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter kam trotzdem zu dem Schluss:
"Für mich gibt es heute keine Euphorie."
2,5 Millionen LKW passieren Brenner 2019
Er werde erst von einem Erfolg sprechen, wenn es tatsächlich eine Entlastung für die bayerische und die Tiroler Bevölkerung gebe. Es geht in der Auseinandersetzung zwischen unter anderem Deutschland und Österreich, dritter Beteiligter ist Italien, um die Strecke München-Verona, die von vielen LKW genutzt wird. Österreich rechnet mit 2,5 Millionen LKW, die allein in diesem Jahr den Brenner passieren werden. Um die Straßen und die Anwohner zu entlasten hat das Land mehrere Maßnahmen veranlasst, unter anderem Blockabfertigungen für LKW, die zu kilometerlangen Rückstaus auf der deutschen Seite führen. Zudem dürfen Urlauber in bestimmten Regionen am Wochenende nicht ohne Grund von der Autobahn abfahren – um Stau- und Mautausweichverkehr zu verhindern. Platter hatte schon im Vorfeld angekündigt, daran nichts ändern zu wollen. Und dabei bleibt es auch nach dem Gipfel:
"Es bleibt unverrückbar. Hier gebe ich keinen Millimeter nach."
Allerdings konnte man sich in dem Zehn-Punkte-Plan darauf einigen, dass für die Strecke ein LKW-Leitsystem entwickelt werden soll. Sollte dies zu einer Entlastung führen, will Österreich auch die Blockabfertigungen stoppen. Außerdem wird in dem Zehn-Punkte-Plan zumindest eine Wiedereinführung der Maut-Befreiung zwischen Kiefersfelden und Kufstein für Autofahrer zum Ziel erklärt.
Hitze rausnehmen für Erfolg
Deutschland hatte wegen der Blockabfertigung und der Fahrverbote zusammen mit Italien eine Klage gegen Österreich angekündigt. Bei den Gesprächen habe man das aber bewusst beiseitegelegt, weil man eben die Hitze rausnehmen wolle, so Verkehrsminister Scheuer. Dennoch:
"Wir arbeiten weiterhin an der rechtlichen Bewertung/Klage."
So der Bundesverkehrsminister. Österreich sieht als Grund für das erhöhte Verkehrsaufkommen auf der Inntalautobahn und der Brennerstrecke vor allem auch die günstigen Mautpreise in Deutschland und Italien. Das Land fordert deshalb eine sogenannte Korridormaut. Bayerns Ministerpräsident Söder hatte sich dafür bereits offen gezeigt – bei dem Treffen wurde, hieß es, nicht konkret darüber gesprochen. In dem Plan, den die Vertreter beider Länder erarbeitet haben, kommt das Wort "Korridormaut" auch nicht vor. In dem Plan heißt es stattdessen, man wolle gemeinsam bei der Europäischen Kommission bis Ende Oktober einen Vorschlag einbringen, um eine größere Flexibilität bei der Mauttarifgestaltung für LKW zu erreichen. Beide Länder setzten offenbar auf eine gesamteuropäische Lösung, die eine Lenkungswirkung für belastete Strecken ermöglicht. Also keine konkrete Sofortmaßnahme, wie bei fast allen Punkte in dem präsentierten Plan – es sind viel mehr Absichtserklärungen. So auch bei einem weiteren wichtigen Punkt.
Einig sind sich alle: der Güterverkehr muss verstärkt von der Straße auf die Schiene. Ein Problem dabei: der Nordzulauf zum Brenner-Basis-Tunnel. Dabei liegt die Verantwortung vor allem bei Deutschland. In dem Zehn-Punkte-Plan erklärt Deutschland zumindest, man werde alle planungsrechtlichen und gesetzlichen Gestaltungsmöglichkeiten ausschöpfen, um den Ausbau des Nordzulaufs zu beschleunigen.