Simon: Herr Huber, ist das jetzt die Retourkutsche für die Ankündigung des damaligen Kanzlerkandidaten Stoiber, bei einem Wahlsieg möglicherweise die Ruhrgebietsstrecke zu streichen?
Huber: Edmund Stoiber hat sich als Kanzlerkandidat für beide Strecken ausgesprochen, sowohl für das Ruhrgebiet wie auch für München. Das heißt von uns aus war nie von einer Streichung oder Benachteiligung des Ruhrgebiets die Rede. Umgekehrt muss man aber sagen, Bayern war nicht eingeladen zur Fahrt nach Schanghai, wobei eine ganz große Delegation aus dem Ruhrgebiet dabei war. Bayern ist auch nicht eingeladen zu dieser Konferenz. Das ist offenbar eine politisch geplante systematische Benachteiligung des Südens in Deutschland und damit des Projekts in Bayern.
Simon: Finden Sie sich ab mit diesem Abstellgleis für die Magnetschwebebahn für München?
Huber: In keiner Weise, denn um das einmal deutlich zu sagen: wir kämpfen nicht gegen den Metrorapid und gegen das Ruhrgebiet, sondern wir sind der Meinung, beide Strecken sollten in Deutschland verwirklicht werden. Dass wir die Vorteile von der Flughafenverbindung Münchens herausstellen das ist klar. Das wird ja auch eine wirtschaftliche Verbindung sein, die kürzer ist, die kostengünstiger ist und die genauso schnell verwirklicht werden kann. Deshalb fordern wir von Berlin, vom Bundeskanzler und vom Bundesverkehrsminister eine baldige Möglichkeit, dieses Gipfeltreffen auch für die bayerische Strecke zu veranstalten.
Simon: Der Kanzler hat ja am Freitag mit Blick auf den Bundeszuschuss gesagt, wer zuerst kommt der malt zuerst, und er hat behauptet, die Münchener Planung sei noch nicht so weit wie die für die Ruhrgebietsstrecke. Können Sie das nachvollziehen?
Huber: Das ist ein Vorwand. Das ist sachlich nicht gerechtfertigt. Es sollen bis Ende Januar von beiden Strecken die Gesamtfinanzierungspläne da sein, und die werden auch aus Bayern pünktlich vorgelegt werden. Das heißt es gibt bei dieser langfristigen Planung, die über viele Jahre geht, keinen Zeitvorsprung, der jetzt in irgendeiner Weise politisch oder sachlich relevant wäre. Man kann als einziges Kriterium nur sehen, dass offenbar der Bundeskanzler Nordrhein-Westfalen aus politischen Gründen bevorzugen will, weil dort 2005 Landtagswahlen stattfinden oder weil er vielleicht dort eine andere politische Konstellation hat, aber sachlich gerechtfertigt ist das in keiner Weise. Deshalb fordern wir, dass gleichzeitig und gleichberechtigt die Münchener Strecke geplant, geprüft und entschieden wird.
Simon: Herr Huber, zum Zuschuss des Bundes hat sich der Kanzler festgelegt: 2,3 Milliarden, keinen Cent mehr. 1,75 Milliarden davon sollen nach Nordrhein-Westfalen gehen, 550 Millionen nach Bayern. Jetzt gibt es ja die Überlegung, dass man von dem, was die Bayern für die Münchener Strecke bekommen sollen, einen Teil sozusagen als eine Art Darlehen an Nordrhein-Westfalen gibt, wenn die wirklich früher fertig sein sollten. Könnten Sie denn damit leben, wenn Sie später wüssten, Sie kriegen das Geld zurück?
Huber: Einmal muss man sagen, die Verteilung von 2,3 Milliarden auf mehr als 1,7 in Nordrhein-Westfalen und nur etwas mehr als 500 Millionen nach Bayern ist schon in dieser Konstellation eine Benachteiligung.
Simon: Ja, aber die Strecken sind auch unterschiedlich groß und es gibt ja auch unterschiedliches Passagieraufkommen?
Huber: Richtig, aber wenn man die Bausummen vergleicht, dann würden uns etwa 770 Millionen zustehen. Das heißt wir sind hier schon in dieser Verteilung benachteiligt und als Grund hat man gesagt, die Münchener Strecke wäre wirtschaftlicher und deshalb wird der Zuschuss nach Bayern gekürzt. Dass es eine weitere Kürzung geben soll zu Gunsten von Nordrhein-Westfalen, ist ein weiterer systematischer Schritt zur Benachteiligung der bayerischen Strecke. Das ist in keiner Weise politisch nachzuvollziehen. Hier soll also ein politisches Exempel statuiert werden. Wir werden uns natürlich mit allen politischen Mitteln dagegen wehren. Ganz im Gegenteil: wir fordern, die Münchener Strecke zeitgleich mit Nordrhein-Westfalen auszubauen, denn das in München ist nicht eine Erprobungsstrecke, sondern das ist die praktische Anwendung des Transrapid, die dann wirtschaftliche Erfolge abwerfen wird. Das ist also keine Dauersubventionsstrecke, sondern sie wird sogar einen Überschuss erwirtschaften. Deshalb müsste der Bund hier tätig werden. Aber eine Konstellation aus Bundeswirtschaftsminister Clement und Bundeskanzler Schröder scheint entschlossen zu sein, politisch eine Bevorzugung vorzunehmen. Das wird öffentlich von uns in massiver Weise dargestellt werden. Ich sage Ihnen noch einmal: wir wollen nicht gegen NRW sein, sondern wir wollen gleichzeitig auch die Verwirklichung in Bayern.
Simon: Ihren finanziellen Vorstellungen, wo Sie sagen es wird sich rentieren, hat ja der Bundesrechnungshof massiv widersprochen. Das war ja auch der Grund, warum zum Beispiel das Projekt Hamburg-Berlin auf Eis gelegt worden ist. Ist das ganze eigentlich noch vermittelbar?
Huber: Wir haben die Prüfung durch den Bundesrechnungshof auch angeregt. Wer den Inhalt dieses wirklich sehr bemerkenswerten Berichts des Bundesrechnungshofes sieht, der wird feststellen, dass 80 Prozent der Kritik des Bundesrechnungshofes sich auf die Strecke in Nordrhein-Westfalen bezieht und dass man hier die größten Bedenken hat, was die Wirtschaftlichkeit angeht. Es müsste sich doch einmal der deutsche Bundestag mit diesem Bericht des Rechnungshofes überhaupt auseinandersetzen. Die Einwände sind überhaupt nicht aus der Welt geschafft und dennoch soll schon vorweg entschieden werden. Auch das ist ein Ausdruck von einseitiger politischer Entscheidung. So kann man sachlich nicht vorgehen.
Simon: Herr Huber, noch einmal nachgefragt: wenn wir weggehen vom Streit auf der höchsten politischen Ebene, ist das denn noch den Leuten vor Ort vermittelbar? In München zum Beispiel hat ja der Stadtrat gesagt, er möchte die Schwebebahn nicht haben. Es wird ja auch durchs Münchener Stadtgebiet gehen. Es gibt viele Bürger, die nicht glücklich sind, nicht nur in München, sondern auch im Ruhrgebiet. Ist Magnettechnik überhaupt ein Ding, was man den Leuten vor Ort noch wirklich vermitteln kann?
Huber: Es ist doch keine Besonderheit hier bei dieser neuen Technik, sondern Sie werden kaum irgendwo die Strecke einer Bundesautobahn oder einer Bundesschienenstrecke finden, wo es nicht auch Proteste gibt, wo es nicht Gegnerschaften gibt. Das ist in einem dicht besiedelten Land leider so und gelegentlich leiden wir in Deutschland ja auch darunter, alles zunächst einmal zu bekämpfen und dann zu bestaunen, wie in China etwas gebaut wird. Dann fährt der Bundeskanzler hin und weiht die Strecke in China mit ein. Er sollte seinen ganzen Ehrgeiz darin setzen, dass in Deutschland zwei Strecken bald realisiert werden. Dann braucht er nicht mehr nach China zu reisen. Die Widerstände sind in Bayern mit Sicherheit nicht stärker als in Nordrhein-Westfalen. In Bayern ist eine große Stadt betroffen: München. Im Ruhrgebiet sind es sieben. Dann werden wir mal sehen, wer die Planfeststellungsverfahren, die Genehmigungsverfahren schneller voranbringt.
Simon: Das heißt Sie halten das alles trotzdem für vermittelbar, auch bei den entstehenden hohen Kosten?
Huber: Ich halte das für sinnvoll. Das ist eine Verkehrstechnologie der Zukunft. Sie ist in Deutschland entwickelt worden. Sie wird in der ganzen Welt bestaunt. Wenn wir wirtschaftlich und technologisch Stand halten wollen, im Wettbewerb, im globalen Wettbewerb, muss das bei uns auch realisiert werden. Der Transrapid hat in der Tat Zukunft!
Simon: Das war Erwin Huber, der Chef der bayerischen Staatskanzlei, z einem Spitzengespräch heute in Berlin zum Transrapid, zu dem die Bayern nicht eingeladen worden sind. - Herzlichen Dank für das Gespräch, Herr Huber.
Link: Interview als RealAudio
