Donnerstag, 28. März 2024

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Trap
Musikstil oder Lifestyle?

Trap - ein Begriff, der seit einiger Zeit durch Blogs und Zeitschriften geistert. In Deutschland hält das ursprünglich US-amerikanische Genre nach und nach Einzug in den Mainstream. Aber was ist Trap eigentlich? Ein Musikstil? Ein Lifestyle? Und wo kommt Trap genau her?

Von Sebastian Witte | 22.01.2016
    "Die Fans von früher fragen wieso / rappen die in so nem komischen Flow?
    Wir dachten in einem Track über Geld / macht man das so."
    Gute Frage! Warum rappen die Gitarren-Hip-Hopper von Kraftklub auf einmal so seltsam schleppend? Was soll diese Angeberei? Und warum bitte dröhnen hier so monströse Bässe und prollige Beats? Die Antwort lautet: Weil sich die Band auch mal am Trap ausprobieren will! In den USA ist der Stil seit einigen Jahren sehr erfolgreich. Für manche Deutsche Künstler ist das seit Kurzem Grund genug, Teile des Stils für sich adaptieren. Bands wie Kraftklub oder Gloomy Boyz, das geheime Nebenprojekt von Rapper Casper, können sich so von einer anderen Seite zeigen. Nämlich übertrieben großmäulig und aggressiv. Markus Ganter ist Musikproduzent aus Berlin und inoffizielles Mitglied der Gloomy Boyz.
    "Wie wahr oder unwahr ist das alles? Egal ob es jetzt Trap oder klassischer Gangster-Rap ist, da wird viel Wahrheit mit viel Dichtung kombiniert. Das ist im Gangster-Rap so und verhält sich im Trap auch so. Im Grunde ist nur der Rahmen anders."
    Der Rahmen sind die Trap-typischen Sounds: lange, tiefe Basstöne und nervös klickende Hi-Hat-Sounds. Das alles klingt sehr steril und laut Ganter steckt auch eine sehr simple Arbeitsweise dahinter.
    "Trap lebt davon, dass er super einfach zu machen ist. Heutzutage hat jedes Kind Fruity Loops auf dem Windowsrechner. Du gehst halt nicht ins Studio und lässt dir einen Streichersatz einspielen, sondern nimmst das Streicher-Preset und dann klingt das Bam! Bam! Bam! wie es natürlich nie jemand spielen würde und völlig synthetisch. Aber es hat auch seinen Reiz!"
    Ursprünglich kommt das Genre aus den USA der frühen 80er. In der Zeit ist Miami-Bass super angesagt, also schneller Rap zu elektronsicher Musik. Produziert wurden die Tracks damals oft mit dem legendären Drumcomputer TR-808, der den Sound geprägt hat und auch heute im Trap benutzt wird. Dazu kamen dann Party-Hip-Hop über Geld, Autos und Frauen. Daraus entstand Anfang der 90er der Trap-Sound, der bis heute sein Zentrum in Atlanta hat. Der Begriff Trap bezeichnet aber nicht nur die Musik, sondern auch Atlanta selbst.
    "Die Trap ist ein Ort an dem A, Drogen konsumiert werden und B, viele Leute ihren Lebensunterhalt mit Drogen finanzieren", erklärt Musikjournalist Sascha Ehlert aus Berlin. "Das ist in erster Linie Party-Musik. Aber man macht eben in Trap-Songs aus so einer schlechten Situation das Beste und blendet die Realität aus."
    Dazu passt, dass viele Trap-Produktionen erst mal in Stripclubs Premiere feiern und die Musikvideos auch gleich dort gedreht werden. Die Künstler wie Gucci Mane oder Jeezy sind zudem oft schwer bewaffnet, denn es gibt Neider und Rivalen. Eine gefährliche Art zu leben! Das ist für Ehlert auch der Grund, warum Trap in Deutschland nicht eins zu eins kopiert werden kann
    "Es gibt deutsche Rapper, die mit dieser Richtung arbeiten, aber es gibt nicht den Trap-Musiker per se. Weil es ein Lifestyle ist und man würde sich lächerlich machen, wenn man in Deutschland sagt, dass man das lebt." Während in Deutschland mit Künstlern wie Marteria, Gloomy Boyz und Kraftklub die Klangästhetik des Genres langsam im Mainstream ankommt, ist Trap im internationalen Pop und EDM schon fest verankert. US-amerikanische EDM-Produzenten wie Diplo feiern mit eher instrumentalen Tracks riesige Erfolge.
    Ob sich Trap wirklich als Genre im deutschen Mainstream-Pop und -Rap ganz durchsetzen wird, zeichnet sich noch nicht ab. Musikproduzent Markus Ganter klingt schon fast so, als würde er auf das schnelle Ende von Trap hoffen. "Ich finde, Deutsch-Rap hat eine sehr eigene Soundsprache entwickelt. Ich finde darum, dass Deutschland das nicht braucht, aber man ist ja immer dankbar um jede Musik, die es gibt, sag ich mal."