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Traum mit Hürden

Ein Auslandsstudium in Europa ist dank zahlreicher Partner- und Austauschprogramme kein Hexenwerk mehr. Jenseits der europäischen Grenzen, zumal in Australien, ist ein wenig mehr Eigeninitiative gefragt - und ein dickes Portemonnaie.

Von Heidi Engels | 17.08.2013
    Friedlich ist es auf dem Campus der Murdoch University in Perth. Das Semester ist zu Ende, nur vereinzelt sind noch ein paar Studenten zu finden. Auch Susanne Labermeier aus Niederbayern ist in Aufbruchsstimmung. Ein halbes Jahr hat sie in Australien Technologien und erneuerbare Energien studiert. An ihre Ankunft im Januar erinnert sie sich noch sehr genau:

    "Ich bin hier mittags um eins gelandet und hatte noch den Pullover aus Deutschland an und stand am Flughafen und dachte, oh, ich sterbe."
    "Ich wollte nach Australien und Perth ist mit der sonnigsten Stadt der Welt, mich hat auch hier die Uni sehr angesprochen und das war auch mehr ein Bauchgefühl."

    Aus dem Bauch heraus wollte Marcel Malucha seine Uni Wahl nicht treffen. Der 25-Jährige studiert ebenfalls Erneuerbare Energien. Rund neun Monate hat er sich auf den Australienaufenthalt vorbereitet:

    "Bei der Universitätswahl selber da ist man selbst gefragt, ich hab mir angeschaut welche Universtäten stehen zur Verfügung, wo gibt es die Fakultät und dann muss man sich natürlich die Fächer raussuchen."

    Marcel Malucha hat mit seiner Universität in Deutschland eine Vereinbarung getroffen, so kann die erbrachte Studienleistung im Ausland auch in Deutschland angerechnet werden. Erneuerbare Energien und Umweltstudien sind Fachebereiche für die die Murdoch University nicht ganz unbekannt ist, sagt regionale Managerin für internationale Studenten Carol Ghandour:

    "Wir sind vor allem für unsere tierärztlichen Studien, erneuerbare Energien und Umweltstudien bekannt, allerdings sind wir eine allumfassende Universität und bieten beispielsweise auch Betriebswirtschaft an, ein Studienfach das in jedem Land beliebt ist, wir sind recht vielseitig."

    Mit einem breit gefächerten Studienangebot ist die Murdoch University auch für Austauschstudenten wie Leone Niedermeier interessant. In Deutschland studiert sie Textiltechnik, hier in Perth Radio und Communication:

    "Ich wollte schon immer mal nach Australien gehen, und es war für mich eine Chance das über das Study Abroad zu machen, das ist die einfachste Art mal nach Australien zu kommen und eine andere Uni mal kennenzulernen und dann ging das auch recht unkompliziert und schnell, bis ich dann den Studienplatz hier hatte."

    Über die private Vermittlungsagentur GoAustralia! haben sich die drei Studenten informiert. Die Agentur hilft bei der Studienwahl, Finanzierung und wickelt das Bewerbungsverfahren ab. Der Service ist kostenlos, weil die Agentur von australischen Hochschulen getragen wird. Neben Goaustralia! gibt es aber noch andere Organisationen und Institute, die Studenten beim Australienaufenthalt unterstützen. Carol Ghandour:

    "Die Agenturen sind da um die Studenten zu unterstützen und die Anlaufstelle wenn man nach Australien will und natürlich auch um an der Murdoch University zu studieren."

    Die größte Hürde für das Auslandssemester Down Under ist jedoch die Finanzierung. Anders als in Deutschland ist studieren in Australien teuer: Die Gebühren liegen umgerechnet zwischen 5500 und 6200 Euro pro Semester und auch die Lebenshaltungskosten sind im Vergleich zu Deutschland hoch, sagt Leone Niedermeier:

    "In Perth ist es wirklich sehr teuer, häufig ist es so, wenn man für eine Woche Lebensmittel einkauft, dann ist man schnell mal 80 bis 100 Dollar los, dann auch die Unterkunft im Studentenwohnheim ist pro Woche knapp 200 Dollar und wenn man dann noch was als Vergnügen machen möchte, es ist nicht unbedingt sehr günstig hier zu leben."

    Für umgerechnet knapp 140 Euro pro Woche leben Leonie und Susanne Labermeier im Studentendorf auf dem Campus und teilen sich ein Appartement mit insgesamt acht Personen. Eine günstigere Alternative hat Marcel Malucha gefunden: Er wollte nicht auf dem Campus leben und hat sich selbst eine Unterkunft gesucht. Anzeigen und Aushänge gibt es an der Uni oder auch auf der lokalen Website gumtree. Sechs Wochen hat er übergangsweise in einem Hostel gelebt, dann ist er fündig geworden: Mit 15 Personen teilt er sich ein Haus:

    "Ja, das hört sich im ersten Augenblick sehr viel an aber es ist, alles sehr verteilt, also ich bin dort reingelaufen und dachte, ja, wow, das ist es, weil es eben sehr multikulturell ist, ich wohne mit Leuten aus Argentinien und Spanien zusammen und das hat auf jeden Fall seinen Reiz und wir haben alles was wir brauchen."

    Marcel Malucha zahlt 110 Euro Miete pro Woche, Internet, Strom und Wasser inklusive. Wohngemeinschaften sind definitiv der Trend in Australien, da die Miete für ein eigenes Appartement für die meisten Studenten unerschwinglich ist. Es gibt jedoch relativ leicht Wege um Geld für ein Auslandssemester zu bekommen weiß Jeannette Geesmann. Drei Jahre lang hat sie für eine der Vermittlungsagenturen in Deutschland gearbeitet bevor sie selbst nach Australien gekommen ist.

    "Für Auslandssemester ist das Auslands-BAföG ziemlich gängig, Studenten die in Deutschland Bafoeg bekommen, können auch in Australien Bafoeg bekommen für ein oder zwei Semester. Es ist schwierig eine Finanzierungsmöglichkeit zu bekommen, wenn man für ein komplettes Studium nach Australien gehen will, Jemand der für ein komplettes Studium hierher kommen will für einen Bachelor oder Master oder auch für eine Promotion können unter Umständen Stipendien von australischen Universitäten bekommen, gerade für eine Promotion ist das relativ gängig."

    Diese Stipendien sind jedoch nicht leicht zu bekommen und haben ihr eigenes Bewerbungsverfahren. In Deutschland vergeben Stiftungen Stipendien an Hochbegabte und auch über den Deutschen Akademischen Austausch Dienst gibt es Finanzierungsmöglichkeiten. Trotz hoher Lebenshaltungskosten und Studiengebühren, alle drei Austauschstudenten bereuen ihren Auslandsaufenthalt nicht. Sie mussten sich nur ein wenig umstellen, denn australische Unis sind anders strukturiert: Die Semester fangen im Juli und im Februar an – außerdem ist der Arbeitsaufwand größer, findet jedenfalls Student Marcel Malucha:

    "In einem Fach hatte ich zum Beispiel fünf Hausarbeiten zu schreiben, zwei Projekte, da war einmal ein Gruppenprojekt mit einer Präsentation dabei, in einem anderen Fach hatte ich ein Major Assingnment bekommen, dieses Assingment hat so ziemlich alles was man in dem Semester gemacht hat abgedeckt, ich würde es auf jeden Fall mit mehr Arbeitsaufwand beschreiben, aber im positiven Sinne, weil ich mir einfach sagen muss, ich konnte viel mehr behalten."

    Intensivere Mitarbeit während des Semesters mit Tutorien, Übungen und kleinen Lerngruppen sind Standard in Australien. Der Lernstress ist für die drei Studenten bis Oktober vorbei, dann fängt das neue Semester in Deutschland wieder an. Doch bis dahin ist noch ein bisschen Zeit:

    "Jetzt reisen wir noch die Ostküste runter, von Cairns also Great Barrier Reef über Brisbane nach Sydney, anschließend noch eine Woche Fiji und dann geht’s zurück nach Deutschland, und da mach ich mein Studium zuhause weiter."