
EU-Erweiterungskommissar Hahn sagte nach dem Treffen, er sei sehr besorgt wegen der inhaftierten Journalisten und Menschenrechtlern. Der türkische Außenminister Cavusoglu verteidigte die Politik der Türkei nach dem gescheiterten Putsch im vergangenen Jahr als Teil des Anti-Terror-Kampfs. Teilnehmer des Treffens waren außerdem der türkische EU-Minister Celik und für die Europäische Union die Außenbeauftragte Mogherini.
EU erwartete kontroverse Gespräche
Erweiterungskommissar Hahn hatte vor dem Treffen gesagt, er erwarte kontroverse Gespräche mit der türkischen Seite. Es könne so laut werden, dass seine Unterhaltung auch noch im Nachbarzimmer zu hören sein werde. Nicht nur ein Mitglied, sondern die gesamte EU habe grundsätzliche Kritik an Mängeln des Rechtsstaats in der Türkei.
Der "Passauer Neuen Presse" sagte Hahn, es sei die Türkei, die eine Grundsatzentscheidung treffen müsse. Das Land müsse klar machen, ob es die Beziehungen zur EU vertiefen und verbessern wolle.
Verhandlungen stocken, Beitrittshilfen gibt es schon
Die Beitrittsgespräche zwischen der EU und der Türkei laufen seit 2005, sind aber bisher kaum vorangekommen. Wie andere Beitrittskandidaten bekommt die Türkei von der EU finanzielle Unterstützung. Die sogenannten Heranführungshilfen sollen es den Ländern einfacher machen, sich an EU-Standards anzupassen.
Bis 2020 sind 4,45 Milliarden Euro für die Türkei vorgesehen, ausgezahlt ist mit 190 Millionen Euro bisher aber nur ein geringer Teil davon. Hintergrund sind die wachsenden Spannungen zwischen der EU und der Regierung in Ankara.
Weil die türkische Führung verstärkt gegen Regierungskritiker und Journalisten vorgeht, nehmen in der EU Forderungen zu, die Hilfen auszusetzen oder ganz einzustellen. Solange die Beitrittsverhandlungen laufen, hält EU-Erweiterungskommissar Hahn das nicht für möglich. Es sei aber Geld in "Richtung Zivilgesellschaft" und der Förderung rechtsstaatlicher Einrichtungen verlagert worden.
Erdogan wirft Deutschland Spionage vor
Kurz vor den europäisch-türkischen Gesprächen in Brüssel hatte Präsident Erdogan Kritik an seiner Politik zurückgewiesen. Er warf Deutschland Spionage vor und warnte vor Wirtschaftsstrafen.
Sein Außenminister Cavusoglu gab sich in Brüssel versöhnlicher. Die Türkei arbeite daran, die Probleme mit Deutschland zu verbessern. Er hoffe, die Beziehungen würden sich in den kommenden Tagen verbessern.
Exporte in Milliarden-Höhe
Mit Abstand ist die EU der größte Handelspartner der Türkei. Im vergangenen Jahr haben türkische Unternehmen Waren im Wert von 66,7 Milliarden Euro in die Europäische Union exportiert. Europäische Firmen führten Güter für 78 Milliarden Euro in die Türkei aus, die damit noch vor Russland der viertgrößte Exportmarkt der EU ist. Wesentlich beigetragen hat eine vor gut 20 Jahren vereinbarte Zollunion, die nun ausgeweitet werden soll.

Waren können dabei ohne Zölle und Beschränkungen über die Grenzen der Partner geliefert werden. Ausgenommen sind der Bereich Kohle und Stahl und die meisten landwirtschaftlichen Produkte.
Das Handelsvolumen mit der Türkei hat sich nach Angaben der EU-Kommission seit Gründung der Zollunion vervierfacht.
Das Handelsvolumen mit der Türkei hat sich nach Angaben der EU-Kommission seit Gründung der Zollunion vervierfacht.
Weil die Türkei in der Flüchtlingskrise mit der EU zusammenarbeitet, haben die Staats- und Regierungschefs im vergangenen Jahr Gespräche über Modernisierung und Ausbau der Zollunion zugesagt. Allerdings sind die ins Stocken geraten, weil die türkische Regierung gegen ihre Kritiker und Gegner vorgeht.
(wes/hba)