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Treffen zweier Großmächte

Auf seiner Asienreise wird US-Präsident Barack Obama auch China besuchen: ein Zusammentreffen zweier Supermächte, die wirtschaftlich eng miteinander verbunden sind. China ist Amerikas größter Gläubiger, Amerika dagegen ist für China ein wichtiger Exportmarkt.

Von Astrid Freyeisen |
    Bei Kong Xianglin kostet Barack Obama umgerechnet 25 Euro - in Öl, als handliches Bild. In Groß mit dem Sternenbanner im Hintergrund sind es 100 Euro. Und das Geschäft läuft gut für den Shanghaier Maler:

    "Ich habe schon über 1000 Bilder verkauft. Und ich habe viele amerikanische Obamaporträts gesehen. Auf denen sieht er so ernst aus, als ob er unter einem furchtbaren Druck steht. Ich habe ihn lieber mit einem Lächeln gemalt. Würden ihn die Leute denn mögen ohne Lächeln? Wie Che Guevara, wird Obama zum Popidol. Er ist nicht mehr nur der amerikanische Präsident. Wir verehren ihn nicht nur wegen seiner Position. Er ist ein Beispiel für junge Leute. Er macht Geschichte."

    Kong Xianglin hat seine Obama-Ölbilder an Süd- und Nordamerikaner verkauft, an Europäer, und vor allem an Chinesen. In seiner kleinen Shanghaier Galerie sind sie der Blickfang, noch vor Mao- oder Michael Jackson-Bildern.

    "Die Chinesen haben kein Zutrauen. Man muss doch nach etwas streben. Wer hätte gedacht, dass ein schwarzer Junge so was erreichen könnte? Das war meine Motivation, als ich begann ihn zu malen. Er will eine Reform des Gesundheitswesens. Er will das Steuersystem ändern, damit die Armen mehr haben. Er ist eigentlich ein Kommunist. Ich identifiziere mich mit ihm, weil er für soziale Gerechtigkeit ist."

    Noch ist in Shanghai aber kein wirkliches Obama-Fieber zu spüren. Die Informationen, wen er in der chinesischen Wirtschaftsmetropole trifft, fließen spärlich. Über Straßensperrungen ist auch noch nicht bekannt. Die Shanghaier sehen den Besuch gelassen:

    "Die Amerikaner sind sehr offen und nett. Obama finde ich toll. Er ist so leidenschaftlich."

    "Ich glaube, er hält sich ganz gut, auch wenn man nach so einer kurzen Amtszeit noch wenig sagen kann. Seine Richtung stimmt. Seine Politik ist anders, als die von Vorgänger Bush. Obama will den Weltfrieden. Er ist nicht so aggressiv. Er geht anders mit Irak und Afghanistan um. Er vertritt den Trend der internationalen Gemeinschaft. Wir müssen ihm nun Zeit geben."

    Als Barack Obama zum Präsidenten gewählt wurde, gab es gleich mehrere Wahlparties der Amerikaner in Shanghai; eine von ihnen ist Tess Johnston. Die ehemalige Diplomatin lebt seit 1981 hier:

    "Die Kulturrevolution war gerade fünf Jahre her, eine schlimme Zeit der Verwüstung. Ich hatte als Diplomatin einen gewissen Status, dazu gab es damals vielleicht fünf amerikanische Geschäftsleute - wenn wir irgendwo stehenblieben, bildete sich sofort eine neugierige Menschenmenge. Wir wurden aber auch misstrauisch behandelt, sie dachten sicher, das sind alles Spione. Heute ist das anders. Ich denke, wenn es zu einer harten Konfrontation der Länder käme, dann würde uns das vielleicht beeinträchtigen. Aber die meisten Leute stellen keinen Zusammenhang her zwischen Regierungspolitik und dem, was eine alte Dame macht irgendwo in Shanghai."

    China verdankt seinen rasanten Aufstieg zu einem nicht geringen Teil dem amerikanischen Kunden. Fast 40 Prozent des chinesischen Bruttoinlandsproduktes stammen aus dem Export. Zwar ist die Europäische Union der wichtigste Handelspartner, aber unter den einzelnen Staaten sind die USA unangefochten Nummer eins. Weshalb dort immer öfter von einer G2, China-USA, gesprochen wird. Politische Zirkel in Peking lassen sich dagegen ungern als Juniorpartner behandeln, sagt Jörg Wuttke, Präsident der Europäischen Handelskammer in China.

    In der Wirtschaftskrise werfen sich die USA und China gegenseitig Protektionismus vor. US-Dumpingzölle auf chinesische Autoreifen und Stahlrohre machten Peking wütend. Gerade im Amt, nannte US-Finanzminister Geithner die chinesische Währungspolitik eine Manipulation. Davon distanzierte sich das Weiße Haus schnell. Denn obwohl Wirtschaftsforscher sagen, dass der chinesische Yuan etwa 25 Prozent zu billig ist, so will Washington doch nicht zu viel Ärger. Denn die Chinesen sind mit 800 Milliarden Dollar Schatzanleihen der größte Gläubiger der USA. Was den Amerikanern aber auch Macht gibt. Denn stürzt der Dollar ab, so sind auch chinesische Einlagen nichts mehr wert, sagt Feng Jun vom Shanghaier Institut für Welthandelsfragen.

    "Momentan sind viele Länder nicht glücklich mit dem US-Dollar. Dazu gehört auch China. Aber es gibt keinen Ersatz. Der Dollar ist immer noch die beste Reservewährung. Der Euro ist noch nicht stark genug. Der japanische Yen auch nicht. Wenn man in die Zukunft blickt, so wird sich daran wahrscheinlich nichts ändern."

    Die Währungsfrage wird beim Obamabesuch sicher ein Thema sein; wie die Menschenrechte. Seit Jahren bringen die USA und China jeden März Kataloge gegenseitiger Menschenrechtsverletzungen heraus. Die Chinesen sehen sich nicht mehr als die Schüler des Westens. Das zeigt diese Straßenumfrage in Shanghai:

    "Ich bin sehr stolz Chinesin zu sein. Früher haben wir das Ausland verehrt. Das nimmt nun ab."

    "Ich glaube, dass China stärker und stärker wird. Jetzt haben wir mehr Selbstvertrauen. Vielleicht werden wir die USA in der Zukunft überholen. Ich höre zwar viel Gutes über Amerika, denke aber, unser Land ist auch nicht schlecht. Ich würde nicht in die USA ziehen, egal wie reich sie dort sind. Es ist immer besser, zu Hause zu bleiben."

    "Die chinesische Einstellung zu den USA hat sich sehr verändert. Früher hat China nur zugehört, wenn es um internationale Politik ging. Jetzt sagen wir aktiv unsere Meinung zu allen Angelegenheiten."

    "Die amerikanische Arroganz sitzt tief. Dieses Jahr läuft unsere Wirtschaft gut, das fördert die Kommunikation. Früher haben wir uns gegenüber dem Ausland minderwertig gefühlt. Jetzt sind wir sehr selbstbewusst."

    "China und die USA profitieren voneinander. Als China arm war, wollten wir keinen Krieg. Jetzt geht es uns gut, warum sollten wir Krieg wollen, unter dieser Voraussetzung kann man über alles verhandeln. Die Chinesen streben nach Frieden und Stabilität. Niemand will, dass das anders läuft."