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Treibstoff aus der Kraft der Sonne

Die Erdölvorräte sind endlich, wie wäre es denn da mit erneuerbarem Benzin? Danach suchen Wissenschaftler der ETH Zürich gemeinsam mit Kollegen aus Kalifornien. Ihre Zauberformel: Künstliches Benzin und Diesel gewinnen aus Sonnenlicht.

Von Thomas Wagner |
    "Wir haben gezeigt, dass wir künstlich Treibstoffe herstellen können, also gezeigt, dass das nicht endlich ist. Also die fossilen Energieträger, Erdöl zum Beispiel, sind natürlich endlich. Aber wir können das gleiche Produkt synthetisch herstellen."

    Philipp Furler ist als Maschinenbauingenieur Mitglied einer Forschergruppe an der ETH Zürich, die sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt hat: Nämlich auf künstlichem Weg Benzin und Diesel herzustellen - durch die Kraft der Sonne. Vier Jahre hat es gedauert, bis in den ETH-Labors der sogenannte Solargenerator fertiggestellt wurde - eine Versuchsanordnung der besonderen Art: Auf der einen Seite stehen sieben Scheinwerfer. Sie sollen das Sonnenlicht simulieren. Auf der einen Seite, mit allerlei Schläuchen verbunden, ein Metallzylinder, in etwa so groß wie eine Kaffeedose. Und der verfügt, den Scheinwerfern zugeneigt, über eine kleine Öffnung, die so ähnlich aussieht wie ein künstliches Auge:

    "Also jetzt lassen wir die Blende hoch. Gleichzeitig können wir die Kühlung der Lampen anschalten!"

    Das Anfahren des Solargenerators dauert mehrere Minuten. Die Scheinwerfer tauchen die kleine Kammer, in der die Versuchsanordnung steht, in helles, gleißendes Licht; selbst von außen spüren die Beobachter, dass die Temperatur nach oben geht.

    "Somit erreichen wir da drin Temperaturen von etwa 1500 Grad."

    Und genau diese hohen Temperaturen bringen einen zweistufigen chemischen Prozess in Gang, an dessen Ende die Erzeugung von Öl und Diesel steht. Im Inneren des kleinen Metallzylinders befindet Cerdioxid, eine Verbindung, die zu den sogenannten Seltenen Erden zählt. Dieses Cerdioxid verfügt über eine wichtige Eigenschaft: Je höher die Temperatur, desto größer die Neigung, den gebundenen Sauerstoff abzugeben. Philipp Furler:

    "Also, wenn man das stark erhitzt, wird Sauerstoff frei. Wenn man es danach wieder abkühlt, dann will es den vorher abgegebenen Sauerstoff wieder in der Struktur aufnehmen."

    Dies machen sich die Züricher Forscher zunutze, in dem sie das Cerdioxid, das im Englischen auch Ceriumoxid genannt wird, vom Versuchsaufbau her regelrecht überlisten: In der ersten Stufe, beim Erhitzen, gibt die Verbindung den Sauerstoff ab. Danach wird die Temperatur im Zylinder auf etwa 800 Grad herunter gefahren.

    "Genau dann spritzen wir von der Seite CO2 und Wasserdampf ein. Nun bricht das Ceriumoxid diese Moleküle, also CO2 Moleküle und Wassermoleküle auf und nimmt den Sauerstoff in die Struktur auf. Dabei bleiben Wasserstoff und Kohlenmonoxid als Gas in der Kammer übrig, das wir dann abziehen können. Das ist das sogenannte Synthesegas."

    Die Grundlage, um durch weitere Raffineriestufen Benzin und Diesel herzustellen. Als Zutaten werden neben der Sonnenenergie nur Wasser und CO2 benötigt. Und davon gibt es in der Atmosphäre ohnehin mehr als genug. Das Cerdioxid hingegen wird bei dem Verfahren nicht aufgebraucht: Es gibt erst den gebundenen Sauerstoff ab, den es wenig später wieder aufnimmt. Das heißt: Das Material befindet sich nach dem Prozess im selben Zustand wie zuvor, kann also beliebig häufig verwendet werden. Der Verdienst der Züricher Wissenschaftler besteht darin, den zweistufigen chemischen Prozess zu einem industrietauglichen Verfahren weiter entwickelt zu haben:

    "Also wir stellen uns vor, dass wir in fünf bis zehn Jahren soweit sind, dass wir einen optimierten, vergrößerten Reaktor irgendwo im Süden, zum Beispiel in Südspanien, in einem Turmkraftwerk in Betrieb nehmen können. Also wir haben einmal gerechnet, dass wir bei einer Strahlungseingangsleistung von 100 Megawatt etwa 16.000 Liter Benzin am Tag produzieren."

    Nach dem Szenario der Züricher Forscher könnte man das Benzin dort erzeugen, wo die Sonne besonders intensiv scheint, beispielsweise in den Wüstenregionen in Äquatornähe. Der Weitertransport wäre, so Philipp Furler, viel unproblematischer und ungefährlicher als beispielsweise der Transport von hochexplosivem Wasserstoff, den man durch die Elektrolyse von Wasser ebenfalls in sonnenintensiven Regionen gewinnen kann. Für die Züricher Wissenschaftler ist es ein realistisches Szenario, dass ihr Synthesetreibstoff, gewonnen durch die Kraft der Sonne, in den nächsten Jahrzehnten bei einer Verknappung der fossilen Brennstoffe einen Siegeszug rund um die Welt antreten könnte.

    "Ich würde sagen, in 15, 20 Jahren ist damit zu rechnen, dass man unser Benzin kaufen kann und tanken kann und damit mit dem Auto fahren kann."