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Trekkingsandalen
Brutales Makeover für scheußliches Schuhwerk

Der Inbegriff des sommerlichen Modeschrecks ist der rüstige Rentner. Er trägt gerne beigefarbene Klamotten und an den Füßen Trekkingsandalen. Ausgerechnet die werden jetzt das neue Lieblingsschuhwerk in der Modeszene.

Von Gesine Kühne | 11.07.2016
    Eine Frau mit rot lackierten Fußnägeln trägt Trekkingsandalen in Berlin. In Berlin startet am kommenden Mittwoch die Modewoche.
    Wir werden uns wohl an den Anblick gewöhnen müssen. Der neue Sommertrend ist die Trekkingsandale. (dpa/picture alliance/Britta Pedersen)
    Das Korkbett der Birkenstocks trampelt seit einigen Sommern das Pflaster platt. Und auch an den Anblick von Adiletten außerhalb eines Schwimmbads haben wir uns inzwischen gewöhnt. Schlimmer kann es also gar nicht mehr kommen... Falsch gedacht: Auf der Fashion Week in Berlin, die gerade erst vor zwei Wochen statt gefunden hat, lässt der Berliner Designer Hien Le seine Models in Trekkingsandalen über den Laufsteg wandern. Sie würden seine feminine Kollektion kontrastieren, gleichzeitig den schlichten Look und die Leichtigkeit der Kleidungsstücke ergänzen. Die Trekkingsandale ist nicht nur der perfekte Schuh für Les Kollektion, auch für ihn selbst.
    "Die sind halt mega bequem, viel bequemer noch als Birkenstock, noch mal viel bequemer als Adiletten, viel bequemer als alles, das ich kenne. Und ich finde es sah auch super aus. Stimmig, obwohl es kein Modeschuh ist."
    Dieser Nicht-Modeschuh besteht aus einer schlichten Sohle aus aufgeschäumtem Gummi, Stoffriemen, Plastikschnallen und Klettverschluss!
    Keine Rücksicht auf Ästhetik
    Ein US-amerikanischer Wildwasserfreak wollte im Boot stabilen Stand, aber luftige Füße. Damit war in den Achtzigern die TEVA-Sportsandale erfunden. Den Ansprüchen des Erfinders wurde die Sandale schon damals gerecht: schlicht, funktional und ohne Rücksicht auf die Ästhetik. So fand sie in den Neunzigern ihren Weg auch nach Deutschland, wo man sie seitdem an den Füßen von Ökokindern, Backpackern und eben Opi wiederfindet.
    "Teva ist stromlinienförmig, schmal und dezent und deshalb funktioniert das für mich", sagt Nina Kroschinske, Modedesignerin und Marketingfrau aus Berlin. Sie ist eines der ersten Modeopfer der Sportsandale, in die sie seit letztem Sommer schon ihre in Trendfarben lackierten Zehen bettet. Inspiriert haben sie dazu skandinavische Modemädchen. Die haben diese Unmode schon auf der Fashion Week in Kopenhagen 2015 zur Schau getragen.
    Wie aber konnte dieser schuhgewordene Wolle Petri, mit Schnallen wie Freundschaftsarmbänder, seinen Weg aus den Tiefen spießiger Peinlichkeit in die ersten Reihen der Modenschauen finden?! Eine Antwort gibt André Storvoll, Eigentümer eines beliebten Streetwearladens namens "Firmament" in Berlin.
    "Wenn man ein Produkt nimmt, dass sich in einem konservativen Segment festgefahren hat, diesem einen neuen Look verpasst und es dadurch zu einem schönen Produkt wird – Ich denke dann wird dieses Produkt auch in anderen Segmenten wahrgenommen."
    Neuer Partner für Teva
    Heißt im Klartext: Teva hat sich einen Partner gesucht, der zu cool ist um ihn zu ignorieren. Nämlich das stilsichere New Yorker It-Label "Opening Ceremony". Und die haben das scheußliche Schuhwerk einem brutalen Makeover unterzogen: neue Farbgebung, eine klare Farbe, statt Patchworkmuster. Noch eine Plateausole dazu, fertig ist der Trendschuh.
    Wenn’s nach den sozialen Medien geht, sind die Japaner die größten Fans der Opa-Latschen. Dabei wollte die Wandersandale doch nie aus dem Busch in die Großstadt. Und Tokyo hat weder wilde Flüsse noch Urwälder! Die gibt es in Deutschland auch nicht. Für heimische Füße gibt Streetwear-Experte André trotzdem keine Entwarnung.
    "Als wir die Schuhe bekommen haben, dachten wir, die meisten werden wir online nach Japan verkaufen. Aber genau das Gegenteil ist passiert, dass nämlich Berliner zu uns kamen und wir haben tatsächlich die meisten hier im Laden verkauft."
    Wir werden uns wohl an den Anblick gewöhnen müssen. Mit gutem Marketing und geschickten Kollaborationen sind die spießigen Treter der Sommertrend für die Füße geworden. Aber von solchen Trends lassen wir uns doch nicht verleiten?! Wir sind ja schließlich keine Modemarionetten! Und hässlich bleibt hässlich... Wobei, jetzt, wo ich sie etwas länger betrachte... mit dem richtigen Styling…