Schuster: Wir sind zufrieden damit, daß die Arbeitslosenquote nunmehr seit Monaten permanent abnimmt. Wir sind im August bei 15,6 Prozent, und von daher haben wir die niedrigste Arbeitslosenquote im Vergleich aller neuen Länder. Trotzdem ist diese natürlich immer noch zu hoch.
Heinlein: Sprechen Sie von einer Trendwende auf dem ostdeutschen Arbeitsmarkt?
Schuster: Ja. Man darf nicht so einfach mit diesem Begriff umgehen. Tatsache ist, daß der zweite Arbeitsmarkt bei uns nach wie vor eine große Rolle spielt. Die Trendwende spielt sich ab im Bereich von Industrie und Gewerbe. Dort können wir seit Monaten, ja fast schon seit einem Jahr permanent Arbeitsplatzzuwächse feststellen. Und dies ist die erfreuliche Tatsache, daß Industrie und Gewerbe sich wieder in der Beschäftigung weiterentwickeln.
Heinlein: Sie sagen, der zweite Arbeitsmarkt spielt nach wie vor eine große Rolle, und dies ist ja genau der Vorwurf, den die Oppositionsparteien und die Gewerkschaften an die Bundesregierung, an Ihre Partei, die CDU, machen. Haben Sie denn Sorge, daß diese aktive Förderung, diese Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen nach der Bundestagswahl wieder zurückgeschraubt werden?
Schuster: Nein, die Sorge habe ich nicht. Man muß auch bedenken, daß innerhalb des zweiten Arbeitsmarktes interessante Wandlungstendenzen im Gange sind. Die typischen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen treten etwas in den Hintergrund. Immer mehr in den Vordergrund treten die Lohnkostenzuschüsse, und dies ist eine erfreuliche Tatsache deshalb, weil sie von Unternehmen angenommen werden, weil sie Arbeitslose in die Unternehmen hineinführen, und genau diesen Prozeß brauchen wir.
Heinlein: Ihr Kabinettskollege Richard Devis von der SPD interpretierte das ein bißchen anders. Er hat gesagt, die 4 500 Arbeitslosen, die in Thüringen Stellen gefunden hätten, wären vor allem auf dem zweiten Arbeitsmarkt untergekommen, und das wäre Augenwischerei für Wahlkampfzwecke.
Schuster: Dies wiederum ist falsch. Es trifft beides zu. Es trifft zu, daß der zweite Arbeitsmarkt greift. Es trifft aber genauso zu, daß auf dem ersten Arbeitsmarkt wieder verstärkt Stellen angeboten werden.
Heinlein: Wie lange wird es denn noch notwendig sein, diesen zweiten Arbeitsmarkt aufrecht zu halten, und wann wird es wieder zu einem Erstarbeitsmarkt, zu einem richtigen Arbeitsmarkt in den neuen Ländern, speziell in Thüringen kommen?
Schuster: Ich gehe davon aus, daß es den zweiten Arbeitsmarkt noch über Jahre geben muß. Ich gehe aber auch davon aus, daß der zweite Arbeitsmarkt sich immer mehr dem ersten Arbeitsmarkt in der Weise annähert, daß die Lohnkostenzuschüsse im Vordergrund stehen werden und die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen an Bedeutung abnehmen werden.
Heinlein: Sie glauben also, Herr Schuster, wenn ich Sie richtig verstehe, daß es erst einmal auf Dauer für die neuen Länder eine ganz andere Arbeitsmarktpolitik geben muß als etwa in den alten Ländern?
Schuster: Nicht auf Dauer, aber noch für eine Reihe von Jahren.
Heinlein: Aber von einer Halbierung der Arbeitslosenzahlen, wie einst Bundeskanzler Kohl versprochen hat, ist mit diesen Mitteln alleine nichts zu erreichen?
Schuster: Man kann nicht von heute auf morgen Halbierungen erreichen, aber man kann Fortschritte erreichen auf diesem Weg.
Heinlein: Kommen wir zu den Lehrstellen, Herr Schuster. Dort ist die Situation nach Ansicht aller ja sehr kritisch. Warum ist denn der Ausbildungsmarkt so schwierig in Gang zu bringen?
Schuster: Weil wir es nach wie vor mit einem Anstieg der Nachfrage nach Ausbildungsstellen zu tun haben auf der einen Seite und weil nun insbesondere im Bereich des Handwerks, insbesondere des Bauhandwerks das Angebot rückläufig ist und die Industrie noch nicht so stark ausbildet, um diesen Rückgang zu verkraften. Das heißt, es sind weiterhin überbetriebliche Maßnahmen notwendig, zum Beispiel in Ausbildungsverbünden, um möglichst alle ausbildungswilligen jungen Menschen unterzubringen.
Heinlein: Das sind die Maßnahmen, die die Politik unternehmen kann, um den Lehrstellenmarkt, den Ausbildungsmarkt zu verbessern?
Schuster: Ja. Ich rede hier von dem Sonderprogramm Bund/Länder, das wir in Thüringen noch durch ein Landesprogramm unterstützen und aufstocken.
Heinlein: Eine weitere Frage, die sich ja viele stellen, Herr Schuster, ist die Sorge unter anderem Ihres sächsischen Kollegen Schirmer, daß durch die Russland-Krise viele Arbeitsplätze gerade in Ostdeutschland gefährdet seien. Teilen Sie diese Sorge auch?
Schuster: Nicht in diesem Umfang. Bei uns beläuft sich der Anteil des Russland-Handels am gesamten Export auf 9,1 Prozent. Diese Zahl macht deutlich, daß das Russland-Geschäft eben relativ untergeordnete Bedeutung hat. Außerdem ist in den Unternehmen festzustellen, daß die Russland-Aufträge eben auch nur eine geringere Rolle spielen. Von daher gehen wir davon aus, daß diese Krise in Russland nicht sehr stark durchschlagen wird auf unser Land. Natürlich ist nicht auszuschließen, daß es einzelne Unternehmen gibt, die Schwierigkeiten bekommen durch die Zahlungsausfälle.
Heinlein: Spüren Sie das denn aktuell jetzt schon in Thüringen, die Auswirkungen der Wirtschaftskrise?
Schuster: Wir haben bisher ein, zwei Fälle, die uns bekannt sind, wo es Schwierigkeiten gibt, aber diesen Unternehmen kann bei uns geholfen werden durch zinsgünstige Überbrückungsdarlehen.
Heinlein: Können Sie ein Beispiel von diesen beiden Firmen nennen?
Schuster: Es ist ein Unternehmen aus dem Bereich des Maschinenbaus, und es ist ein Unternehmen aus dem Bereich des Lebensmittelsektors.
Heinlein: Zur Arbeitsmarktsituation in den neuen Ländern war das der CDU-Wirtschaftsminister von Thüringen, Franz Schuster. Vielen Dank und auf Wiederhören!
Heinlein: Sprechen Sie von einer Trendwende auf dem ostdeutschen Arbeitsmarkt?
Schuster: Ja. Man darf nicht so einfach mit diesem Begriff umgehen. Tatsache ist, daß der zweite Arbeitsmarkt bei uns nach wie vor eine große Rolle spielt. Die Trendwende spielt sich ab im Bereich von Industrie und Gewerbe. Dort können wir seit Monaten, ja fast schon seit einem Jahr permanent Arbeitsplatzzuwächse feststellen. Und dies ist die erfreuliche Tatsache, daß Industrie und Gewerbe sich wieder in der Beschäftigung weiterentwickeln.
Heinlein: Sie sagen, der zweite Arbeitsmarkt spielt nach wie vor eine große Rolle, und dies ist ja genau der Vorwurf, den die Oppositionsparteien und die Gewerkschaften an die Bundesregierung, an Ihre Partei, die CDU, machen. Haben Sie denn Sorge, daß diese aktive Förderung, diese Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen nach der Bundestagswahl wieder zurückgeschraubt werden?
Schuster: Nein, die Sorge habe ich nicht. Man muß auch bedenken, daß innerhalb des zweiten Arbeitsmarktes interessante Wandlungstendenzen im Gange sind. Die typischen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen treten etwas in den Hintergrund. Immer mehr in den Vordergrund treten die Lohnkostenzuschüsse, und dies ist eine erfreuliche Tatsache deshalb, weil sie von Unternehmen angenommen werden, weil sie Arbeitslose in die Unternehmen hineinführen, und genau diesen Prozeß brauchen wir.
Heinlein: Ihr Kabinettskollege Richard Devis von der SPD interpretierte das ein bißchen anders. Er hat gesagt, die 4 500 Arbeitslosen, die in Thüringen Stellen gefunden hätten, wären vor allem auf dem zweiten Arbeitsmarkt untergekommen, und das wäre Augenwischerei für Wahlkampfzwecke.
Schuster: Dies wiederum ist falsch. Es trifft beides zu. Es trifft zu, daß der zweite Arbeitsmarkt greift. Es trifft aber genauso zu, daß auf dem ersten Arbeitsmarkt wieder verstärkt Stellen angeboten werden.
Heinlein: Wie lange wird es denn noch notwendig sein, diesen zweiten Arbeitsmarkt aufrecht zu halten, und wann wird es wieder zu einem Erstarbeitsmarkt, zu einem richtigen Arbeitsmarkt in den neuen Ländern, speziell in Thüringen kommen?
Schuster: Ich gehe davon aus, daß es den zweiten Arbeitsmarkt noch über Jahre geben muß. Ich gehe aber auch davon aus, daß der zweite Arbeitsmarkt sich immer mehr dem ersten Arbeitsmarkt in der Weise annähert, daß die Lohnkostenzuschüsse im Vordergrund stehen werden und die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen an Bedeutung abnehmen werden.
Heinlein: Sie glauben also, Herr Schuster, wenn ich Sie richtig verstehe, daß es erst einmal auf Dauer für die neuen Länder eine ganz andere Arbeitsmarktpolitik geben muß als etwa in den alten Ländern?
Schuster: Nicht auf Dauer, aber noch für eine Reihe von Jahren.
Heinlein: Aber von einer Halbierung der Arbeitslosenzahlen, wie einst Bundeskanzler Kohl versprochen hat, ist mit diesen Mitteln alleine nichts zu erreichen?
Schuster: Man kann nicht von heute auf morgen Halbierungen erreichen, aber man kann Fortschritte erreichen auf diesem Weg.
Heinlein: Kommen wir zu den Lehrstellen, Herr Schuster. Dort ist die Situation nach Ansicht aller ja sehr kritisch. Warum ist denn der Ausbildungsmarkt so schwierig in Gang zu bringen?
Schuster: Weil wir es nach wie vor mit einem Anstieg der Nachfrage nach Ausbildungsstellen zu tun haben auf der einen Seite und weil nun insbesondere im Bereich des Handwerks, insbesondere des Bauhandwerks das Angebot rückläufig ist und die Industrie noch nicht so stark ausbildet, um diesen Rückgang zu verkraften. Das heißt, es sind weiterhin überbetriebliche Maßnahmen notwendig, zum Beispiel in Ausbildungsverbünden, um möglichst alle ausbildungswilligen jungen Menschen unterzubringen.
Heinlein: Das sind die Maßnahmen, die die Politik unternehmen kann, um den Lehrstellenmarkt, den Ausbildungsmarkt zu verbessern?
Schuster: Ja. Ich rede hier von dem Sonderprogramm Bund/Länder, das wir in Thüringen noch durch ein Landesprogramm unterstützen und aufstocken.
Heinlein: Eine weitere Frage, die sich ja viele stellen, Herr Schuster, ist die Sorge unter anderem Ihres sächsischen Kollegen Schirmer, daß durch die Russland-Krise viele Arbeitsplätze gerade in Ostdeutschland gefährdet seien. Teilen Sie diese Sorge auch?
Schuster: Nicht in diesem Umfang. Bei uns beläuft sich der Anteil des Russland-Handels am gesamten Export auf 9,1 Prozent. Diese Zahl macht deutlich, daß das Russland-Geschäft eben relativ untergeordnete Bedeutung hat. Außerdem ist in den Unternehmen festzustellen, daß die Russland-Aufträge eben auch nur eine geringere Rolle spielen. Von daher gehen wir davon aus, daß diese Krise in Russland nicht sehr stark durchschlagen wird auf unser Land. Natürlich ist nicht auszuschließen, daß es einzelne Unternehmen gibt, die Schwierigkeiten bekommen durch die Zahlungsausfälle.
Heinlein: Spüren Sie das denn aktuell jetzt schon in Thüringen, die Auswirkungen der Wirtschaftskrise?
Schuster: Wir haben bisher ein, zwei Fälle, die uns bekannt sind, wo es Schwierigkeiten gibt, aber diesen Unternehmen kann bei uns geholfen werden durch zinsgünstige Überbrückungsdarlehen.
Heinlein: Können Sie ein Beispiel von diesen beiden Firmen nennen?
Schuster: Es ist ein Unternehmen aus dem Bereich des Maschinenbaus, und es ist ein Unternehmen aus dem Bereich des Lebensmittelsektors.
Heinlein: Zur Arbeitsmarktsituation in den neuen Ländern war das der CDU-Wirtschaftsminister von Thüringen, Franz Schuster. Vielen Dank und auf Wiederhören!