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Treulos

Karin Fischer: Der Bund zieht sich aus der Länderkulturstiftung zurück. Diesen Schritt hat Kulturstaatsministerin Christina Weiss am Wochenende angekündigt. Das so genannte Mitwirkungsabkommen wurde fristgerecht gekündigt. Sie zieht damit die Konsequenzen

Karin von Welck, Generalsekretärin der Kulturstiftung der Länder, im Gespräch |
    aus den Querelen mit den Ländern, die dem Bund - wenn man es mal so salopp formulieren will - seit der Erfindung der Bundeskulturstiftung auf der Nase herumtanzen. Die Generalsekretärin der Kulturstiftung, Karin von Welck, hat die Zusammenlegung der Kulturstiftung des Bundes und der Länder immer befürwortet. Sie habe ich vor der Sendung gefragt, was die jetzt doch überraschend gekommene Entscheidung für die Stiftung bedeutet.

    Karin von Welck: Also, zunächst einmal bedauere ich natürlich sehr, dass diese politische Entscheidung gefällt worden ist. Gleichwohl werden wir uns damit natürlich arrangieren. Die Kündigung des Mitwirkungsabkommens war jetzt eigentlich ein konsequenter Schritt von der Bundesseite. Das bedeutet für uns, dass wir zwei Jahre Zeit haben, die Geschäftsbereiche, die wir übertragen bekommen haben vom Bund, sozusagen zu Ende zu bringen. Und ich hoffe, dass in diesen zwei Jahren dann doch noch eine vernünftige Lösung einer guten Kooperation gefunden wird, denn nach wie vor bin ich der Überzeugung, dass gerade im Bereich der Kulturpolitik ein kooperativer Föderalismus sehr viel besser ist für alle Beteiligten als Konfrontation zwischen Bund und Ländern. Und ich hoffe, dass wenn sich die Aufregungen ein bisschen gelegt hat, wird man auch wieder auf einen sachlichen Weg zurück kommen.

    Fischer: Das haben ja auch Sie als Vertreterin der Kulturstiftung der Länder und Christina Weiss so nicht gewollt. Aber mit dem Rückzug des Bundes aus der gemeinsamen Förderung wird ja nicht nur ein 16 Jahre lang bestehender Vertrag aufgelöst, sondern es fehlen der Kulturstiftung der Länder auch genau die Hälfte ihrer Fördermittel, nämlich acht Millionen. Werden Sie damit nicht überhaupt handlungsunfähig?

    Von Welck: Nein, das ist nicht so. Und zwar ist es so: Mit den Bundesmitteln haben wir also so 30 verschiedene Institutionen zu fördern, zum Beispiel die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt, den Deutschen Museumsbund, das Internationale Theaterinstitut, und auch die vier Fonds. Insofern ist das Geld ja ziemlich fest gelegt bis auf eine Summe, um die es wirklich dann schade wäre, wenn eben in den zwei Jahren nicht doch noch eine gute Lösung gefunden werden kann. Das sind die so genannten Fördermittel für die Ausstellung. Aber die sind jetzt auch schon - Ausstellungen müssen langfristig geplant werden - die sind also jetzt auch schon vergeben für die nächsten Jahre, zwei Jahre, sodass entweder dann, denke ich, die Länder sich zusammentun müssen und da auch zusätzliche Mittel bereitstellen für so eine Art von Förderung, oder aber ein in der Tat ganz wichtiger Förderbestand würde dann nicht mehr erfüllt werden können. Also, einmal sind da natürlich die Länder gefragt, wie schon gesagt, auf der anderen Seite sind wir sehr stark geworden in den letzten Jahren in der Akquirierung von Mitteln von privater Seite. Da kann die Kulturstiftung der Länder als sozusagen Gütesiegelinstitution ganz gut fungieren, und wir werben da jährlich so im Moment so zwei bis drei Millionen Euro ein, und ich denke, das kann man noch verstärken.

    Fischer: Das heißt aber doch umgekehrt, dass die Kulturstaatsministerin jetzt diese Entflechtungsdebatte, die ja mal von der Ministerpräsidenten der Länder angestoßen wurde und von den zuständigen Kulturministern aber mehrheitlich mit Kopfschütteln bedacht...

    Von Welck: Genau.

    Fischer: ... jetzt sozusagen selbst in die Hand genommen und für sich entschieden hat?

    Von Welck: Ja, genau.

    Fischer: Dabei sollte es ja darum gehen, die finanziellen Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern bei der Kultur neu zu regeln. Warum gibt es denn immer wieder ein paar Herren in München und anderswo, die so bewusst Porzellan zerschlagen?

    Von Welck: Ja, das ist wirklich schade. Also, manchmal hängt das natürlich auch zusammen, dass man ein bisschen weit entfernt ist von den Dingen, von den Problemen, um die es da vor Ort geht. Also, ich habe diese Debatte von den Chefs der Staatskanzlei die letzten anderthalb bis zwei Jahre sehr intensiv verfolgt und mitbekommen, weil ich ja auch immer dabei war, wenn die sich unterhalten haben über die Entflechtung im Kulturbereich. Und da hatte ich eigentlich, wie alle anderen auch, den Eindruck gewonnen, dass sie doch verstanden hatten, dass der Bereich der Kultur doch anders ist als der für Straßenbau oder so, wo es vielleicht wirklich sinnvoll ist, so eine Entflechtungsdebatte von Geldern zu führen. Solche Verhandlungen sind ja immer so auch ein bisschen emotional. Also, Politik ist nicht immer von Sachüberlegungen geleitet, das haben wir ja alle in der großen Verhandlungsdebatte in den letzten Wochen erlebt im Bundestag, und so ist es leider eben auch auf dem Feld der Kulturpolitik.

    Fischer: Christina Weiss gilt ja demgegenüber als Pragmatikerin und auch als kompromissbereit. Die Entscheidung ist ja wahrscheinlich, trotzdem Sie gesagt haben, es gibt noch ein Türchen, das offen ist, als eine deutliche Drohung angesehen. Was muss denn jetzt von Ihrer Seite aus passieren beziehungsweise was sind sozusagen im kulturellen Bereich die wirklich drängendsten Entscheidungen?

    Von Welck: Also, ich hoffe, dass wir als Kulturstiftung in den nächsten Monaten also erst einmal das hinkriegen, dass wir neue Fördergelder akquirieren. Einmal auf der privaten Seite, dann gibt es den großen Bereich der Stiftung Kulturfonds für die neuen Länder. Der Stiftung Kulturfonds geht es im Moment sehr schlecht, und da sind wir schon dabei, zusammen mit den kulturzuständigen Ministern der neuen Länder auch zu überlegen, ob man das verknüpfen kann mit der Kulturstiftung der Länder, wobei das ganz offen gesagt auch einfacher gewesen wäre bei einer gemeinsamen Stiftung, wenn man da also die Kulturstiftung des Bundes auch noch mit hätte einbinden können. Ich hatte gehofft, bei so einer gemeinsamen Stiftung einige Dinge doch auch fördern zu können, die wir im Moment schon nicht fördern können mit unserem gegenwärtigen Etat. Das sind insbesondere Restaurierungsmaßnahmen von Objekten, also von Gemälden, von Möbeln und so weiter. Das ist ein ganz, ganz großes Nachholfeld, das ist wirklich einfach nicht genug beachtet worden in den letzten Jahren und da müssen wir alle etwas tun, also zum Beispiel auch in dem Bereich der historischen Bibliotheken ist da wirklich dringend Hilfe notwendig, und da muss man jetzt einfach gucken, wie man das Problem löst.