Musikalisch der packendste Teil des Abends ist sicher der Schluss: die Musik zu Wolfgang Rihms "Gehege", eine "nächtliche Szene" nach Texten aus Botho Strauß' "Schlusschor".
Eine Frau will sich vereinigen mit dem Künstler einer Adler-Skulptur. Doch der hat sich's, eingefriedet von einem Richard-Serra-Eisenplatten-Zaun, gemütlich gemacht im Baumhaus seines Vogel-Gerippes. Und als er dann doch reagiert und herabsteigt, wird er von der Frau mit dem Vorschlag-Hammer bearbeitet.
Eine von drei Frauen an den "Grenzlinien der Liebe", die die neue Produktion der Hamburgischen Staatsoper vorstellt.
"Trilogie der Frauen" nennt sich nüchtern der Einakter-Abend. Eröffnet wird er mit Arnold Schönbergs berühmter "Erwartung" aus dem Jahre 1909. Nach einem Text der Marie Pappenheim hat Schönberg die Fieber-Fantasien einer Frau komponiert, die ihren Mann aus Eifersucht erschlagen hat.
In der Hamburger Inszenierung von Matthew Jocelyn sieht man sie, wie sie präpariert wird für die Hinrichtung auf dem elektrischen Stuhl. Zwei Wärterinnen waschen ihr die Arme, rasieren die Beine, legen ihr einen blütenreinen Anstaltskittel um. Ärzte prüfen den Puls – bis sie dann auf dem elektrischen Stuhl festgeschnallt wird.
Eingeschoben zwischen Schönberg und Rihm ist eine Uraufführung, das Auftragswerk "Le Bal". Nach einer Erzählung der erst vor einigen Jahren wieder entdeckten, in Auschwitz ermordeten jüdischen Schriftstellerin Irène Némirovsky hat der in Argentinien geborene, jüdisch-ukrainische Komponist Oscar Strasnoy eine knapp einstündige Farce geschrieben.
Im Mittelpunkt steht hier eine Frau, die mit einem großen Ball ihren Aufstieg in die Pariser Gesellschaft der 20er-Jahre feiern will. Aber die 14-jährige Tochter, die die Einladungen verschicken sollte, hat diese bis auf eine alle in die Seine entsorgt. Sie will sich rächen an der Mutter, die sie vom Ball ausschließen wollte. So wartet man vergeblich auf Gäste.
Die Diener laufen ins Leere mit ihren Tabletts. Die Combo-Musiker machen immer mal wieder Ansätze für einen Charleston, verdrücken sich dann nicht ohne die Hummern und Kanapees und ganze Tabletts mitgehen zu lassen. Auch der Ehemann verdrückt sich. Die Tochter feixt hinter dem Sessel. Und die Hausfrau braucht jetzt sicher eine ganze Packung Aspirin auf ihrem Kanapee.
Mit lockerer Hand ist das von Regisseur Jocelyn, der auch das Libretto einrichtete, in Szene gesetzt als Kontrapunkt zu den klassisch-modernen Schwergewichten im Umfeld. Und das Publikum goutiert durchaus mit Lachern einige szenische Gags.
Über den doppelten Boden der Geschichte, dass die erhofften Ball-Besucher wohl ohnehin nicht der jüdischen Außenseiter-Familie die Ehre gegeben hätten, schliddert die Inszenierung hinweg. Auch musikalisch ist das eher leichtgewichtig mit Schnellsprechgesang über repetierenden Akkorden und zahlreichen Zitaten. Offenbach, an den Strasnoy anknüpfen will, ist denn doch sehr weit weg. Und der Komponist muss am Ende einige Buhs einstecken.
So bleibt von dem Abend vor allem die starke Ausstrahlung von Deborah Polaski, die die Frau in Schönbergs "Erwartung" verkörpert, und die großartige Helen Kwon, die die Frau in Rihms "Gehege" mit souveräner Stimmbeherrschung darstellt. Simone Young am Pult ihrer Hamburger Philharmoniker gelingt zumal in Rihms Partitur ein überzeugender Auftritt.
Mit mehr als drei Stunden Dauer bei zwei umbaubedingten Pausen für das ästhetisch allzu belanglose Bühnenbild von Alain Lagarde zieht sich der Abend sehr in die Länge, und man sieht schon in den Pausen Besucher abwandern. Den zwiespältigen Eindruck, den man von Hamburgs Oper in letzter Zeit bekommt, kann der mehr ambitionierte denn inspirierte Abend nicht zerstreuen - trotz des schönen Akzents am Vorabend des Weltfrauentags.
Eine Frau will sich vereinigen mit dem Künstler einer Adler-Skulptur. Doch der hat sich's, eingefriedet von einem Richard-Serra-Eisenplatten-Zaun, gemütlich gemacht im Baumhaus seines Vogel-Gerippes. Und als er dann doch reagiert und herabsteigt, wird er von der Frau mit dem Vorschlag-Hammer bearbeitet.
Eine von drei Frauen an den "Grenzlinien der Liebe", die die neue Produktion der Hamburgischen Staatsoper vorstellt.
"Trilogie der Frauen" nennt sich nüchtern der Einakter-Abend. Eröffnet wird er mit Arnold Schönbergs berühmter "Erwartung" aus dem Jahre 1909. Nach einem Text der Marie Pappenheim hat Schönberg die Fieber-Fantasien einer Frau komponiert, die ihren Mann aus Eifersucht erschlagen hat.
In der Hamburger Inszenierung von Matthew Jocelyn sieht man sie, wie sie präpariert wird für die Hinrichtung auf dem elektrischen Stuhl. Zwei Wärterinnen waschen ihr die Arme, rasieren die Beine, legen ihr einen blütenreinen Anstaltskittel um. Ärzte prüfen den Puls – bis sie dann auf dem elektrischen Stuhl festgeschnallt wird.
Eingeschoben zwischen Schönberg und Rihm ist eine Uraufführung, das Auftragswerk "Le Bal". Nach einer Erzählung der erst vor einigen Jahren wieder entdeckten, in Auschwitz ermordeten jüdischen Schriftstellerin Irène Némirovsky hat der in Argentinien geborene, jüdisch-ukrainische Komponist Oscar Strasnoy eine knapp einstündige Farce geschrieben.
Im Mittelpunkt steht hier eine Frau, die mit einem großen Ball ihren Aufstieg in die Pariser Gesellschaft der 20er-Jahre feiern will. Aber die 14-jährige Tochter, die die Einladungen verschicken sollte, hat diese bis auf eine alle in die Seine entsorgt. Sie will sich rächen an der Mutter, die sie vom Ball ausschließen wollte. So wartet man vergeblich auf Gäste.
Die Diener laufen ins Leere mit ihren Tabletts. Die Combo-Musiker machen immer mal wieder Ansätze für einen Charleston, verdrücken sich dann nicht ohne die Hummern und Kanapees und ganze Tabletts mitgehen zu lassen. Auch der Ehemann verdrückt sich. Die Tochter feixt hinter dem Sessel. Und die Hausfrau braucht jetzt sicher eine ganze Packung Aspirin auf ihrem Kanapee.
Mit lockerer Hand ist das von Regisseur Jocelyn, der auch das Libretto einrichtete, in Szene gesetzt als Kontrapunkt zu den klassisch-modernen Schwergewichten im Umfeld. Und das Publikum goutiert durchaus mit Lachern einige szenische Gags.
Über den doppelten Boden der Geschichte, dass die erhofften Ball-Besucher wohl ohnehin nicht der jüdischen Außenseiter-Familie die Ehre gegeben hätten, schliddert die Inszenierung hinweg. Auch musikalisch ist das eher leichtgewichtig mit Schnellsprechgesang über repetierenden Akkorden und zahlreichen Zitaten. Offenbach, an den Strasnoy anknüpfen will, ist denn doch sehr weit weg. Und der Komponist muss am Ende einige Buhs einstecken.
So bleibt von dem Abend vor allem die starke Ausstrahlung von Deborah Polaski, die die Frau in Schönbergs "Erwartung" verkörpert, und die großartige Helen Kwon, die die Frau in Rihms "Gehege" mit souveräner Stimmbeherrschung darstellt. Simone Young am Pult ihrer Hamburger Philharmoniker gelingt zumal in Rihms Partitur ein überzeugender Auftritt.
Mit mehr als drei Stunden Dauer bei zwei umbaubedingten Pausen für das ästhetisch allzu belanglose Bühnenbild von Alain Lagarde zieht sich der Abend sehr in die Länge, und man sieht schon in den Pausen Besucher abwandern. Den zwiespältigen Eindruck, den man von Hamburgs Oper in letzter Zeit bekommt, kann der mehr ambitionierte denn inspirierte Abend nicht zerstreuen - trotz des schönen Akzents am Vorabend des Weltfrauentags.