Härtling sagt, dass ihn vor allem der Musiker Hoffmann interessiere. Der Sprachspieler Hoffmann scheint ihm tatsächlich einigermaßen fremd. Das Irrlichternde dieses obdachlosen Geistes, das stete Balancieren am Abgrund sind wohl nicht so sehr Härtlings Sache. Schwer vorstellbar, dass sich dieser große Literat der Gegenwart nächtens mit seinem eigenen fahlen Schatten unterhielte oder eine mystische Beziehung zu einem Kater namens Murr zu pflegen imstande wäre. Allenfalls ließe sich denken, dass ein Kater durch den ständigen Umgang mit Peter Härtling so belesen und musikalisch gebildet würde wie kein Katzentier sonst auf dieser Welt, dass er aber darüber nie und nimmer auf den Gedanken käme, mit tintennassen Pfoten über ein Härtling’sches Manuskript zu tapern, wie dies von dem lebensansichtsvollen, indes ungebildeten Murr belegt ist. So wirkt der, um den es auf dieser Doppel-CD eigentlich geht, nämlich Ernst Theodor Amadeus Hoffmann, eigentümlich domestiziert, heimgeholt in die Welt der etablierten Literatur.
Das Kuriose an E.T.A. Hoffmann ist dabei, dass er als Dichter unzweifelhaft musikalisch schrieb, als Komponist hingegen erschreckend prosaisch. Die Substanz seines romantisch intendierten Klaviertrios ist dünn; die häufigen Versatzstücke aus der Welt von Hummel und Weber sowie die reichliche Verwendung des Sept- und des Septnonklangs machen eben noch keinen revolutionären Tonsetzer aus. Das Trio Jean Paul, das das Beethoven-Trio in überraschende Nähe zu Schubert rückt und damit eine eher spielerisch-geistvolle Interpretation vorlegt, müht sich um das ganz und gar nicht hoffmanneske Trio des Dichterkomponisten mit all jenem Raffinement, für das diese Kammermusikformation inzwischen ja hinlänglich berühmt ist. Aber das Finale, das einen langsamen Satz und einen raschen Kehraus umfasst, ist im Grunde nicht zu retten. Am meisten bei sich selbst ist Hoffmann im Scherzo. Da ruft er immer wieder für Momente die Geister herauf, die er in den beiden anderen Sätzen am liebsten nicht losgeworden wäre, hätten sie sich denn überhaupt eingestellt. * Musikbeispiel: Ernst Theodor Amadeus Hoffmann - 3. Allegro vivace aus: Klaviertrio E-dur