Sie ist das zweitälteste Gotteshaus der Philippinen: Die Barockkirche von Baclayon, einem verschlafenen Nest im Südwesten der Tropeninsel Bohol. Mehr als ein Jahrhundert dauerte ihr Bau. Alles mühsame Handarbeit. Es gab damals weder Zement noch Sandstein. Stattdessen mussten die zwangsverpflichteten philippinischen Tagelöhner Tausende von Korallensteinen zu Steinblöcken meißeln. 1727 war die Kirche fertig.
Traumhaft gelegen ist sie. Bis zum Strand mit seinen immergrünen Mangrovenwäldern sind es keine 20 Meter. Dass die Kirche direkt am Meer steht, ist kein Zufall. Noch bis zum 19. Jahrhundert beobachteten Wächter vom Kirchturm aus das Meer – und schlagen per Glockengeläut Alarm, wenn sie ein Piratenschiff erspähten. Einheimische und spanische Kolonialherren verschanzten sich so schnell es ging hinter den dicken Mauern der Kirche. Gemeinsam. Normalerweise aber, erzählt Tourleiterin Giggy Javier, gingen sie getrennte Wege. Auch und gerade in der Kirche.
"Die Sitze hier oben auf der Balustrade waren für die Elite reserviert - für die spanischen Verwalter. Die Einheimischen mussten unten bleiben, lange Zeit gab es für sie noch nicht einmal Bänke. Die Spanier wollten auch in der Kirche unter sich bleiben. Und bloß keinen Kontakt zu den Einheimischen haben."
1521 landeten die ersten Spanier auf den Philippinen. Nicht viel später gingen spanische Soldaten in Bohol an Land.
"Der König von Spanien hatte dem Expeditionsleiter Legazpi den Auftrag gegeben, die Philippinen zu kolonialisieren",
erzählt der Leiter des Nationalmuseums von Bohol, Charly Mandandinko.
Eigentlich wollte Legazpi ja auf Cebu landen, doch die Einheimischen dort waren sehr kriegerisch. Deshalb ist er in Bohol an Land gegangen. Die Boholanos waren friedlicher. Er hat sich relativ schnell mit dem damaligen Häuptling angefreundet – Sikatuna. Als Zeichen ihrer Freundschaft haben sie das Blut des anderen getrunken. Legazpi ist zwei Monate auf Bohol geblieben.
Eine Bronzestatue direkt am Meer erinnert an das Blutritual. Meist rauschen Autos und Motorroller auf der nahen Landstraße an der Skulptur vorbei.
Einmal im Jahr aber, im Juli, beim "Sandugo Festival", ist hier der Teufel los; wird fünf Tage lang dem historischen Ereignis gedacht, schlüpfen Laiendarsteller in die Rolle von Legazpi und Sikatuna - mit allem Drum und Dran – samt Blutcocktail.
Rita Laures hat das Fest auch schon besucht. War nicht so ihr Ding, meint die Belgierin, die zusammen mit ihrem Partner seit mehr als zehn Jahren entlang des gemächlich dahin treibenden Loboc-Flusses mitten im Tropenwald ein Ökoressort betreibt. Die Hütten hier sind nach ihren Lieblingsfilmen benannt: "9 1/2 Weeks"; "Casablanca"; "Apocalypse now".
Scorsesees apokalyptischer Film wurde keine zehn Kilometer entfernt an den wildromantischen Tontonan Wasserfällen gedreht. Viele Leute erklärten Scorsesee damals für "nuts" – für verrückt. Ausgerechnet hier seinen Anti-Vietnamfilm zu drehen. Keine Infrastruktur, keine Elektrizität, stattdessen Moskitos und sinnflutartige Regengüsse. Kommt Rita Laures bekannt vor.
"Viele Leute hielten uns damals auch für "nuts" – für verrückt; mitten im Nichts ein Hotel aufzumachen. Da waren sich unsere Freunde in Belgien und die Einheimischen einig. Deshalb haben wir unser Hotel auch 'Nuts Huts' genannt – die 'verrückten Hütten'. Die Einheimischen wundern sich immer noch über uns. 'Wie kann man nur ein Hotel führen - ohne eigenes Boot und Auto? Nuts!' Sie sehen meinen Mann, wie er in einem Affentempo mit seinem Mountainbike vom Laden in der Stadt zu uns zurück radelt, weil das Eis, das er gekauft hat, sonst schmelzen würde. 'Nuts!' Sie schütteln den Kopf. Und denken sich: 'Ihr als Hotelbetreiber müsstet doch einen Haufen Geld haben – warum wohnt ihr dann in einfachen Hütten? Nuts halt!'"
Anreise per Boot – wer zu den "Nuts Huts" will, hat kaum eine andere Wahl. Von den Bambushütten tief unten im Tal des Loboc Flusses führt nur eine zickzackförmige Schotterpiste zur Straße. In der Regenzeit ist sie meist unpassierbar, wenn es Tagelang wie aus Kübeln regnet.
Von Mai bis Oktober verirren sich kaum Touristen zu den "Nuts Huts" und den anderen Attraktionen der Tropeninsel – allen voran die surrealen "Chocolate Hills". Die braunen "Schokoladen-Hügel" sehen aus, als hätte sie jemand mit einem Riesen-Eislöffel auf das Hochplateau im Landesinneren gekleckst. Die runden Hügel entstanden in Zehntausenden von Jahren durch die Ablagerung von Kalkstein und Korallen, weiß Hicucelda de la Garri zu berichten. Die Frau mit der wie gemeißelt wirkenden Frisur betreibt auf einem der "Schokoladenhügel" ein quietsch-gelbes Hotel, das aussieht wie ein Bunker und dessen Anblick jedem Architekten den Magen verdrehen dürfte. Bei Hochzeitspaaren ist es aber ausgesprochen beliebt – wegen des "Romantik-Faktors", wie die resolute Hotelbetreiberin betont.
"Die Chocolate Hills umrankt eine berühmte Legende: Die Liebesgeschichte zwischen dem jungen, unsterblichen Giganten Arroyo-Arroyo und dem sterblichen Mädchen Aloya. Als Aloya starb, muss Arroyo-Arroyo bitterlich geweint haben. Aus seinen Tränen wurden Hügel. Die Hügel sind Zeichen seiner Trauer. Heißt es in der Legende. Er muss viel geweint haben: Die Chocolate Hills bestehen ja aus 1268 Hügeln."
Bohol hat etliche solcher Mythen zu bieten. Viele stammen noch aus der Vorkolonial-Zeit, als die Boholanos ihre animistische Religion praktizierten. Alles nachzulesen im Nationalmuseum von Tagbilaran, der Hauptstadt von Bohol. Untergebracht ist das Museum in einem weißen Kolonialbau aus dem Jahre 1856, das einmal dem vierten Präsidenten der Philippinen, Carlos Garcia, gehörte. Wie viele historische Gebäude auf den Philippinen hat es schon einmal bessere Zeiten gesehen. Überall blättert der Putz.
Das Geld ist knapp, bis auf einen Hausmeister kann sich Museumsleiter Charly Mandandinko kein zusätzliches Personal leisten. Manchmal kommen Geschichts- und Archäologiestudenten von der nahen Universität vorbei, um kostenlos auszuhelfen. Aber viel mehr ist nicht. Und so bleibt dem Museumsmann nichts anderes übrig, als das zu tun, was er schon die letzten Jahre getan hat: Sich um alles selbst zu kümmern: Die Anordnung der Exponate, die Führungen für Schulklassen. Die wollen meistens als erstes in die archäologische Abteilung – zu einem der Highlights hier.
"Die frühen Boholanos haben ihre Köpfe mit einem Gestell zusammengepresst. Damit sie kleiner werden. Das war damals das Schönheitsideal. Je deformierter der Schädel, desto schöner. Wir haben hier im Museum etliche Exponate deformierter Schädel. Sie haben auch Helme aus Bambus getragen, um den Kopf kleiner zu machen. Die frühen Boholanos haben das von Klein an gemacht - bis ins hohe Alter."
Gut zehn Kilometer sind es vom Nationalmuseum am Hauptplatz von Tagbilaran bis nach Baclayon. Und doch liegen Lichtjahre dazwischen: Während Tausende Mofas und Motorräder den mit Platanen gesäumten Platz mit ihren Abgasen verpesten und voll lärmen, herrscht in der Barockkirche meist Stille; die nur ab und an unterbrochen wird.
Dass die Kirche ein Ort der Kontemplation ist, wird dem Besucher schon am Eingang klar gemacht – in Form eines Hinweisschildes. Lang und breit wird aufgelistet, wie man sich zu verhalten hat. Nicht zu laut reden; keine Kaugummis. Und als Frau: Bloß keinen Minirock tragen.
"Das ist nicht erlaubt. Die Besucher müssen anständig gekleidet sein, wenn sie unsere Kirche betreten. Die ausländischen Gäste sehen das meistens auch ein – anders als einige unserer philippinischen Besucher. Die meinen dann nur: 'Oh! Aber es ist doch keine Messe'. Aber das geht natürlich nicht. Hier im Mini herum zu laufen",
regt sich Giggy Javier auf. Seit vier Jahren führt die quirlige Frau mit den schwarzen Locken jetzt schon Besuchergruppen durch die Kirche. Ein Traumjob, meint sie. Der Verdienst sei OK. Und bis nach Hause habe sie es nur zehn Minuten. Da wartet nach Feierabend schon ihr Mann auf sie.
"Mein Mann muss sich um seine Mutter kümmern. Sie hat Alzheimer. Er bleibt zu Hause. Wir Frauen auf den Philippinen sind so und so fleißiger als die Männer. Wenn mein Mann arbeiten würde, käme er doch nur auf falsche Gedanken. Und würde nachts um die Häuser ziehen. Der soll mal schön zu Hause bleiben. Wir Frauen sind da anders. Wir konzentrieren uns auf unseren Job – fertig, aus."
Disco-Beats im Tropenparadies – Rita Laures kann sich noch gut an das erste Mal erinnern, als eines der Ausflugsboote auf dem Loboc Fluss an ihren "Nuts Huts" vorbei schipperte – mit an Bord: Karaoke singende Gäste samt DJ. Hat sie erst mal nicht glauben können – bis sie feststellen musste, dass die meisten philippinischen Touristen genau das wollen. Sechs, sieben Mal am Tag tuckern die Boote in der Hochsaison bis zu den Wasserfällen von Tontonan, bevor sie umkehren.
Die Frau von den "Nuts Huts" hat sich inzwischen daran gewöhnt. Notgedrungen. Es hätte ja auch noch schlimmer kommen können.
"Die Landesregierung ist vor kurzem auf die Idee gekommen, bis Mitternacht auf dem Fluss Bootsfahrten zu erlauben. Wir waren von Anfang an dagegen – genau wie die einheimischen Fischer. Stellen Sie sich vor: Bis Mitternacht dieser Lärm! Jetzt dürfen die Boote nur noch bis neun fahren. Die bunten Laternen am Ufer sind aber geblieben. Es wird ja hier spätestens um halb sieben dunkel, die Leute auf den Booten können dann nichts mehr sehen. Deshalb die Lichter. Aber Gott sei Dank scheinen die Bootsfahrten abends nicht so erfolgreich zu sein. Die späten Boote sind oft halb leer."
Die Hälfte des Jahres kümmert sich Rita Laurens zusammen mit ihrem Freund um die "Nuts Huts", die andere Hälfte übernimmt ihr Bruder und seine Frau das Kommando – während sie ihre Eltern in Belgien besucht. Oder in Asien herumreist: Thailand, Kambodscha, China. Sie sei froh, meint die Anfang 50-Jährige, dass sie so unabhängig sei. Und 'nuts' genug gewesen sei, sich auf das Abenteuer Bohol einzulassen.
"Wir sagen immer: Wir machen weiter, so lange es uns noch Spaß bereitet. Aber da sind natürlich die Stufen von den Hütten unten rauf zu unserer Rezeption und dem Restaurant. Steigen sie mal täglich vier oder fünf Mal am Tag 274 Stufen rauf und runter. Also, ich gebe uns noch zehn Jahre."
Traumhaft gelegen ist sie. Bis zum Strand mit seinen immergrünen Mangrovenwäldern sind es keine 20 Meter. Dass die Kirche direkt am Meer steht, ist kein Zufall. Noch bis zum 19. Jahrhundert beobachteten Wächter vom Kirchturm aus das Meer – und schlagen per Glockengeläut Alarm, wenn sie ein Piratenschiff erspähten. Einheimische und spanische Kolonialherren verschanzten sich so schnell es ging hinter den dicken Mauern der Kirche. Gemeinsam. Normalerweise aber, erzählt Tourleiterin Giggy Javier, gingen sie getrennte Wege. Auch und gerade in der Kirche.
"Die Sitze hier oben auf der Balustrade waren für die Elite reserviert - für die spanischen Verwalter. Die Einheimischen mussten unten bleiben, lange Zeit gab es für sie noch nicht einmal Bänke. Die Spanier wollten auch in der Kirche unter sich bleiben. Und bloß keinen Kontakt zu den Einheimischen haben."
1521 landeten die ersten Spanier auf den Philippinen. Nicht viel später gingen spanische Soldaten in Bohol an Land.
"Der König von Spanien hatte dem Expeditionsleiter Legazpi den Auftrag gegeben, die Philippinen zu kolonialisieren",
erzählt der Leiter des Nationalmuseums von Bohol, Charly Mandandinko.
Eigentlich wollte Legazpi ja auf Cebu landen, doch die Einheimischen dort waren sehr kriegerisch. Deshalb ist er in Bohol an Land gegangen. Die Boholanos waren friedlicher. Er hat sich relativ schnell mit dem damaligen Häuptling angefreundet – Sikatuna. Als Zeichen ihrer Freundschaft haben sie das Blut des anderen getrunken. Legazpi ist zwei Monate auf Bohol geblieben.
Eine Bronzestatue direkt am Meer erinnert an das Blutritual. Meist rauschen Autos und Motorroller auf der nahen Landstraße an der Skulptur vorbei.
Einmal im Jahr aber, im Juli, beim "Sandugo Festival", ist hier der Teufel los; wird fünf Tage lang dem historischen Ereignis gedacht, schlüpfen Laiendarsteller in die Rolle von Legazpi und Sikatuna - mit allem Drum und Dran – samt Blutcocktail.
Rita Laures hat das Fest auch schon besucht. War nicht so ihr Ding, meint die Belgierin, die zusammen mit ihrem Partner seit mehr als zehn Jahren entlang des gemächlich dahin treibenden Loboc-Flusses mitten im Tropenwald ein Ökoressort betreibt. Die Hütten hier sind nach ihren Lieblingsfilmen benannt: "9 1/2 Weeks"; "Casablanca"; "Apocalypse now".
Scorsesees apokalyptischer Film wurde keine zehn Kilometer entfernt an den wildromantischen Tontonan Wasserfällen gedreht. Viele Leute erklärten Scorsesee damals für "nuts" – für verrückt. Ausgerechnet hier seinen Anti-Vietnamfilm zu drehen. Keine Infrastruktur, keine Elektrizität, stattdessen Moskitos und sinnflutartige Regengüsse. Kommt Rita Laures bekannt vor.
"Viele Leute hielten uns damals auch für "nuts" – für verrückt; mitten im Nichts ein Hotel aufzumachen. Da waren sich unsere Freunde in Belgien und die Einheimischen einig. Deshalb haben wir unser Hotel auch 'Nuts Huts' genannt – die 'verrückten Hütten'. Die Einheimischen wundern sich immer noch über uns. 'Wie kann man nur ein Hotel führen - ohne eigenes Boot und Auto? Nuts!' Sie sehen meinen Mann, wie er in einem Affentempo mit seinem Mountainbike vom Laden in der Stadt zu uns zurück radelt, weil das Eis, das er gekauft hat, sonst schmelzen würde. 'Nuts!' Sie schütteln den Kopf. Und denken sich: 'Ihr als Hotelbetreiber müsstet doch einen Haufen Geld haben – warum wohnt ihr dann in einfachen Hütten? Nuts halt!'"
Anreise per Boot – wer zu den "Nuts Huts" will, hat kaum eine andere Wahl. Von den Bambushütten tief unten im Tal des Loboc Flusses führt nur eine zickzackförmige Schotterpiste zur Straße. In der Regenzeit ist sie meist unpassierbar, wenn es Tagelang wie aus Kübeln regnet.
Von Mai bis Oktober verirren sich kaum Touristen zu den "Nuts Huts" und den anderen Attraktionen der Tropeninsel – allen voran die surrealen "Chocolate Hills". Die braunen "Schokoladen-Hügel" sehen aus, als hätte sie jemand mit einem Riesen-Eislöffel auf das Hochplateau im Landesinneren gekleckst. Die runden Hügel entstanden in Zehntausenden von Jahren durch die Ablagerung von Kalkstein und Korallen, weiß Hicucelda de la Garri zu berichten. Die Frau mit der wie gemeißelt wirkenden Frisur betreibt auf einem der "Schokoladenhügel" ein quietsch-gelbes Hotel, das aussieht wie ein Bunker und dessen Anblick jedem Architekten den Magen verdrehen dürfte. Bei Hochzeitspaaren ist es aber ausgesprochen beliebt – wegen des "Romantik-Faktors", wie die resolute Hotelbetreiberin betont.
"Die Chocolate Hills umrankt eine berühmte Legende: Die Liebesgeschichte zwischen dem jungen, unsterblichen Giganten Arroyo-Arroyo und dem sterblichen Mädchen Aloya. Als Aloya starb, muss Arroyo-Arroyo bitterlich geweint haben. Aus seinen Tränen wurden Hügel. Die Hügel sind Zeichen seiner Trauer. Heißt es in der Legende. Er muss viel geweint haben: Die Chocolate Hills bestehen ja aus 1268 Hügeln."
Bohol hat etliche solcher Mythen zu bieten. Viele stammen noch aus der Vorkolonial-Zeit, als die Boholanos ihre animistische Religion praktizierten. Alles nachzulesen im Nationalmuseum von Tagbilaran, der Hauptstadt von Bohol. Untergebracht ist das Museum in einem weißen Kolonialbau aus dem Jahre 1856, das einmal dem vierten Präsidenten der Philippinen, Carlos Garcia, gehörte. Wie viele historische Gebäude auf den Philippinen hat es schon einmal bessere Zeiten gesehen. Überall blättert der Putz.
Das Geld ist knapp, bis auf einen Hausmeister kann sich Museumsleiter Charly Mandandinko kein zusätzliches Personal leisten. Manchmal kommen Geschichts- und Archäologiestudenten von der nahen Universität vorbei, um kostenlos auszuhelfen. Aber viel mehr ist nicht. Und so bleibt dem Museumsmann nichts anderes übrig, als das zu tun, was er schon die letzten Jahre getan hat: Sich um alles selbst zu kümmern: Die Anordnung der Exponate, die Führungen für Schulklassen. Die wollen meistens als erstes in die archäologische Abteilung – zu einem der Highlights hier.
"Die frühen Boholanos haben ihre Köpfe mit einem Gestell zusammengepresst. Damit sie kleiner werden. Das war damals das Schönheitsideal. Je deformierter der Schädel, desto schöner. Wir haben hier im Museum etliche Exponate deformierter Schädel. Sie haben auch Helme aus Bambus getragen, um den Kopf kleiner zu machen. Die frühen Boholanos haben das von Klein an gemacht - bis ins hohe Alter."
Gut zehn Kilometer sind es vom Nationalmuseum am Hauptplatz von Tagbilaran bis nach Baclayon. Und doch liegen Lichtjahre dazwischen: Während Tausende Mofas und Motorräder den mit Platanen gesäumten Platz mit ihren Abgasen verpesten und voll lärmen, herrscht in der Barockkirche meist Stille; die nur ab und an unterbrochen wird.
Dass die Kirche ein Ort der Kontemplation ist, wird dem Besucher schon am Eingang klar gemacht – in Form eines Hinweisschildes. Lang und breit wird aufgelistet, wie man sich zu verhalten hat. Nicht zu laut reden; keine Kaugummis. Und als Frau: Bloß keinen Minirock tragen.
"Das ist nicht erlaubt. Die Besucher müssen anständig gekleidet sein, wenn sie unsere Kirche betreten. Die ausländischen Gäste sehen das meistens auch ein – anders als einige unserer philippinischen Besucher. Die meinen dann nur: 'Oh! Aber es ist doch keine Messe'. Aber das geht natürlich nicht. Hier im Mini herum zu laufen",
regt sich Giggy Javier auf. Seit vier Jahren führt die quirlige Frau mit den schwarzen Locken jetzt schon Besuchergruppen durch die Kirche. Ein Traumjob, meint sie. Der Verdienst sei OK. Und bis nach Hause habe sie es nur zehn Minuten. Da wartet nach Feierabend schon ihr Mann auf sie.
"Mein Mann muss sich um seine Mutter kümmern. Sie hat Alzheimer. Er bleibt zu Hause. Wir Frauen auf den Philippinen sind so und so fleißiger als die Männer. Wenn mein Mann arbeiten würde, käme er doch nur auf falsche Gedanken. Und würde nachts um die Häuser ziehen. Der soll mal schön zu Hause bleiben. Wir Frauen sind da anders. Wir konzentrieren uns auf unseren Job – fertig, aus."
Disco-Beats im Tropenparadies – Rita Laures kann sich noch gut an das erste Mal erinnern, als eines der Ausflugsboote auf dem Loboc Fluss an ihren "Nuts Huts" vorbei schipperte – mit an Bord: Karaoke singende Gäste samt DJ. Hat sie erst mal nicht glauben können – bis sie feststellen musste, dass die meisten philippinischen Touristen genau das wollen. Sechs, sieben Mal am Tag tuckern die Boote in der Hochsaison bis zu den Wasserfällen von Tontonan, bevor sie umkehren.
Die Frau von den "Nuts Huts" hat sich inzwischen daran gewöhnt. Notgedrungen. Es hätte ja auch noch schlimmer kommen können.
"Die Landesregierung ist vor kurzem auf die Idee gekommen, bis Mitternacht auf dem Fluss Bootsfahrten zu erlauben. Wir waren von Anfang an dagegen – genau wie die einheimischen Fischer. Stellen Sie sich vor: Bis Mitternacht dieser Lärm! Jetzt dürfen die Boote nur noch bis neun fahren. Die bunten Laternen am Ufer sind aber geblieben. Es wird ja hier spätestens um halb sieben dunkel, die Leute auf den Booten können dann nichts mehr sehen. Deshalb die Lichter. Aber Gott sei Dank scheinen die Bootsfahrten abends nicht so erfolgreich zu sein. Die späten Boote sind oft halb leer."
Die Hälfte des Jahres kümmert sich Rita Laurens zusammen mit ihrem Freund um die "Nuts Huts", die andere Hälfte übernimmt ihr Bruder und seine Frau das Kommando – während sie ihre Eltern in Belgien besucht. Oder in Asien herumreist: Thailand, Kambodscha, China. Sie sei froh, meint die Anfang 50-Jährige, dass sie so unabhängig sei. Und 'nuts' genug gewesen sei, sich auf das Abenteuer Bohol einzulassen.
"Wir sagen immer: Wir machen weiter, so lange es uns noch Spaß bereitet. Aber da sind natürlich die Stufen von den Hütten unten rauf zu unserer Rezeption und dem Restaurant. Steigen sie mal täglich vier oder fünf Mal am Tag 274 Stufen rauf und runter. Also, ich gebe uns noch zehn Jahre."