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Trotz EU-Importverbot boomt das Geschäft mit Robbenfellen

Vor 25 Jahren hat die Europäische Union die Einfuhr der Felle junger Robben verboten. Vorausgegangen waren Berichte über grausame Methoden bei der Tötung der Tierbabys. Die Kanadier ließen sich davon nicht beeindrucken. Sie erließen neue Vorschriften für den Umgang mit den Tieren und fanden neue Absatzmärkte für ihr Produkt. Die Europäische Union diskutiert derweil über eine Erweiterung der Verbotsvorschriften.

Von Ralf Gödde | 27.03.2008
    In diesen Tagen beginnt sie wieder. Die Jagdsaison an den Ostküsten Kanadas. Rund 12.000 Jäger werden mit Gewehren und Knüppeln aufs Packeis ziehen und bis zu 275.000 Robben töten. Und das trotz weltweiter Proteste. An vorderster Front seit Jahren mit dabei: Ex-Beatle Paul Mc Cartney:

    "Wir sind hier draußen, um die kanadische Bevölkerung, Premierminister Harper und seine Regierung aufzufordern, über ein Ende der Robbenjagd nachzudenken."

    Das Hauptargument der Tierschützer ist seit über drei Jahrzehnten dasselbe:

    "Dass die Tiere zum Teil lebend gehäutet werden,"

    sagt der Meeresbiologe und Robbenexperte Thomas Orthmann:

    "Ein hoher Anteil der getöteten Tiere wird mit Knüppeln und so genannten Hakapiks erschlagen. Hakapiks sind Knüppel, die einen spitzen Dorn auf der Seite haben und es ist natürlich schwierig, hier festzustellen, ist ein Tier nach dem ersten Schlag schon tot?"

    Um das sicherzustellen, seien die Jäger nun angewiesen worden, den Robben die Schlagadern unter den Flossen zu durchtrennen. Bevor ihnen das Fell über die Ohren gezogen wird, müssten zudem die Pupillen der Tiere auf Reflexe überprüft werden. Auf diese neuen Regelungen verweist zumindest das kanadische Fischereiministerium:

    "Ob das in der Form wirklich auf dem Packeis in der Situation, wo ein Tier getötet wird, gemacht wird, das ist die große Frage. 12.000 Robbenjäger können in der kurzen Fangsaison nicht überprüft werden, auch nicht durch staatliche Inspektoren."

    Bereits seit 1983 gibt es ein europäisches Importverbot, allerdings nur für Jungrobbenfelle. Vorausgegangen waren damals spektakuläre Aktionen von Greenpeace, die einen beispiellosen Proteststurm auslösten. Angeprangert wurde vor allem das Töten der neugeborenen Jungtiere:

    "Die so genannten White coats. Das sind die Robben, die noch ihr Babyfell haben, was in den ersten zwei Wochen weiß ist und die Tiere müssen dann nach der Säugephase ihr Fell wechseln, bevor sie überhaupt ins Wasser gehen und durch ihr Fell geschützt sind."

    Zwar hat die kanadische Regierung das Töten der Neugeborenen gestoppt, die Jagd ging aber trotzdem weiter. Die Tiere wurden einfach zwei Wochen später tot geknüppelt. Für viele Fischer - so das Argument der Kanadier - sei der Robbenfang nach wie vor die wichtigste Einnahmequelle:

    "Wir sind keine Barbaren, wie einige Leute meinen, wir wollen nur den Lebensunterhalt für uns und unsere Familien verdienen."

    "Das stimmt so nicht. Die Jäger haben schon eine andere Möglichkeit, ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Man muss wissen, dass eigentlich keiner der insgesamt 12.000 lizenzierten Robbenjäger in Kanada dies im Vollerwerb macht. Es ist ein Nebenerwerb und zum Teil auch eigentlich eine Freizeitaktivität."

    Auch ein anderes beliebtes Argument der kanadischen Fischer, dass nämlich die Robben die Kabeljau-Bestände dezimieren, hält Thomas Orthmann für längst widerlegt:

    "Was wir für die Sattelrobben im Nordatlantik wissen, ist, dass zum Beispiel der Kabeljau gerade mal drei Prozent der gesamten Nahrungsmenge einer Sattelrobbe ausmacht."

    Längst hat die Jagd das Niveau vor dem Importverbot wieder erreicht. Dank neuer Absatzmärkte vor allem in Asien, Russland und Osteuropa. So werden Robbenpenisse zum Beispiel im asiatischen Raum als Potenz steigerndes Aphrodisiakum teuer verkauft. Angesichts der nach wie vor grausamen Tötung erwägt die EU-Kommission nun weitere Schritte gegen die Robbenjagd. Um ein Zeichen zu setzten, plant Verbraucherschutzminister Horst Seehofer sogar einen deutschen Alleingang. Er hat bereits ein nationales Import- und Handelsverbot für alle Robbenprodukte auf den Weg gebracht:
    "Ob es sich dann ausweitet auf andere Märkte, Osteuropa ist fraglich, allein die Ächtung der Tötungsweise von Robben und der Ächtung der Robbenjagd kann dazu beitragen, dass eine Regierung, eine Lobby sich da zurücknimmt und zukünftig dann auch so eine Art des Tötens von wilden Tieren überdenkt."