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Trotz Import-Kontrollen:

Eigentlich sollte der Verbraucher auf der sicheren Seite sein, wenn er Pistazien oder Trockenfeigen isst. Denn dafür gibt es ja praktisch eine Vorführpflicht an der EU-Außengrenze, wenn diese Produkte zum Beispiel aus der Türkei oder aus dem Iran importiert werden: Die Kontrollen sollen sicherstellen, dass nur weitgehend Aflatoxin-freie Früchte auf den europäischen Markt kommen.

von: Volker Mrasek |
    Eigentlich sollte der Verbraucher auf der sicheren Seite sein, wenn er Pistazien oder Trockenfeigen isst. Denn dafür gibt es ja praktisch eine Vorführpflicht an der EU-Außengrenze, wenn diese Produkte zum Beispiel aus der Türkei oder aus dem Iran importiert werden: Die Kontrollen sollen sicherstellen, dass nur weitgehend Aflatoxin-freie Früchte auf den europäischen Markt kommen.

    Tatsächlich aber stellt die Lebensmittel-Überwachung des Landes Baden-Württemberg jetzt fest:

    Liebhaber getrockneter Feigen und gerösteter, gesalzener Pistazien essen gelegentlich riskant. Für den Import dieser beliebten Früchte gibt es zwar strenge Vorschriften. Doch wurden in den Erzeugnissen erhöhte Gehalte an hochgiftigem Schimmelpilz-Gift festgestellt.

    So steht es im neuen gemeinsamen Jahresbericht der vier staatlichen Untersuchungsämter Baden-Württembergs.

    Nach den Befunden der Lebensmittel-Prüfer scheint das Kontroll-Netz der EU äußerst löchrig zu sein. Die Behörden untersuchten im Vorjahr knapp 140 Proben Pistazien und Feigen aus dem deutschen Handel auf Aflatoxine. Das Ergebnis: In der Hälfte der Proben waren die krebserregenden Pilzgifte vorhanden. Dabei enthielt jede vierte Charge Pistazien mehr Aflatoxin, als gesetzlich erlaubt ist. Bei den Feigen traf dies auf jede achte Probe zu. Wobei der zulässige Höchstwert für Aflatoxine in einem Fall mehr als 300fach übertroffen wurde.

    Nicht nur Prüfer in Baden-Württemberg machen diese Erfahrung. Auch in der neuen Ausgabe der Fachzeitschrift Lebensmittelchemie beklagen Experten die - Zitat:



    regelmäßig hohe Belastung von Drittlands-Importen mit Aflatoxin.


    Das Problem an der Sache: Ob eine Importfrucht die Krebsgifte enthält, ist für den Verbraucher in aller Regel nicht ersichtlich. Das Chemische Untersuchungsamt Sigmaringen verdeutlicht dies am Beispiel der Trockenfeigen:

    Häufig zeigt die Untersuchung, dass Feigen mit dunkel verfärbtem Fruchtfleisch auch sehr hohe Aflatoxin-Gehalte aufweisen. Erschreckend ist, dass diese hoch belasteten Feigen äußerlich nahezu unauffällig sind.. Trotz intensiver Kontrollen der Hersteller und Importeure kann deshalb nicht ausgeschlossen werden, dass immer wieder Feigen mit hohen Aflatoxin-Gehalten an den Verbraucher gelangen.

    Die Behörde rät deshalb zu besonderer Vorsicht beim Genuss der Früchte:

    Der Verbaucher sollte jede Feige aufschneiden und verdächtige Früchte aussortieren. Ebenso sollte bei geschmacklichen Auffälligkeiten auf den Verzehr verzichtet und die Feige ausgespuckt werden.

    Als kritisch erwiesen sich bei den Analysen in Sigmaringen neben Pistazien und Feigen auch Haselnüsse. In 86 Prozent der Proben fanden sich laut Jahresbericht Aflatoxine. Eine ungewöhnlich hohe Nachweis-Quote, die gewisse Gründe haben könnte, argwöhnen die Sigmaringer Tester:

    Bei gemahlenen Haselnüssen besteht der Verdacht, dass des öfteren minderwertige, teilweise verschimmelte Haselnüsse zerkleinert und als gemahlene Ware in den Verkehr gebracht werden.

    Aflatoxine sind sogenannte Lager-Gifte. Sie entstehen, wenn die Früchte in ihren Ursprungsländern nicht direkt nach der Ernte verarbeitet, sondern erst zwischengelagert werden. Und das unter feucht-warmen Bedingungen. Klar, dass sich dann schnell Schimmelpilze einstellen und ihre Gifte produzieren.

    Wollte man das Übel an der Wurzel packen, müsste man daran etwas ändern. Doch das ist wohl unrealistisch. Die Belastung von Import-Früchten aus dem Nahen Osten mit den krebserregenden Pilzgiften ist hinlänglich bekannt; geändert hat sich aber nicht viel. Noch immer gelangen verseuchte Pistazien und Feigen auf den europäischen Markt. Daher auch der Appell aus Baden-Württemberg:

    Damit belastete Erzeugnisse nicht zum Verbraucher gelangen, sind weiterhin intensive Kontrollen [durch die] Behörden dringend geboten.

    Dass sich die Situation inzwischen gründlich geändert hat, ist nicht anzunehmen. Und so bleibt die Frage, ob die EU-Kommission nicht aktiv werden müsste. Denn so "engmaschig" wie einst versprochen sind die von Brüssel veranlassten Kontrollen für Pistazien und Feigen an den EU-Außengrenzen offenbar nicht ...