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Trumps Twitter-Attacke
Der Aufstand der Chancenlosen

Zwei republikanische Senatoren gehen in die Offensive gegen Donald Trump, nachdem dieser in einem Twitter-Gefecht Beschimpfungen gegen einen von ihnen abgelassen hatte. Nicht länger wollen sie sich zum Komplizen eines rücksichtslosen Präsidenten machen lassen - und schweigen. Die Frage ist nun, wie ihr Verhalten auf andere Mitläufer abfärbt.

Von Thilo Kößler | 25.10.2017
    Offizielle Twitter Seite von Donald J. Trump, @realDonaldTrump, Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika
    Wieder Ort übler Beschimpfungen: der Twitter-Account von US-Präsident Donald Trump. (imago/imagebroker)
    "I have children and grandchildren to answer to. And so, Mr. President, I will not be complicit or silent."
    Jeff Flake, dem republikanischen Senator aus Arizona, versagte fast die Stimme, als er in seiner 15-minütigen Rede vor dem Senat seine Entscheidung begründete, bei den Zwischenwahlen im November nächsten Jahres nicht wieder zu kandidieren. Er habe Kinder und Enkel, denen er Rede und Antwort stehen müsse, sagte Jeff Flake, er werde sich nicht mehr zum Komplizen einer rücksichtslosen Präsidentschaft machen lassen und schweigen. Seine Antwort sei: Herr Präsident – es reicht.
    Bei Jeff Flake rührte sich das politische Gewissen – bei Senator Bob Corker sicherlich auch der Zorn des verletzen und gedemütigten Parteifreundes: Corker sprach Präsident Trump nach einem letzten morgendlichen Twitter-Gefecht die Befähigung zu seinem Amt und die politische Glaubwürdigkeit ab. Donald Trump habe seine Schwierigkeiten mit der Wahrheit – und das nicht nur bei einem Thema.
    Üble Beschimpfungen per Twitter
    Corker war es, der am Dienstagmorgen den Unmut des Präsidenten erregt hatte, als er forderte, Trump möge die Frage der Finanzierung der geplanten Steuerreform lieber dem Kongress überlassen. Trump beschimpfte Corker daraufhin via Twitter, er tauge noch nicht einmal zum Hundefänger in Tennessee, der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses sei ein ahnungsloser Tölpel.
    Was Corker wiederum derart provozierte, dass er den Präsidenten der Lügen bezichtigte und im Übrigen auf seine jüngste Bemerkung zurückkam, unter Donald Trump sei das Weiße Haus zu einer Kindertagesstätte für Erwachsene verkommen. Daraufhin gewann der Konflikt derart an Fahrt, dass sich der republikanische Senator Jeff Flake schließlich zum Verzicht auf seine Wiederwahl veranlasst sah – aus politischen, aber auch aus moralischen Beweggründen.
    In der Politik Donald Trumps sieht Jeff Flake einen gefährlichen Angriff auf die Prinzipien der amerikanischen Demokratie, wie er sagte: Wegen der hemmungslosen persönlichen Attacken. Wegen der vielen falschen Behauptungen. Wegen der Angriffe auf Werte und staatliche Institutionen. Wegen des Verlusts jeglichen Anstands.
    Es gebe Zeiten, in denen man aus Achtung vor Prinzipien seine Karriere riskieren müsse, sagte Flake – für ihn sei die Zeit jetzt gekommen.
    Trumps Steuerreform droht das Scheitern
    Das politische Gewissen dieser beiden republikanischen Senatoren äußert sich zu einem Zeitpunkt, da ihre Wiederwahl schon jetzt äußerst fraglich erscheint. So wie sie bekommen möglicherweise all jene republikanischen Kandidaten massiven Gegenwind aus dem Trump-Lager, die als moderat, illoyal oder als Vertreter des alten Parteiestablishments gelten.
    Es ist just der Trump-Einflüsterer Steven Bannon, der jetzt vom politischen Spielfeldrand aus die Aufstellung rechtsnationalistischer Gegenkandidaten organisiert. Indes riskiert der Präsident damit, unter Umständen weiter an Rückhalt in den Reihen der Republikaner zu verlieren.
    Seiner Steuerreform droht womöglich dasselbe Schicksal wie seinem gescheiterten Bemühen, Obamacare abzuschaffen. Abzuwarten bleibt, ob der offene Widerstand zweier chancenloser Senatoren noch auf Trump-Mitläufer abfärbt, die bislang ihre Karriere über ihre politische Überzeugung stellten.