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Tschechien
Widerstand gegen Atommüll-Endlager

Am Rande des Naturschutzgebietes Böhmerwald nahe der bayerischen Landesgrenze soll in Tschechien ein Atommüll-Endlager entstehen. Dagegen regt sich zunehmend Widerstand in der Bevölkerung. Anwohner setzen dabei auf die tatkräftige Hilfe deutscher Atomkraftgegner.

Von Stefan Heinlein | 16.09.2014
    Die Atomanlage Temelin in Tschechien
    Die Ausbaupläne für das AKW Temelin liegen vorerst auf Eis, doch die Regierung in Prag setzt weiter auf den zügigen Ausbau der Atomenergie. (Martin Sterba / dpa )
    Josef Pac ist in Manovice geboren. Seit 63 Jahren lebt der Rentner in dem winzigen Dorf nur wenige Kilometer von der bayerischen Landesgrenze entfernt. Die sanfte Hügellandschaft des Böhmerwaldes ist seine Heimat, doch der Blick in die Zukunft macht ihm Angst:
    "Unser Dorf wird aussterben. Für meine Kinder und Enkel wird ein Leben hier kaum möglich sein. Wenn der Atommüll in unserer Erde liegt, sterben unsere Wälder und Wiesen."
    Gemeinsam mit den anderen 40 Bewohnern von Manovice kämpft Josef Pac deshalb gegen die Pläne der Regierung, den radioaktiven Abfall des Landes vor ihrer Haustür zu entsorgen. Trotz der versprochenen Arbeitsplätze und möglicher Entschädigungszahlungen will auch Bürgermeister Miroslav Panuska kein Atommüll-Endlager in seiner Gemeinde:
    "Wir werden bis zur letzten Minute dagegen kämpfen. Selbst wenn der Staat uns viele Millionen Kronen gibt. Wir brauchen doch keine goldenen Bürgersteige wenn die Menschen hier nicht mehr leben können."
    Noch allerdings ist die Entscheidung für das Endlager am Rande des Naturschutzgebietes Böhmerwald nicht gefallen. Sechs weitere Standorte sind aktuell im Gespräch. Derzeit läuft das Antragsverfahren für die Genehmigung geologischer Voruntersuchungen, so der zuständige Behördenleiter Jiri Slovak:
    "Unser Ziel ist, diese Zahl bis zum Jahr 2020 auf zwei Alternativen zu verringern. Dort werden dann die Bedingungen intensiv geprüft. Erst im Jahr 2025 fällt die endgültige Entscheidung. Das heißt, es gibt noch genügend Zeit mit den Orten über Vor- und Nachteile zu diskutieren."
    Wachsende strahlende Altlasten
    Doch in den kommenden Jahren werden die strahlenden Altlasten in Tschechien weiter wachsen. Zwar liegen die Ausbaupläne für das AKW Temelin vorerst auf Eis, doch die Regierung in Prag setzt weiter auf den zügigen Ausbau der Atomenergie. Dieser energiepolitische Kurs wird laut Umfragen von einer klaren Mehrheit der Bevölkerung unterstützt, doch in Manovice ist man mittlerweile anderer Meinung:
    "Jeder denkende Mensch muss nach Tschernobyl und Fukushima an der Atomenergie zweifeln. Wenn wir wie Deutschland auch aus der Atomenergie aussteigen, brauchen wir vielleicht kein Endlager in Tschechien."
    Doch diese Hoffnung von Jana Halikova wird kaum in Erfüllung gehen. Die aktuelle Zwischenlagerung der radioaktiven Abfälle an den beiden Atomkraftkraftwerken Temelin und Dukovany ist nach den Vorgaben aus Brüssel dauerhaft keine Lösung. In Manovice setzt Bürgermeister Panuska deshalb auf die tatkräftige Hilfe deutscher Atomkraftgegner:
    "Die Unterstützung aus Deutschland ist uns sehr wichtig. Wir haben doch ein gemeinsames Interesse das Endlager zu verhindern. Wenn Deutschland protestiert, wird das auch unsere Behörden beeindrucken."