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Tue Gutes und rede darüber

Eigentlich ist es nichts Neues, das ehrenamtliche Engagement im sozialen oder bürgerschaftlichen Bereich. Ein Klassiker: die Freiwillige Feuerwehr. Neu ist aber, dass Unternehmen ein solches Engagement gezielt fördern und teilweise sogar eigene Abteilungen dafür einrichten. "Corporate Volunteering" heißt dieser Ansatz neudeutsch.

Von Daniela Siebert |
    Martin Paegel ist Kundenberater bei der Deutschen Bank und seit zweieinhalb Jahren Elternvertreter in der Kita seines Sohnes. Sein Arbeitgeber unterstützt ihn darin: 500 Euro hat Martin Paegel von seiner Bank im Rahmen der "Initiative Plus" bekommen.

    "In meinem konkreten Fall war das halt so, dass ich der Kita ermöglicht hab, ein Gartenhäuschen aufzustellen, wo Gartengeräte, Roller, Fahrräder entsprechend untergestellt werden können, um einfach im Außenbereich mehr Raum zu haben."

    Dieses Programm "Initiative Plus" bietet die Deutsche Bank ihren Mitarbeitern seit fünf Jahren an. Allein 2007 machten 1500 Mitarbeiter davon Gebrauch. Der Schwerpunkt ihrer Aktionen liegt bei Kindergärten und Schulen.

    Auch bei Firmen wie Henkel und Microsoft gibt es ähnliche Programme. Es sind aber keineswegs nur große Unternehmen, die ihre Mitarbeiter neuerdings verstärkt beim freiwilligen sozialen Engagement unterstützen. Der Trend geht quer durch alle Branchen und umfasst alle Betriebsgrößen, sagt Norbert Taubken von der Beratungsfirma Scholz&Friends Reputation:

    "Sie müssen unterscheiden, ob es unter dem Terminus "Corporate Volunteering" etabliert wird. Das sind vor allem die international tätigen Unternehmen, die großen börsennotierten Unternehmen. Die Stärkung von Ehrenamt von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen an sich findet in fast jedem Unternehmen statt und auch in den kleineren. Aber dann auf andere Art und Weisen."

    Auch früher gab es so was schon: Freistellung für das Engagement bei der Freiwilligen Feuerwehr beispielsweise. Trotzdem ist "Corporate Volunteering" irgendwie neu und schick und kommt als Trend aus dem angelsächsischen Raum zu uns. Auch die Wirtschaftswissenschaftlerin Anja Schwerk von der Berliner Humboldt-Universität beschäftigt sich intensiv mit Corporate Volunteering, das in vielen Formen vorkommt.

    "Sehr bekannt ist das sogenannte 'Secondment', da geht man für eine gewisse Zeit bezahlt als Mitarbeiter in Entwicklungsprojekte oder andere Projekte, meistens zusammen mit einem Partner, und arbeitet praktisch eine Woche oder zwei Tage nur in so einem Projekt mit. Dann gibt es 'Matching Funds' oder 'Matching Gifts', da geben die Mitarbeiter für einen guten Zweck Geld und die Arbeitgeber geben einen bestimmten Teil des Geldes dazu. Dann gibt es die Möglichkeit der 'Pro Bono Beratung', dass man seine Kernkompetenz einbringt. Also es gibt viele Formen."

    Die Zeiten, in denen privates soziales Engagement in den Firmen nicht so gern gesehen wurde, weil es ja auch Zeit und Energie der Mitarbeiter frisst, die sind vorbei, sagen Taubken und Schwerk unisono.

    "Da hat sich definitiv etwas verändert. Wenn Sie heute Personalzuständige in Unternehmen befragen, stellen Sie fest, dass das Interesse an Sozialkompetenzen bei Mitarbeitern, an Methodenkompetenzen ausgesprochen groß ist. Wer heute nicht mehr in Teams arbeiten kann, ist im Grunde nicht mehr attraktiv für den Arbeitsmarkt. Und genau diese Anforderungen werden auch an Neuzugänge von den Universitäten gestellt. Und wie kann man das erkennen? Sehr einfach: dass man im Lebenslauf sieht, wo jemand engagiert war. Und diese Kompetenz soll dann auch weiterhin im Unternehmen durch Volunteering gestärkt werden."

    Auch Anja Schwerk würde soziales Engagement in den Lebenslauf reinschreiben.

    "Das muss jeder für sich selber entscheiden. Ich würde es tun, weil es ein großer Teil des eigenen Ichs verrät, für was man sich engagiert, dass man sich engagiert. Weil das sind genau die Leute, die man sucht. Engagierte Menschen, die sich Gedanken machen, auch über den Tellerrand hinausgucken."

    Gleichwohl: Firmen nutzen das "Corporate Volunteering" bislang noch viel zu wenig, um Personal zu gewinnen. Das hat die Wirtschaftswissenschaftlerin gemeinsam mit Scholz and Friends Reputation vor kurzem im Rahmen einer Studie herausgefunden.

    Für die Firmen läuft das ganze freilich auch unter der Rubrik "Tue Gutes und rede darüber". Und es gibt dabei einen Dominoeffekt. Auch Martin Paegel hat inzwischen viele seiner Kollegen zu guten Taten inspiriert: Der eine engagierte sich zum Beispiel für Obdachlose, der andere organisierte Trainingsanzüge für einen Fußballclub. Ganz wichtig: Rückendeckung bekommen Paegel und seine Kollegen dabei auch vom eigenen Chef:

    "Mein direkter Vorgesetzter sieht es eher positiv, weil man den Horizont erweitert und es geht auch Richtung Motivation: Wer nebenbei positive Erlebnisse hat, der bringt die auch mit zur Arbeit, also der ist begeistert, da hab ich nur positive Erfahrungen gemacht."